Happy Birthday, Hippocamp! Neptuns neuster Mond

Die winzige Welt, die nach einem Fabelwesen benannt wurde, hat eine überraschend gewaltsame Geschichte.

Von Nadia Drake
Veröffentlicht am 21. Feb. 2019, 21:42 MEZ
Im Jahr 1989 flog die Raumsonde Voyager 2 am Neptun (rechts) vorbei und entdeckte sechs kleine innere Monde (links in der Bildkomposition). Damals blieb ein winziger Mond zwischen Proteus und Larissa unbemerkt. Mark Showalter entdeckte das Objekt 2013 mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops und hat es nun offiziell Hippocamp getauft. (Bild nicht maßstabsgetreu)
Foto von Links: Illustration von Mark R. Showalter, SETI Institute; Rechts: Bild von NASA, JPL

Milliarden Jahre lang versteckte sich ein kleiner Mond, der den Eisriesen Neptun umkreist, inmitten des schwachen Lichts der Sterne. Nun hat die winzige Welt endlich einen Namen – und Forscher setzen Stück für Stück ihre bewegte Geschichte zusammen.

„Er war unglaublich schwer zu finden“, erzählt Mark Showalter vom SETI Institute, der den Mond 2013 entdeckt hatte und vor Kurzem im Fachmagazin „Nature“ beschrieb. Dank des kleinen Satelliten steigt die Zahl von Neptuns bekannten Monden auf 14. Showalter, der in seiner Freizeit gern taucht, nannte den Mond Hippocamp – nach jenem Fabelwesen, dem auch seine Lieblingsgattung von Meerestieren ihren Namen verdankt: die Seepferdchen.

„Als es daran ging, einen Namen aus der griechischen oder römischen Mythologie auszuwählen, der etwas mit dem Meer zu tun hat, wusste ich: Das ist nicht schwer“, sagt er.

Der schwere Teil bestand eher darin, den Mond überhaupt zu finden. Das Gesteinsobjekt befindet sich relativ dicht am Neptun und passt mit seinen kaum 34 Kilometern Durchmesser in die schmalste Stelle des Ärmelkanals. Daher hat es mehrere Jahre gedauert, in denen zahlreiche Bilder des Hubble-Weltraumteleskops aufs Genaueste untersucht wurden, um das Objekt eindeutig zu bestimmen.

„Solche Monde kann man nur finden, weil Leute wie Mark Showalter herausgefunden haben, wie man diesen Bildern auch noch das allerletzte Photon abringt“, sagt Heidi Hammel von der American Universities Research Association.

Zufälliges Mondlicht

Showalter war gar nicht gezielt auf Mondjagd gewesen, als er zufällig auf die kleine Welt stieß. Eigentlich hatte er gerade eine neue Methode entwickelt, um nach schwach erkennbaren Strukturen rund um den Neptun zu suchen. Er und seine Kollegen hatten Hubble 2004, 2005 und 2009 in der Hoffnung auf den Planeten gerichtet, einen Blick auf die sonderbaren Ringfragmente zu erhaschen, die den großen blauen Planeten umgeben. Da die Ringe jedoch so dünn sind, überlagerte das Team mehrere Langzeitbelichtungsaufnahmen des Teleskops, um dessen Empfindlichkeit zu erhöhen.

Dann beschloss Showalter, diese Methode auch für die Suche nach Monden zu benutzen.

BELIEBT

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    Einen nach dem anderen erspähte er so die bekannten inneren Monde des Planeten: Proteus, Thalassa, Galatea, Despina, Larissa und sogar Naiad, der seit dem Vorbeiflug der Sonde Voyager 2 im Jahr 1989 nicht mehr gesichtet worden war. Aber dort, inmitten dieser fernen Welten, befand sich ein Eindringling – ein schwacher Lichtpunkt, der sich genau wie ein Mond verhielt; ein Mond, den noch niemand zuvor entdeckt hatte.

    Nachdem Showalter und seine Kollegen dessen Bewegungen nachverfolgt hatten, waren sie zuversichtlich, dass es sich um einen echten Mond und nicht nur um einen Trick der Kamera handelte. Anhand seiner Helligkeit und der Daten aus weiteren Beobachtungen im Jahr 2016 konnten sie sogar auf seine Größe schließen.

    „Die Wahrheit ist, dass es ein kleiner Punkt ist“, so Showalter.

    Zwischen Zerstörung und Entstehung

    Noch seltsamer ist allerdings Hippocamps Orbit, der sehr nah am Orbit des größten inneren Mondes Proteus liegt. Die beiden befinden sich so nah beieinander – etwa 12.000 Kilometer –, dass Hippocamp aller Wahrscheinlichkeit nach nicht rein zufällig dort landete.

    Stattdessen vermutet Showalter, dass Hippocamp entstand, nachdem ein Komet auf Proteus eingeschlagen war und Trümmer in eine Umlaufbahn um den Neptun geschleudert hatte. Diese Bruchstücke verdichteten sich schlussendlich zu einem neuen Mond. Falls dieses Szenario zutrifft, lässt sich Hippocamps „Geburtsurkunde“ vermutlich noch in Form des gewaltigen Einschlagkraters Pharos auf Proteus finden.

    Allerdings war das nicht der einzige gewaltsame Zusammenstoß. Es ist durchaus möglich, dass Hippocamp seither durch Kometeneinschläge mehrfach auseinanderbrach und zeitweise wieder einen Ring rund um den Neptun bildete.

    „Er befindet sich auf einer Umlaufbahn um den Neptun, die weit genug entfernt ist, dass alles, was dort auseinanderbricht, früher oder später wieder zu einem Mond wird“, sagt Showalter. „Viele der inneren Monde von Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun sind im Laufe ihrer Geschichte wahrscheinlich mehrfach auseinandergebrochen.“

    Um die Geschichte von Hippocamp und anderen Objekten jenseits des inneren Sonnensystems im Detail zu erzählen, wäre aber ein deutlich leistungsstärkeres Objekt als das Hubble nötig.

    „Man kann sie mit dem Hubble finden“, sagt Hammel. „Aber man kann nicht so weit gehen, Details zur Geologie und Chemie der Objekte da draußen am Rande des Sonnensystems zu erfahren.“

     

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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