Spitzbergen: Wie Frauen die Polarwissenschaft verändern

Im norwegischen Spitzbergen verrichten auf einer Forschungsstation in einer der nördlichsten Siedlungen der Welt zunehmend Frauen ihren Dienst.

Von Louis Parshley
Veröffentlicht am 18. Dez. 2024, 09:37 MEZ
Schneemobil auf Spitzbergen

Im norwegischen Spitzbergen verrichten auf einer Forschungsstation in einer der nördlichsten Siedlungen der Welt zunehmend Frauen ihren Dienst. Was die auch deutschen Wissenschaftlerinnen zum Klimawandel herausfinden, ist für die gesamte Welt von Bedeutung.

Foto von Louis Parshley

Die kleine internationale Forschungsstation Ny-Ålesund liegt inmitten der verschneiten Berge und eisigen Fjorde Spitzbergens. Der Ort zählt zu den am weitesten nördlich gelegenen menschlichen Siedlungen der Erde. Im Winter geht die Sonne hier wochenlang nicht auf; die niedrigen Gebäude der Station liegen dann in der blauschwarzen Finsternis der Polarnacht. Spitzbergen ist ein kalter Ort, doch auch hier wird es wärmer, und zwar in alarmierendem Tempo. Jeder Tag erbringt dafür neue, beunruhigende Belege, etwa in Form der Kronenqualle. Man vermutet, dass die Art vor etwa zehn Jahren in die arktischen Gewässer gelangte. Die Tiere ernähren sich von Krill und kleinen Fischen, auf die auch die einheimischen Meeresbewohner wie Kabeljau und Hering angewiesen sind.

Ein weiteres Beispiel ist der sich ständig erwärmende Permafrost, der Kohlenstoff in die Atmosphäre freizusetzen droht. Die durchschnittliche Temperatur liegt nur noch knapp unter dem Gefrierpunkt; sie steigt mit einer Rate von etwa einem Grad pro Jahrzehnt an. Letzten Sommer führte eine extreme Hitzewelle zu einem starken Abschmelzen der Eisdecke des Archipels. Aber es gibt auch gute Nachrichten. Dutzende Wissenschaftler aus mehr als zehn Ländern treiben hier unser Wissen über den Klimawandel voran. Viele von ihnen sind Frauen. Für die Forschungsstation ist dies eine radikale Veränderung, waren doch Männer bisher in der Überzahl.

Frauen in der Polarwissenschaft

Aus der einstigen Kohlebergbausiedlung Ny-Ålesund wurde in den 1960er-Jahren ein Forschungszentrum. Die Klimaforscherin Inger Hanssen-Bauer verbrachte den Winter 1983/84 in Ny-Ålesund. Sie arbeitete für das Norwegische Polarinstitut. Noch heute erinnert sie sich an die Abgeschiedenheit, die sie als einzige Frau auf der Station empfunden hat. „Ich habe erst allmählich verstanden, dass es eine Kommunikation zwischen Männern gab, an der ich keinen Anteil hatte. Weiblichen Flurfunk gab es nicht.“ Der Wandel, sagt Hanssen-Bauer, habe sich schrittweise mit dem längst überfälligen Aufstieg von Frauen in der Wissenschaft und in jenen Bereichen vollzogen, die fordernde Feldarbeit mit sich bringt. Auch Julia Boike, Professorin an der Berliner Humboldt-Universität und dem Alfred-Wegener-Institut in Potsdam, war noch Teil einer Minderheit, als sie 1998 begann, Daten zum Dauerfrost zu erheben. Letztes Jahr konnte sie feststellen, dass ihr dreiköpfiges Team erstmals nur aus Frauen bestand. Die Stimmung sei seitdem besser geworden, erklärt sie, ebenso das Essen und die Hygiene. Zugleich verschlechterte sich der Zustand der Atmosphäre. „Die Niederschläge haben zugenommen“, sagt Boike, „und die Schneedeckendauer ist geschrumpft.“

Inspiration durch Vorbilder

Schwindendes Meereis bedeutet, dass Spitzbergens Eisbären mehr Zeit an Land verbringen, was die Feldarbeit erschwert; sind Raubtiere in der Nähe, suchen die Forscherinnen ihre Außenstationen nicht auf. Im Jahr 2021 kam die Fotografin Esther Horvath nach Spitzbergen, um das Leben auf der Forschungsstation zu dokumentieren. Sie hat sich in ihrer Arbeit auf Reportagen über Polarexpeditionen spezialisiert. Horvath fotografierte die Vorbilder, die sie sich in ihrer Kindheit in Ungarn rückblickend gewünscht hätte. „Ich habe mir immer vorgestellt, dass ich so gerne diese beißende Kälte auf meinem Gesicht spüren würde“, sagt sie. „Aber ich war ein Mädchen. Ich sah nur Männer, die das machten. Dass ich das eines Tages selbst erleben würde, habe ich nicht einmal zu träumen gewagt.“ Für NatGeo hat Horvath die Frauen auf der kleinen Station porträtiert. Sie zeigt jede von ihnen mit einem Utensil ihrer täglichen Arbeit, mit einem Gegenstand (oder Tier), das für sie von Bedeutung ist.


 

Cover National Geographic 12/24

Cover National Geographic 12/24

Foto von National Geographic

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