Neue Bilder zeigen riesige Zyklongruppen auf dem Jupiter

Die Raumsonde Juno offenbart, was sich unter der turbulenten Oberfläche des größten Planeten in unserem Sonnensystem verbergen könnte.

Von Nadia Drake
bilder von NASA, SwRI, Jpl, Asi, Inaf, Iaps
Veröffentlicht am 8. März 2018, 16:40 MEZ
Zyklone am Südpol des Jupiters
Auf diesem zusammengesetzten Bild aus Infrarotaufnahmen der Raumsonde Juno sieht man die Zyklone am Südpol des Jupiters.
Courtesy of NASA, SwRI, JPL, Asi, Inaf, Iaps

Der Großteil des Planeten Jupiter erstrahlt in Rot- und Weißtönen, die in kunstvollen Streifen und Wirbeln seine Oberfläche zieren. Wie sich herausstellt, sind seine Pole jedoch dunkelblau und mit Zyklonen übersät, auf die Wissenschaftler nun einen genaueren Blick werfen konnten.

Aufnahmen der Raumsonde Juno zeigen stürmische Schnörkel, die in geometrischen Konfigurationen angeordnet sind, bei denen mehrere Stürme eine zentrale Spirale umgeben. Im Norden sind die Stürme in einem Oktagon angeordnet. Im Süden formen sie ein Pentagon.

Juno umkreist den Planeten seit Juli 2016 und machte verschiedene Aufnahmen vom Jupiter, sowohl im Bereich des sichtbaren Lichts als auch im Infrarotbereich. Dadurch konnten Wissenschaftler die Größe und Temperatur der stürmischen Spiralen ermitteln. Die meisten von ihnen sind mindestens so breit wie die Vereinigten Staaten.

„Ihre Zentren befinden sich an den Eckpunkten unsichtbarer Polygone“, sagt Alberto Adriani vom italienischen Istituto di Astrofisica e Planetologia Spaziali, dessen Beschreibung der Stürme in „Nature“ erschien.

Die Zyklone innerhalb einer Sturmgruppierung neigen dazu, ihre Position zu verändern, aber sie verschwinden nicht (zumindest nicht seit dem Beginn von Junos Observation). Die polygonalen Gruppierungen sind eine bisher einzigartige Beobachtung in unserem Sonnensystem. Der benachbarte Gasplanet Saturn hat ein riesiges Hexagon an seinem Nordpol, aber diese Form wird von einem einzelnen Sturm gebildet. Die Wissenschaftler versuchen nun herauszufinden, wie die Polygone auf dem Jupiter entstanden und weshalb sie nicht zerfallen.

„Ich glaube, wir haben so etwas wie auf dem Saturn erwartet, wo es ein einzelnes großes Hexagon gibt. Irgendwas in der Richtung“, sagt Fran Bagenal von der Universität von Colorado in Boulder.

TIEFE WINDE

Diese neuen Erkenntnisse über die Jupiterpole sind nur ein Teil der Ergebnisse, die zusammen in „Nature“ veröffentlicht wurden. Drei neue Studien beschreiben die Vorgänge im Inneren des Planeten und klären die Streitfrage, ob die Muster auf dem Antlitz Jupiters nur oberflächlich sind oder durch Prozesse im Inneren entstehen.

„Darüber haben sich die Leute schon gestritten, bevor ich geboren wurde“, sagt Jonathan Fortney von der Universität von Kalifornien in Santa Cruz. „Es gab vor Juno keine Daten, mit denen man diese Frage klären konnte.“

Der Jupiter hat den elffachen Durchmesser der Erde, benötigt für eine volle Umdrehung aber nur etwa zehn Stunden. Es ist diese ungeheuer schnelle Rotation, die die Energie für die charakteristischen Wolkenbänder liefert, die von peitschenden Winden abwechselnd nach Osten und Westen getrieben werden, ähnlich wie die Passatwinde der Erde. Lange Zeit wussten die Wissenschaftler aber nicht, ob diese Winde ein oberflächliches Wetterphänomen sind oder sich auch in tiefere Bereiche erstrecken.

Juno ist die erste Raumsonde, die den Forschern einen tieferen Einblick in die Schichten des Planeten ermöglicht. Während ihrer Umrundungen schickt sie Radiowellen zur Erde. Durch die Messung winziger Veränderungen im Frequenzbereich der eintreffenden Wellen können die Wissenschaftler das Gravitationsfeld Jupiters kartieren und somit auch Hinweise auf sein Innenleben erhalten.

BELIEBT

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    Einer der Berichte in „Nature“ offenbarte, dass das Gravitationsfeld des Jupiters asymmetrisch ist – das lässt auf ein Massenungleichgewicht zwischen der nördlichen und südlichen Hemisphäre schließen.

    „Er ist quasi birnenförmig, wenn man so will“, sagt Bagenal. „Vielleicht wird sich das im nächsten Jahrtausend oder so ausgleichen, vielleicht schon in ein paar Jahrzehnten – wir kennen den Zeitraum nicht.“

    In einer zweiten Studie wurden die heftigen Winde des Planeten als Grund für das Ungleichgewicht identifiziert. Sie bewegen den Autoren zufolge so viel Masse, dass sie tief unter der Oberfläche entstehen müssen. Diese und eine dritte Studie deuten darauf hin, dass die Oberflächenmuster und die stürmischen Wolkenbänder mit Turbulenzen zusammenhängen, die sich mindestens auf eine Tiefe von 3.000 Kilometern unter der Oberfläche erstrecken.

    ROTIERENDE RÜBE

    Geht man noch tiefer, schleudert der enorme Druck im Inneren des Planeten Atome aneinander und erzeugt so eine feste, rotierende Kugel, wie man in der dritten Studie nachlesen kann. Bagenal hat sich einen sehr bildhaften Vergleich für den Druck im Jupiter ausgedacht, der etwa dem 100-Millionenfachen des atmosphärischen Drucks der Erde entspricht: 1.000 Elefanten, die aufeinander stehen, wobei der unterste Elefant auf einem Bein steht – und einen Stöckelschuh trägt.

    Bei diesem Druck existiert im Inneren eine Schicht aus metallischem Wasserstoff, dessen Verwirbelungen das Magnetfeld des Planeten erzeugen. Noch tiefer im Inneren gibt es einen Kern aus Gestein und Mineralien, die sich langsam auflösen.

    Insgesamt zeichnen diese Studien ein Bild eines Planeten, der noch verblüffender als angenommen ist. Die große „Zwiebel“ hat also einfach mehr Schichten?

    „Er ist vielleicht eher wie eine Rübe“, sagt Bagenal. „Eine wirklich große Rübe.“

    Genau wie eine Rübe verfügt der Jupiter über einzelne Schichten, die allerdings miteinander verbunden sind, und verdichtet sich zum Zentrum hin.

    „Vielleicht hätten wir damit rechnen sollen, dass es mehr Strukturen und mehr Durchmischung gibt, als in den Lehrbüchern steht“, so Bagenal. Sie verweist auch darauf, dass der Jupiter der Schlüssel sein könnte, um zu begreifen, wie andere Gasplaneten funktionieren. Aber auch das ist nicht sicher.

    „Man betrachtet den Jupiter gern als den Archetypen für Gasriesen in Sternensystemen“, sagt sie. „Aber wer weiß?“

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