Marswetter: Schnee im Sommer

Laut neuen Atmosphärensimulationen toben unerwartete Schneegestöber auf dem Roten Planeten.

Von Nadia Drake
Veröffentlicht am 30. Okt. 2017, 09:58 MEZ
Mars
Der Mars, zusammengesetzt aus mehreren Bildern des Viking Orbiters.
Foto von NASA

Im marsianischen Norden bringt der Sommer des Nachts leichten Schneefall.

Diese überraschende Erkenntnis verdanken wir einer neuen Simulation der Schichten der Marsatmosphäre, die sich stärker als vermutet vermischen und stürmisches Wetter erzeugen.

Obwohl es sich nur um eine Simulation handelt, passt der Schneefall bestens zu einer Beobachtung eines Roboters, der 2008 auf dem Mars abgesetzt wurde.

Sofern die Simulation korrekt ist, können die sommerlichen Schneefälle auf dem Mars mehrere Stunden dauern. Die Wissenschaftler beschrieben ihre Erkenntnisse in einer Studie, die in „Nature Geoscience“ veröffentlicht wurde. Kleine Flocken aus Eis fallen aus den Wolken, die sich hoch in der Atmosphäre des Planeten befinden, und erreichen den Boden mitunter gar nicht. Gelegentlich hinterlassen sie aber eine dünne, frostige Schicht auf dem Boden.

„Das reicht nicht, um einen Schneemann zu bauen“, sagt der Co-Autor der Studie Aymeric Spiga, ein Planetenwissenschaftler am Nationales Zentrum für wissenschaftliche Forschung in Frankreich. Dennoch spielt der Schnee vermutlich eine wichtige Rolle im Wasserkreislauf des Planeten.

„Der Schneefall, die Downbursts, das ist alles sehr neu und sehr elegant“, sagt John Wilson vom Ames Research Center der NASA. „Das ist vermutlich das, was auch in der echten Marsatmosphäre passiert, und das muss einen Einfluss darauf haben, wie das Wasser verteilt wird.“

TROCKENEISSTÜRME

Die Hinweise auf Marsschnee haben sich schon seit einer Weile gehäuft. Zunächst war ja schon länger bekannt, dass es auf dem Roten Planeten Wolken und unterirdisches Eis gibt.

Der Phoenix Mars Lander der NASA landete 2008 in der Nähe des marsianischen Nordpols und entdeckte zarte Strukturen hoch über sich, die wie die Wolkenformen Virga auf der Erde anmuteten. Auf unserem Planeten formen sich diese Wolkenschlieren, wenn Niederschlag den Boden nicht erreicht. Daher vermuteten die Wissenschaftler, dass Phoenix einen Schneesturm in großer Höhe beobachtet hat.

2012 verkündeten Wissenschaftler dann, dass der Mars Reconnaissance Orbiter der NASA über dem Südpol etwas beobachtet hat, das wie eine Wolke aus Kohlendioxid-Schneeflocken aussah.

Es war bisher das einzige Mal, dass solcher Schnee aus Trockeneis irgendwo im Sonnensystem beobachtet wurde. Im Gegensatz zu den zarten Virga im Norden erreicht dieser Niederschlag nicht nur den Boden, sondern trägt auch beträchtlich zu den saisonalen Kohlendioxid-Eiskappen des Planeten bei, sagt Paul Hayne vom Jet Propulsion Laboratory der NASA.

 „Die CO2-Stürme sind viel stärker“, erklärt er. Was deren Beitrag zu den Eiskappen angeht, „schätzen wir [ihn auf] bis zu 20 Prozent der saisonalen Akkumulation, was insgesamt mehrere Meter sind“.

Um herauszufinden, welchen Beitrag die Eiswolken aus Wasser zur marsianischen Meteorologie leisten, erstellten Spiga und seine Kollegen ein hochauflösendes Computermodell und beobachteten, was in ihrem Ausschnitt der Marsatmosphäre passierte.

 

Nachts strahlen die Eiswolken aus Wasser Infrarotlicht ab, welches die umliegende Atmosphäre abkühlt. Das sorgt dafür, dass Blasen aus sehr kalter Luft auf wärmeren Luftschichten liegen. Diese Blasen sinken dann ab und erzeugen starke Luftströme und stürmische Winde, mit denen man in den Wolkenschichten des Mars nicht gerechnet hatte.

Die Eispartikel in den Wolken werden von den Luftströmen umhergewirbelt und in Form von plötzlichen Niederschlägen schließlich gen Oberfläche geschoben.

Hayne sagt, dass der selbstverursachte Schneefall der Wolken zu den zentralen Erkenntnissen gehört, die durch das Computermodell gewonnen wurden.

„Indem sie Energie abstrahlen, sorgen die Wolken dafür, dass sich die umliegende Luft schneller abkühlt. Das wiederum führt zu mehr Wolkenbildung und schließlich zu Schneefall“, erklärt er.  Allerdings ist er nicht sicher, ob derselbe Mechanismus auch die dramatischen Trockeneisstürme erklären kann, die er beobachtet hat.

Trotzdem ist es laut Wilson ein schönes Ergebnis, das zu den Beobachtungen von Phoenix passt. Der ehemalige Meteorologe der NOAA arbeitet nun bei der NASA an Marsklimasimulationen. Dies seien die Art von Beobachtungen, so Wilson, die wichtige Bestandteile der komplexen globalen Modelle werden könnten, mit denen man den Mars besser verstehen will.

Schlussendlich würden Wissenschaftler diese Modelle gern nutzen, um die Zeit zurückzudrehen und in die wässrige Vergangenheit des Planeten zu blicken. Das ist aber noch nicht möglich, solange die Modelle noch nicht akkurat das aktuelle Klima widerspiegeln.

„Vor zehn Jahren dachte man noch, dass die Eiswolken aus Wasser kaum Einfluss auf das Marsklima haben“, sagt Wilson. „Heute begreifen wir, dass sie großen Einfluss haben ... So werden die Dinge ausführlicher und komplexer und interessanter, als wir vermutet haben.“

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