Smarte Solarstraßen, die leuchten, heizen und kommunizieren

Scott und Julie Brusaw arbeiten daran, Asphalt durch ihre Solarzellen zu ersetzen und sie womöglich mit selbstfahrenden Autos zu verbinden.

Von Christina Nunez
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:38 MEZ

Unsere Straßen könnten Strom erzeugen, Schnee schmelzen, den Verkehr lenken und sogar unsere Autos fahren, wenn einige der Visionen von Scott und Julie Brusaw Realität werden.

Das Paar hinter dem Unternehmen Solar Roadways aus Sandpoint in Idaho, USA, gewann vor drei Jahren viele Fans mit einem Video und einer Online-Spendenkampagne, die ihnen über 2 Millionen Dollar eingebracht hat.

Zusätzlich erhielten sie Finanzierung vom U.S.-Ministerium für Transportwesen und konnten so ihre Smart-Straßenpaneele verfeinern. Diese enthalten Solarzellen, LED-Lichter, ein Heizelement und Elemente zur Drahtloskommunikation. Anfang des Jahres vollendeten sie eine öffentliche Installation von 30 Paneelen in Sandpoint, die sogar ein Bild der Erde darstellen kann. In den kommenden Monaten werden sie kleinere Anlagen in Colorado und Maryland installieren. Allerdings sehen sie viel größeres Potenzial für die Paneele als einfach nur die Nutzung auf asphaltierten Flächen zur Energiegewinnung.

Mit uns sprachen sie über ihre Fortschritte in den letzten Jahren und darüber, was die Zukunft bringen könnte.

Erzählen Sie uns von dem Video, das Ihnen so viel Aufmerksamkeit eingebracht hat – momentan wurde es auf YouTube mehr als 22 Millionen Mal angesehen.

Scott: Wir schlossen gerade unseren zweiten Vertrag mit der Highway-Verwaltung des Bundes ab und hatten einen Parkplatz aus 108 unserer Paneele [in Sagle, Idaho] gebaut. Wir haben einem Fan Bildmaterial gegeben, der daraus ein Video machen wollte. Das war wirklich eine Erfahrung, die einen demütig werden lässt, und es war ein Augenöffner.

Julie: Wir wussten, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis das durchstarten würde. Es war eine schwierige Reise, da wir nicht die nötigen finanziellen Mittel hatten. Wir haben jetzt unseren dritten Vertrag mit dem U.S.-Ministerium für Transportwesen, das einfach fantastisch war und unsere Forschungen finanziert hat. Aber es hilft uns nicht bei der Herstellung. Die Spenden aus der IndieGogo-Kampagne reichten, um das Equipment für Prototypen zu bekommen und loszulegen. Aber jetzt haben wir die technischen Herausforderungen gemeistert und sind bereit für die Produktion im großen Stil. Dafür braucht man etwa 15 Millionen Dollar.

An welchen Konzepten arbeiten Sie gerade?

Scott: Wir sind im Gespräch mit einer Gruppe, die sich mit dynamischer Ladung elektrischer Fahrzeuge beschäftigt. Dynamisches Laden heißt, wenn man ein E-Fahrzeug fährt und jemand Ladeplatten auf der Straße verlegt, wird die Fahrzeugbatterie aufgeladen, wenn man über die Platten fährt. Es gibt schon Universitäten und Unternehmen, die das machen. Aber aktuell müssen sie noch ein Loch in den Asphalt schlagen, ihre Transmitterplatten installieren und irgendwie für Strom sorgen. Das ist nicht sehr praktisch.

Google hat uns in sein Hauptquartier nach Mountain View eingeladen und uns in seinem fahrerlosen Auto fahren lassen. Sie steuern diese autonomen Fahrzeuge über GPS-Satelliten, die ziemlich genau sind, aber eben nicht absolut treffsicher. Wenn man dagegen eines unserer Paneele installiert, hat es einen festen Standort. Es weiß ganz genau, wo man sich gerade befindet. Theoretisch könnte die Straße das Fahrzeug lenken. Man könnte sagen „Bring mich zum Walmart“ und ein Nickerchen machen. Das Auto würde sogar einen Parkplatz finden und einen aufwecken, wenn es so weit ist.

