Tag des Schlafes: Allein oder zu zweit – wie wir besser schlafen und was die Forschung dazu sagt
Der Aktionstag am 21. Juni macht auf die gesundheitliche Bedeutung von gutem Schlaf aufmerksam. Forschende diskutieren, ob gemeinsames oder getrenntes Schlafen die Erholungsqualität verbessert.

Schlafqualität im Fokus: Am Tag des Schlafes rückt die Bedeutung erholsamer Nächte und die Frage nach dem idealen Schlafumfeld in den Mittelpunkt.
Dazu, wie man den eigenen Schlaf verbessern kann, gibt es unzählige Ratschläge und Studien. Über eine Frage wird in der Forschung aber bis heute gestritten: Schläft es sich besser in Gesellschaft – oder doch lieber allein?
Schlafunterschiede zwischen den Geschlechtern
„Das kommt ganz darauf an“, sagt Christine Blume. Sie ist Schlafforscherin am Zentrum für Chronobiologie der Universität Basel. So zeigt die Forschung, dass es etwa einen Unterschied macht, ob man ein Mann oder eine Frau ist. Eine Studie von Wissenschaftlern in Wien hat 2007 anhand von zehn heterosexuellen Paaren untersucht, wie es sich auf den Schlaf des Einzelnen auswirkt, gemeinsam oder getrennt zu schlafen. Jeder Proband trug ein Messgerät am Handgelenk, das Daten über den Schlaf- und Wachrhythmus erfasste.
Das Ergebnis: Bei den Frauen wirkte es sich negativ auf den Schlaf aus, wenn sie das Bett mit ihrem Partner teilten, sowohl in der subjektiven Selbsteinschätzung als auch in den objektiv gemessenen Daten. Die Männer dagegen stuften die eigene Schlafqualität besser ein, wenn sie gemeinsam mit ihren Partnerinnen schliefen; auch die gemessene Schlafeffizienz fiel besser aus.
Wie ist dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern zu erklären? Die Forscher führten ihn auf die „mütterliche Rolle“ zurück: Frauen seien biologisch dazu veranlagt, über den Schlaf ihres Kleinkindes zu wachen. Deshalb seien sie grundsätzlich empfindlicher, was nächtliche Bewegungen im Bett angeht.
Christine Blume blickt skeptisch auf diesen Punkt. „Solche evolutionären Argumente lassen sich nie wirklich verifizieren oder falsifizieren.“ Die Forscherin weist darauf hin, dass Männer sich mehr im Schlaf bewegen als Frauen – und damit potenziell mehr stören. Auch andere Faktoren können eine Rolle spielen: „Die meisten Schnarcher sind Männer.“
Darunter kann nicht zuletzt der Schlaf der Partnerin leiden, wie eine Studie aus dem Jahr 2017 zeigt: Menschen, die ihr Bett mit einer schwer schnarchenden Person teilen, haben eher Probleme damit, Schlaf zu finden und die Nacht durchzuschlafen. Auch sind sie am nächsten Tag tendenziell müder und schläfriger als Probanden, deren Bettgenossen nicht schnarchten.
Sollten wir das Bett teilen? Forschung liefert scheinbar widersprüchliches Gesamtbild
Zugleich zeigen Studien, dass es positive Effekte haben kann, das Bett zu teilen. Es stärkt die emotionale Bindung in einer Partnerschaft und kann Stress reduzieren. Physische Nähe, etwa in Form von Kuscheln oder Sex, kurbelt die Produktion des Bindungshormons Oxytocin an.
Auch Eltern von Babys und Kleinkindern stellen sich die Frage. Ist co-sleeping, wie der gemeinsame Schlaf von Eltern und Kind genannt wird, gut für das Baby?
Schläft das Baby im selben Bett, so eine Studie, wird das nächtliche Stillen gefördert. Zugleich zeigen Untersuchungen, dass es den Schlaf stören kann, wenn Eltern und Kleinkind das Bett teilen – und zwar für beide Seiten. Der Schlaf der Kinder ist kürzer und unruhiger; auch Mütter wachen öfter auf. „Der Schlaf der Eltern wird durch ein kleines Kind beeinträchtigt“, sagt Blume. „Daran führt kaum ein Weg vorbei.“ Je älter und selbständiger das Kind werde, desto mehr normalisiere sich der Schlafrhythmus aber wieder.
Das Gesamtbild ist komplex, sogar scheinbar widersprüchlich. 2021 werteten Forscherinnen der University of Massachusetts in einer Metastudie verschiedene Untersuchungen dazu aus, wie es sich auf den Schlaf auswirkt, das Bett zu teilen – ob zwischen Partnern, Eltern und Kind, Geschwistern, Haustier und Besitzer. Das Ergebnis: In der Regel berichten die Teilnehmer subjektiv über eine bessere Schlafqualität, wenn sie das Bett teilten, obwohl sich die objektiv messbaren Ergebnisse zur Schlafeffizienz dabei in der Regel verschlechtern.
Schlafforscherin Blume überrascht das nicht. „Wir erwarten nicht unbedingt, dass diese beiden Kategorien immer zusammenpassen.“ Ob Partner, Kind oder Haustier: Es sei einleuchtend, dass der Einzelne häufiger aufwacht, wenn er das Bett mit einem anderen Lebewesen teilt. Ein fremder Körper im Bett, der sich bewegt, der Geräusche macht, der vielleicht einem anderen Schlaf-Wach-Rhythmus folgt – nur logisch, dass es hier potenziell zu Störungen kommt.
Subjektiv jedoch können andere Dinge wichtiger sein als die Schlafeffizienz. „Beim gemeinsamen Schlaf spielen wichtige psychologische Faktoren mit“, sagt Christine Blume, etwa Wärme und Geborgenheit. Die Frage, ob man sich das Bett mit jemandem teilen will, sei also nicht zuletzt auch immer eine Abwägung.

