Bayerische Meeresschildkröte aus dem Jura entdeckt

Das 150 Millionen Jahre alte Fossil der Schildkröte ist nahezu perfekt erhalten. „Solnhofia parsonsi“ unterscheidet sich deutlich von heutigen Meeresschildkröten und gibt Einblicke in den Lebensraum des einst tropischen Niederbayerns.

Von Marina Weishaupt
Veröffentlicht am 8. Aug. 2023, 09:38 MESZ
Illustration der Schildkröte in einem Gewässer.

Solnhofia parsonsi verfügte über deutlich kürzere Flossen als moderne Meeresschildkröten – ein Hinweis dafür, dass sie sich hauptsächlich in Küstennähe aufhielt.

Foto von Peter Nickolaus

„Die Quelle der Welt in Stein“ liegt in Niederbayern – zwischen Regensburg, Kellmünz, Ingolstadt und Solnhofen. Über hundert Kilometer lang und bis zu 40 Kilometer breit erstrecken sich gleich mehrere weltweit bedeutende Fossillagerstätten aus Plattenkalk. Vor Jahrmillionen, als es noch keine Alpen gab, bildeten die zahlreichen Becken ein Insel-Archipel mitsamt Lagunen und Korallenriffen.

Zu den bedeutendsten Funden des einst tropischen Lebensraumes zählt wohl der Flugsaurier Archaeopteryx. Nun kann der Paläo-Zoo Solnhofens um ein besonders gut erhaltenes fossiles Tier ergänzt werden: In einem relativ neu erschlossenen Fundgebiet wurden die erstaunlich gut erhaltenen, 150 Millionen Jahre alten Überreste einer urzeitlichen Meeresschildkröte entdeckt. Der sensationelle Fund wurde in einer Studie der Universität Tübingen im Fachmagazin PLOS ONE vorgestellt.

Urzeitschildkröte namens Solnhofia parsonsi

Das besondere am neu entdeckten Fossil der Solnhofia parsonsi: Es ist außerordentlich detailreich erhalten. Sowohl der Panzer des Tieres als auch die Extremitäten und der Kopf sind in einem sehr guten Zustand. „Es konnte vorher noch nie ein Solnhofia-Individuum beschrieben werden, bei dem die Extremitäten so vollständig erhalten sind“, sagt Felix Augustin von der Arbeitsgruppe für Biogeologie der Universität Tübingen.

Perfekt erhaltenes Schildkrötenfossil von Solnhofia parsonsi, ca. 150 Millionen Jahre alt. 

Foto von Felix Augustin / Universität Tübingen

Insbesondere der Kopf und die Gliedmaßen geben neue Einblicke in das Leben der Tiere in ihrem damaligen Habitat. Im Vergleich zu modernen Meeresschildkröten mit länglichen Flossen weist Solnhofia parsonsi deutlich kürzere Vorder- und Hinterbeine auf. Dieser Fakt legt nahe, dass sie in Küstennähe lebte.

Zudem lässt ihr besonders geformter Schädel einige Rückschlüsse auf ihre Ernährungsweise zu. Der große, fast 9 Zentimeter lange Kopf verfügt über einen spitz zulaufenden Schnabel. Mitautor Márton Rabi schließt daraus, dass Solnhofia diese zum Zerkleinern harter Nahrung benötigte – etwa wirbellose Tiere mit Schalen. „Aber das bedeutet nicht, dass sie sich ausschließlich davon ernährte“, sagt Rabi.

Weltberühmte Fundgrube: Plattenkalk von Solnhofen

Gefunden wurde das Fossil in einem Kalksteinbruch nahe der Marktgemeinde Painten, im Osten der namensgebenden Fossillagerstätte Solnhofener Plattenkalke. Dieser ehemalige Meeresboden ist auch für ihren nahezu perfekten Zustand verantwortlich. „Die sehr gute Erhaltung der Fossilien aus den Plattenkalken ist durch die damaligen Umweltbedingungen zu erklären“, sagt Mitautor Andreas Matzke. Durch das ehemals tropische Meer bildeten sich hier viele Schichten aus abgelagerten Schwebeteilchen – oder verstorbenen Tieren. 

BELIEBT

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    Durch die zahlreichen Inseln war das Wasser eher flach – was in einem höheren Salzgehalt und weniger Sauerstoffaustausch als auf dem offenen Meer resultierte. Verstorbene Tiere oder abgestorbene Pflanzen zersetzen sich nicht durch Verwesung, sondern versteinerten im Laufe der Jahre. Eingeschlossen und konserviert im Plattenkalk kommen sie heutzutage wieder zum Vorschein. In den letzten Jahren erweist sich die Fundstelle Painten, aus der auch Solnhhofia stammt, als sehr ergiebig.

    Besuchen und bestaunen kann man Solnhofia parsonsi und viele andere faszinierende Funde im Dinosauriermuseum Altmühltal in Denkendorf. 

     

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