Julie: Aber wir brauchen ein gewaltiges Ausmaß an Infrastruktur, um beide Technologien zu ermöglichen. Also beeilen wir uns gerade, das zu erreichen.

Welchen Fokus verfolgen Sie gerade hinsichtlich gewerblicher Projekte? Wo würden Sie diese Technologie gern installiert sehen?

Julie: Eines meiner persönlichen Wunschprojekte wären Spielplätze. Abgesehen davon, dass man die Schule damit vom Stromnetz nehmen und nachhaltig gestalten könnte, könnten wir Lernsoftware erstellen [mit der Kinder zum Beispiel zu verschiedenen Orten auf einer Karte laufen könnten]. So können sich die Kinder austoben und lernen, während sie ihren Spielplatz frei von Eis und Schnee halten.

Künstlerische Darstellung von Straße mit Paneelen von Solar Roadways
Diese künstlerische Darstellung zeigt, wie eine Straße aussehen könnte, die mit Paneelen von Solar Roadways gepflastert wurde.
Courtesy Solar Roadways

Scott: Wir wollen zuerst die nicht kritischen Anwendungsbereiche gestalten – Auffahrten, Parkplätze, Spielplätze. Wenn da irgendwas nicht funktioniert, steht nicht gleich der ganze Verkehr still. Die ersten Straßen werden Anliegerstraßen, wo nur langsam und mit leichten Fahrzeugen gefahren wird. Wir arbeiten uns dann bis zur Überholspur auf dem Highway hoch. Wir können die Paneele auf jeder harten Oberfläche unter der Sonne verlegen. In letzter Zeit haben wir viele Interessenbekundungen von Flughäfen erhalten.

Einige Menschen stehen ihrem Projekt auch pessimistisch gegenüber. Was sagen Sie den Skeptikern?

Scott: Am Anfang, als das Ganze noch eine bloße Idee war, dachte die Hälfte der Leute, wir wären verrückt, und die andere Hälfte hielt uns für genial. Die ersten Beschwerden waren, dass man auf Glas nicht fahren kann, weil alle von der Straße rutschen würden, sobald es das erste Mal regnet. Das würde auch stimmen, wenn es keine Bodenhaftung gäbe. Aber wir haben Bodenhaftung auf das Glas gebracht.

Dann sagten sie, dass es niemals dem Gewicht eines LKWs standhalten würde. Wir haben einen Belastungstest durchgeführt und es konnte einem Gewicht von 113 Tonnen standhalten. Das entspricht dem Dreifachen des gesetzlich zugelassenen Höchstgewichts auf Highways. Also ließen sie auch das Argument fallen. Wann immer ihnen ein neuer Grund einfiel, warum es nicht funktionieren würde, konnten wir beweisen, dass es das doch tat.

Alles, was ihnen jetzt noch bleibt, ist der Preis. Daran arbeiten wir gerade – das ist das letzte Hindernis, das wir überwinden müssen. Das werden wir mit der Massenproduktion schaffen.

Welchen Rat würden Sie anderen Menschen geben, die ihre eigenen großen Ideen verfolgen?

Scott: Einfach nicht aufgeben. Skeptiker sind nichts Neues. Ich habe gerade ein Buch über die Gebrüder Wright gelesen. Sie sind 1903 mit ihrem Flugzeug geflogen. Die Lokalzeitungen haben sich über die lustig gemacht und gesagt, dass diese irren Typen sich umbringen werden. Selbst Wilbur war so verärgert, als sie mit ihrem Gleitflugzeug 1902 abstürzten, dass er seinem Bruder sagte, dass kein Mensch in den nächsten Tausend Jahren fliegen wird. Schon im nächsten Jahr flogen sie.

Jeder sagt einem, dass man irgendwas nicht tun kann. Wenn man anfängt, darauf zu hören, wird man stehen bleiben. Man muss aber an das glauben, was man macht.

Das Interview wurde zugunsten von Länge und Deutlichkeit redigiert.

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