Von wegen schwerfällig: Nilpferde zeigen überraschende Flugfähigkeiten
Flusspferde sind berüchtigt für ihre Geschwindigkeit an Land. Eine Studie zeigt nun: Die Schwergewichte traben dabei derart schnell, dass sie wortwörtlich abheben.
Trotz Schwimmhäuten zwischen ihren Zehen bewegen sich Flusspferde am liebsten lediglich durch Auftrieb oder durch das Abstoßen vom Grund durch flachere Gewässer. An Land bewegen sich die Dickhäuter hingegen umso rasanter. Raubtieren und Menschen wird dies regelmäßig zum Verhängnis.
Den größten Teil ihres Lebens machen Flusspferde (Hippopotamus amphibius) vor allem dem ersten Teil ihres Namens alle Ehre: Etwa 16 Stunden verbringen sie täglich schlafend oder ruhend im kühlen Nass. Weniger gemächlich bewegen sich die nachtaktiven Tiere hingegen an Land. Dort erreichen sie trotz ihrer teils über zwei Tonnen schweren Körper eine Spitzengeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde. Ansonsten ist jedoch nur recht wenig über die Fortbewegungsweisen der Dickhäuter bekannt.
Ein Forschungsteam des Royal Veterinary Colleges (RVC) will das ändern. Im Rahmen einer Studie haben sie sich mit dem Bewegungsapparat der großen Säugetiere beschäftigt und herausgefunden: Kommen selbst die schwersten Hippos einmal in Fahrt, sind sie trotz ihrer stämmigen Körpermasse wahre Fliegengewichte — und heben im Trab wortwörtlich ab.
Langsam oder schnell: Hippos bewegen sich ausschließlich im Trab
Rennen Nilpferde eher wie Elefanten oder gleicht die Schrittfolge der schweren Tiere gar der von Pferden? Um eine Antwort auf diese Frage zu erlangen, wertete das Team um John Hutchinson und Emily Pringle des RVC anhand von Videomaterial die Bewegungszyklen von 32 Flusspferden aus. Zum Teil zeigten die Aufnahmen Tiere aus einem Zoo in Yorkshire, zum Teil aber auch wildlebende Tiere. „Unsere Studie war so einfach wie Biomechanikforschung nur sein kann“, sagt Hutchinson. Jeder und jede könne Internetvideos hernehmen und bei genauer Betrachtung dieser Aufnahmen etwas über die Verhaltensweisen von Tieren lernen.
Gleich mehrere Erkenntnisse ihrer „simplen“ Studie überraschten die Forschenden jedoch. Zum einen stellten sie fest, dass die Tiere beinahe ausschließlich über eine Gangart verfügten: Egal ob langsam oder schnell, Flusspferde präferieren den Trab. Andere Landsäugetiere mit ähnlicher Körpermasse wie etwa Nashörner würden — ähnlich wie Pferde — je nach Geschwindigkeit zwischen dem vierbeinigen Gang, Trab und Galopp wechseln.
Ein (beinahe) fliegendes Nilpferd: Die Erkenntnisse der aufwendigen Auswertung vieler Videoaufnahmen von insgesamt 32 Flusspferden überraschten die Forschenden. Besonders schnelle Tiere heben im bis zu 30km/h schnellen Trab mit allen Gliedmaßen gleichzeitig ab.
Fliegende Flusspferde: Schwerfällig und leichtfüßig zugleich
Des Weiteren konnten sie mit ihrer Studie erstmals nachweisen, dass sich besonders schnelle Flusspferde tatsächlich für längere Zeit mit allen vier Gliedmaßen gleichzeitig vom Boden lösen. Die schweren Tiere befinden sich dann für ganze 0,3 Sekunden im ,Flug‘ — was immerhin 15 Prozent eines Schrittzyklus ausmacht. Bekannt ist das bisher nur von kleineren Säugetieren wie Großkatzen oder Pferden. „Wir waren angenehm überrascht zu sehen, wie sich die Flusspferde in der Luft befinden, wenn sie sich schnell bewegen – das ist wirklich beeindruckend!“, sagt Hutchinson.
Flusspferde sprengen damit die Grenzen des bisherigen Verständnisses darüber, zu welchen Höchstleistungen Säugetiere dieser Größenordnung in der Lage sind. Andere Schwergewichte wie beispielsweise Elefanten können im Gegensatz zu Flusspferden und Nashörnern lediglich schnell gehen und müssen in der Bewegung jederzeit mit mindestens einem Bein auf dem Boden verbleiben.