Spuren der ersten Sterne des Universums entdeckt

Die mühsame Arbeit einiger Wissenschaftler lässt vermuten, dass die Ur-Sterne etwa 180 Millionen Jahre nach dem Urknall Licht ins Dunkel des Alls brachten.

Von Nadia Drake
Veröffentlicht am 2. März 2018, 09:59 MEZ
Illustration
Eine Illustration zeigt, wie die frühen Sterne im Universum ausgesehen haben könnten.
Foto von N.R.Fuller, National Science Foundation

Die Sterne am Nachthimmel sind nach Sonnenuntergang unsere ständigen Begleiter, aber dieses Meer aus funkelnden Lichtern war nicht immer Teil des Universums. Wissenschaftler warfen nun einen Blick in die ferne Vergangenheit und vermuten, dass die ersten Sterne erst etwa 180 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden.

Schon seit Jahrzehnten sind Forscher auf der Jagd nach den Signaturen dieser frühen Sterne. Das Projekt EDGES entdeckte nun Radiosignale, die entstanden, als das Licht dieser Sterne mit dem Wasserstoffgas zu interagieren begann, das den leeren Raum des frühen Universums füllte.

Wenn das Signal den Prüfungen standhält, könnte seine Entdeckung ganz neue Türen für die Astrophysik öffnen, hinter denen sich einige Geheimnisse verbergen, die es zu lüften gilt.

„Die Ära des kosmischen Beginns war bis jetzt völliges Neuland“, sagt die Physikerin Cynthia Chiang von der Universität von KwaZulu-Natal in Südafrika. „Es ist wirklich spannend, einen neuen Einblick in dieses Stückchen Geschichte des Universums zu erhalten, und die Entdeckung von EDGES ist der erste Schritt auf dem Weg, die Natur der ersten Sterne im Detail zu begreifen.“

DER BEGINN DES KOSMOS

Kurz nach der Geburt des Universums herrschte Dunkelheit. Die ersten Sterne leuchteten auf, als sich heißes Gas an Klumpen aus Dunkler Materie sammelte und sich so sehr verdichtete, dass schließlich die Kernfusion im Herzen der Sterne in Gang gesetzt wurde.

Als diese frühen Sterne anfingen, ultraviolettes Licht in den Kosmos abzustrahlen, vermischten sich ihre Photonen mit dem Wasserstoffgas, wodurch dieses die kosmische Hintergrundstrahlung absorbierte und durchsichtig wurde. Als das geschah, erzeugten die Wasserstoffatome Radiowellen, die mit einer berechenbaren Frequenz durch das Weltall reisten. Mit Hilfe von Radioteleskopen können Astronomen diese Wellen noch heute beobachten.

Derselbe Vorgang wird auch durch neuere Sterne ausgelöst, die ihr Licht ins All senden. Aber die Radiowellen der ersten Sterne reisen schon seit so langer Zeit durch den Weltraum, dass sie gewissermaßen langgezogen wurden – ein Prozess, den man als Rotverschiebung bezeichnet. So können Astronomen die „Fingerabdrücke“ der ersten Sterne in Radiowellen entdecken, die von einer kleinen Antenne im Westen Australiens aufgefangen werden.

BELIEBT

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    Ein aktualisierter Zeitstrahl des Universums zeigt, dass die ersten Sterne ungefähr 180 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden.
    Foto von N.R.Fuller, National Science Foundation

    „Die ersten Anzeichen des Signals erhielten wir binnen Wochen nach dem Anschalten des Instruments im Jahr 2015“, sagt Judd Bowman von der Arizona State University, ein Co-Autor der Studie, die in „Nature“ veröffentlicht wurde. „Zuerst dachten wir, dass es irgendein Problem mit dem Instrument gab, weil es größer als alles war, mit dem wir gerechnet hatten.“

    Bowman und sein Team verbrachten die letzten zwei Jahren damit, alle möglichen Fehler auszuschließen, die ein Signal aus der Frühzeit des Kosmos imitieren könnten.

    „Im Laufe Dutzender Tests wurden wir dann immer zuversichtlicher, dass es wirklich ein Signal vom Himmel ist“, sagt er. „Aber es ist wichtig, dass ein anderes Team mit einem anderen Instrument die Entdeckung bestätigt.“

    Chiang, die zu einem dieser anderen Teams gehört, die dasselbe Signal suchen, sieht das genauso: „Sie sagen ganz richtig, dass der nächste Schritt darin besteht, die Messungen bei anderen Experimenten zu bestätigen“, sagt sie.