In der Natur ist Gruppenschlaf weit verbreitet: Auch Primaten – unsere nächsten Verwandten – schlafen eng beieinander. Ein möglicher Hinweis auf unsere evolutionären Wurzeln?
Evolutionäre Wurzeln: Gruppenschlaf als Schutzmechanismus
Befürworter des geteilten Schlafs argumentieren nicht zuletzt mit dem Schlafverhalten anderer Säugetiere. Primaten, unsere nächsten Verwandten, schlafen in Gruppen, dicht an dicht. Bietet die Evolutionsgeschichte also eine Antwort? „Tiere, die in Gruppen leben, schlafen nie allein“, sagt Meg Crofoot. „Das gilt evolutionär auch für Menschen.“ Crofoot leitet die Abteilung für Ökologie der Tiergesellschaften am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie.
„Wenn man tausende, hunderttausende oder sogar Millionen von Jahren zurückdenkt, haben Angehörige unserer Spezies und ihre Vorfahren sicherlich in Gruppen geschlafen.“ Der Vorteil liegt auf der Hand: Schlaf ist ein verwundbarer Zustand. Der gemeinsame Schlaf in einer Gruppe bietet etwa Schutz vor Angriffen, die Wachsamkeit ist erhöht.
In modernen westlichen Gesellschaften ist diese Funktion weitestgehend verschwunden, das Schlafzimmer gilt als privater Ort. In Kriegs- und Krisengebieten dagegen, wo Menschen kein sicherer Ort zum Schlafen bleibt, ist der Schutzmechanismus des geteilten Schlafs bis heute verbreitet. Grundsätzlich sei die Vorstellung, allein zu schlafen entspreche dem Normalzustand, ein recht junges Phänomen in westlichen Industriegesellschaften, sagt die Verhaltensbiologin. Anderswo auf der Welt sähen die Schlafmuster völlig anders aus.
Im Tierreich spielt Schlaf auch eine wichtige soziale Rolle, so Crofoot. Paviane, die sozial eng verbunden oder „befreundet“ sind, haben einen stärkeren Einfluss auf den Schlaf des jeweils anderen als es etwa Artgenossen, mit denen sie nicht derart eng sind. Dominante Tiere beeinflussen den Schlaf ihrer untergeordneten Artgenossen mehr als andersherum; zugleich zeigen Studien, dass dominante Tiere tendenziell weniger Schlaf bekommen.
Crofoot fordert, Schlaf nicht allein als physiologischen Vorgang im Körper des Einzelnen zu begreifen, sondern als kollektiven Prozess. Auch im Tierreich zeigt sich ein Zusammenhang zwischen geteiltem Schlaf und weniger Schlafeffizienz. „Je mehr Paviane gemeinsam in einem Baum schlafen, desto öfter wacht der Einzelne nachts auf, desto fragmentierter ist sein Schlaf.“
Das muss aber kein Problem sein. „Fragmentierter Schlaf führt nicht unbedingt zu Schlafmangel“, betont Crofoot. Paviane ruhen etwa elf Stunden täglich, schlafen davon aber nur etwa neun Stunden – nicht zuletzt, weil Artgenossen sie immer wieder im Schlaf wecken. Trotzdem gibt es keine Anzeichen, dass sie deshalb Schlaf aufholen müssen.
Ständiges Aufwachen: Fragmentierter Schlaf gilt als unproblematisch
„Auch beim Menschen ist ein fragmentierter Schlaf nicht unbedingt schlimm“, sagt Schlafforscherin Christine Blume. Solange der Einzelne insgesamt genug Schlaf bekommt, seien kleinere Aufwachphasen in der Regel unproblematisch. Allerdings sei unsere Vorstellung davon, was guter Schlaf ist, immer auch eine gesellschaftliche Frage. Der Schlafrhythmus von Menschen in den industrialisierten Gesellschaften des Westens ist durch die Arbeitswelt geprägt: Unser Job bestimmt, wann wir morgens aufstehen müssen und wann wir zu Bett gehen, der zeitliche Rahmen ist meist wenig flexibel. Insofern wünschen sich viele Menschen, ihre Schlafeffizienz zu optimieren und Störungen möglichst zu vermeiden.
Sollte man nun also lieber allein oder in Gesellschaft schlafen? „Letztlich kann man aus Statistiken nie auf den Einzelfall schließen“, sagt Christine Blume. Individuelle Gewohnheiten und Vorlieben beim Schlaf sind vielfältig. Die Schlafforscherin rät, sich nicht zu sehr von gesellschaftlichen Normen oder den Daten der smarten Armbanduhr leiten zu lassen. Stattdessen sollte man darauf achten, was sich für einen selbst richtig anfühlt
„Wenn es sich nicht gut anfühlt, kann man sich fragen: Was lässt sich daran ändern?“ Leidet der Schlaf eines Partners etwa massiv unter den nächtlichen Geräuschen des anderen, sei es ein legitimer Wunsch, lieber getrennt zu schlafen – ohne, dass dies irgendetwas über die Qualität der Beziehung aussagt. Wichtig sei hier, ein offenes Gespräch zu suchen.

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