Gigant des Juras: Forschende entdecken Bayerns größten Flugsaurier
Über zwei Meter Flügelspannweite und ein riesiger knöcherner Schädelkamm: Der auf den Spitznamen Elvis getaufte Pterosaurier aus Süddeutschland war vor 145 Millionen Jahren ein Gigant der Lüfte.
Fossil von Petrodactyle wellnhoferi – einer neu entdeckten Pterosaurierart. Er ist eines der größten Exemplare aus dem Jura mit einer Flügelspannweite von über zwei Metern.
Vor etwa 145 Millionen Jahren, im sogenannten Oberjura, befand sich im heutigen Süddeutschland ein tropisch warmes Flachmeer mit einer darunterliegenden Karbonatplattform – ähnlich den heutigen Bahama Banks. Zahlreiche Riffzüge und Lagunen gliederten das Meer, das zur damaligen Zeit einen idealen Lebensraum für diverse Dinosaurierarten bot.
Heute befinden sich in dem Gebiet unter anderem die Solnhofener Plattenkalke in Bayern. Sie sind bekannt für ihre zahlreichen Fossilienfunde, darunter viele Pterosaurier. Durch die flachen Wasser der Lagunen, die sich einst über die Solnhofener Plattenkalken erstreckten, muss vor 145 Millionen Jahren auch Petrodactyle wellnhoferi gewatet sein.
Die neu entdeckte Flugsauierart ist für den süddeutschen Raum ein ungewöhnlicher Fund, denn Forschungsteams haben dort bisher nur kleine Pterosaurierfossilien ausgegraben. Petrodactyle wellnhoferi aber ist ein echter Rekordhalter: Er ist einer der größten bislang gefundenen Flugsaurier des Jura weltweit.
Gigant der Lüfte: Flugsaurier mit großen Schädelkamm
Das Fossil wurde bereits im Jahr 2010 bei Ausgrabungen im Schaudberg-Steinbruch bei Mühlheim in Bayern entdeckt. Nun hat ein Forschungsteam der Queen Mary University of London den neuen Pterosaurier, der aufgrund seines markanten Schädelkamms auf den Spitznamen „Elvis“ getauft wurde, beschrieben. Die Studie der Forschenden ist in der Zeitschrift Palaeontologia Electronica erschienen.
Das nahezu vollständige Fossil von Elvis alias Petrodactyle wellnhoferi ist sehr gut erhalten. Der Flugsaurier gehört zu einer neuen Art innerhalb der Ctenochasmatoidea, einer Gruppe von kleinen bis mittelgroßen Kurzschwanzflugsauriern mit charakteristisch langgestreckten Schnauzen.
„Mit einer geschätzten Flügelspannweite von über zwei Metern gehört er zu den größten bekannten Pterodactyloiden aus dem Jura“, heißt es in der Studie. Dabei war Elvis den Forschenden zufolge noch nicht einmal ausgewachsen. „Seine Größe ist bemerkenswert und deutlich größer als die meisten Arten, die aus den Solnhofer Plattenkalken bekannt sind – inklusive der vollständig ausgewachsenen Exemplare.“
Der Schädel des Flugsauriers aus Süddeutschland. Auf der Oberseite seiner Schnauze befindet sich der große Schädelkamm. Auf der UV-Licht-Aufnahme sind seine spitzen, kleinen Zähne orange gefärbt.
Pterodactyle wellnhoferi trug auf der Oberseite seiner Schnauze außerdem einen der größten knöchernen Schädelkämme aller jurassischen Pterosaurier. Mehr als drei Zentimeter hoch und über zehn Zentimeter lang war sein Kamm, der wahrscheinlich bei der Paarung eine Rolle gespielt hat. Auffällig an dem Flugsaurier ist laut den Forschenden auch seine ungewöhnliche Kombination von kurzen und spitzen Zähnen. Dank ihnen hatte er trotz seines länglichen Schädels vermutlich einen starken Biss.
Auf den Spuren der Pterosaurier
Auf dem Speiseplan von Pterodactyle wellnhoferi standen vermutlich kleine Krebse, Fische, Garnelen und frisch geschlüpfte Landwirbeltiere. Diese fing er bei seinen Streifzügen durch die ehemaligen Lagunen Süddeutschlands vor 145 Millionen Jahren mithilfe seines Gebisses, das wie eine Reuse funktionierte.
Für die Forschenden aus London leistet der ungewöhnliche Fund aus Bayern einen wichtigen Beitrag zur Geschichte und zum Verständnis der Flugsaurier: „Trotz der mehr als zwei Jahrhunderte währenden Entdeckungsgeschichte, werden in den Lagerstätten [des Solnhofer Plattenkalkes] immer wieder neue Pterosaurier entdeckt, die unser Wissen über ihre Vielfalt und Ökologie erweitern.“