    „Diese Art von Messungen ist unglaublich schwierig, da sie höchst anfällig für methodische Fehler ist. Das EDGES-Team hat beeindruckende und gründliche Arbeit dabei geleistet, die schwachen Effekte zu untersuchen, die vom Instrument ausgehen können.“

    ES WERDE LICHT

    Wenn das Signal echt ist, stellt es eine neue Herausforderung für manche Wissenschaftler dar, die sich über die Vorgänge im frühen Universum Gedanken gemacht haben. Der Zeitrahmen, in dem die ersten Sterne entstanden, passt beispielsweise gut zu manchen Theorien, zu anderen jedoch nicht wirklich.

    „Das ist auf verschiedene Arten ziemlich merkwürdig“, sagt Steven Furlanetto von der Universität von Kalifornien in Los Angeles. Er beschäftigt sich damit, wie Galaxien und Sterne entstehen. „Das könnte ein Indiz für exotische Physik sein, was für eine Menge Leute ziemlich aufregend wäre.“ Es wäre zum Beispiel denkbar, dass die Entdeckung des Signals ein Anzeichen dafür ist, dass sich Galaxien auf unerwartete Weise verhalten.

    In früheren Arbeiten begannen Furlanetto und seine Kollegen mit der Beobachtung der ältesten bekannten Galaxien und drehten die kosmische Uhr dann mit Hilfe von Computermodellen zurück. Auf diese Weise suchten sie nach dem Alter, in dem das Signal der ersten Sterne entstehen könnte. Man vermutet, dass die ersten Galaxien des Universums klein und instabil waren und nicht die besten Bedingungen für die Entstehung von Sternen boten. Daher würde Furlanetto damit rechnen, dass das Signal frühestens etwa 325 Millionen Jahre nach dem Urknall einen entsprechend hohen Wert erreichte.

    Sollten die ersten Sterne aber schon genug Licht erzeugt haben, um bereits 180 Millionen Jahre nach dem Urknall auf so einen Wert zu kommen, mussten sich die frühen Galaxien irgendwie anders verhalten haben.

    „Die einfachste Erklärung wäre, dass diese kleinen [Galaxien] in dieser frühen Zeit Sterne effektiver entstehen lassen konnten als zu anderen Zeiten“, sagt er. „Das unterscheidet sich ziemlich dramatisch von unserem physikalischen Verständnis von Galaxien.“

    Genauso gut könnte das frühe Wasserstoffgas die Photonen mit mindestens doppelt so großer Geschwindigkeit wie vorhergesagt absorbiert haben. Das wäre ein Problem für einige Theorien über die Temperatur des frühen Universums. Das bedeutet, dass das Gas entweder kälter als angenommen war oder dass die Hintergrundstrahlung wärmer war.

    Spannenderweise legt eine weitere Studie in „Nature“ nahe, dass Interaktionen mit Dunkler Materie eine Möglichkeit darstellen, um Gas auf eine Temperatur abzukühlen, bei der es mehr Photonen absorbieren kann.

    Ein Großteil der Masse des Universums entfällt auf Dunkle Materie, die sich aber nicht wie normale Materie verhält und Wissenschaftlern noch immer Rätsel aufgibt. Sie lässt sich oft nur schwer bis gar nicht entdecken, und Wissenschaftler können nach wie vor nicht mit Sicherheit sagen, um was genau es sich bei der Materie handelt und wie sie den Aufbau des Universums im Laufe der Zeit beeinflusst hat.

    „Das wäre ziemlich aufregend, wenn das ein Anzeichen für Dunkle Materie wäre, und das ist nicht unmöglich“, sagt Tracy Slayter vom MIT.

    Allerdings sei es viel zu früh, um das zu schlussfolgern, wie sie hinzufügt. Eine alternative Möglichkeit bestünde darin, dass es einfach mehr Photonen gab, die vom Wasserstoffgas absorbiert werden konnten. Allerdings ist auf Anhieb nicht klar, wo diese Photonen in dem frühen Universum hergekommen sein sollten. Slayter und andere Wissenschaftler warten also auf die unabhängige Bestätigung der Ergebnisse von EDGES, bevor sie sich zu sehr in Dunkle-Materie-Szenarien vertiefen.

    „Im Vergleich zu unseren Erwartungen ist das so ungewöhnlich, dass ich mir Sorgen mache, es könnte sich um etwas völlig anderes handeln“, sagt Furlanetto. „Ich habe keine Ahnung, was das sein könnte.“

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