Fünf Fragen an Tierfotograf Luca Lorenz
Er ist 19 Jahre jung und eines der spannendsten Nachwuchstalente im Bereich Naturfotografie in Deutschland. Wir stellen 5 Fragen an Luca Lorenz.

Tierfotograf Luca Lorenz.
Luca Lorenz ist erst 19 Jahre alt – und hat schon so viele Preise gewonnen, wie manch andere Kolleg*innen mit 70 nicht. Dass er einer der spannendsten Tierfotograf*innen des Landes ist, liegt daran, dass er die heimische Tierwelt so ganz anders in Szene setzt als die meisten. Denn sein Fokus liegt weniger auf der Dokumentation einer Situation als vielmehr auf verträumten Lichtstimmungen, ungewöhnlichen Perspektiven und einer fast schon abstrakten Darstellung gewohnter Motive.
Ob verschwommene Flamingos oder Schwalben im Gegenlicht, bei seinen Aufnahmen spielt Luca Lorenz mit Farben, Minimalismus und Belichtungszeiten. Fasziniert von den Vögeln rund um sein Zuhause war er schon als Kind. In seinem Heimatdorf, ganz im Norden von Berlin, an der Grenze zu Brandenburg, sammelte er Federn und beobachtete bereits früh ihre Verhaltensweisen. Seine Begeisterung über die Sichtungen teilte er mit seiner Familie – und legte damit, ohne es zu wissen, den Grundstein für seine Fotografie-Karriere.
Nach seinem Realschulabschluss nutzte er die Gelegenheit, seine Zeit voll und ganz in die Wildtierfotografie zu investieren. Der Fleiß hat sich ausgezahlt: Mittlerweile kann Lorenz von der Fotografie leben. Er gibt Workshops für andere Fotografiebegeisterte, verkauft Prints, präsentiert seine Werke in Ausstellungen und lässt seine Follower auf Youtube an seinen Abenteuern teilhaben. Ab und an teilt er seine Faszination für die großen und kleinen heimischen Tierarten bei Waldtagen in Kindergärten und Schulen. „Ich will zeigen, dass man für besondere Naturfotografie nicht super weit reisen muss.“
Du warst sehr jung, als du die Natur für dich entdeckt hast. Was war der ausschlaggebende Punkt, Tiere auch fotografieren zu wollen?
Meine Eltern haben nichts mit Fotografie zu tun und ich kannte lange niemanden, der fotografiert hat. Ich hatte aber diese Begeisterung für Vögel, und irgendwann dachte ich mir, wenn ich die Vögel fotografieren könnte, dann könnte ich die Faszination mit meiner Familie teilen. Zunächst nutzte ich das Handy meiner Mutter. Dann lieh mir mein Biolehrer in der fünften Klasse seine Kamera und ich habe herausgefunden, dass es Equipment gibt, das extra darauf ausgelegt ist, Tiere ganz nah zu fotografieren.
Galerie: Magische Naturmomente – Verschwommene Hintergründe und lange Belichtungszeiten

Deine Fotos sind teils sehr minimalistisch, meist künstlerisch. Wie kamst du zu diesem Stil?
Als ich anfing zu fotografieren, habe ich die Tiere eher im klassischen Stil dokumentiert. Weil ich aber insgesamt eher spielerisch an Technik und Fotografie herangehe, wollte ich mich weiterentwickeln. Da habe ich gemerkt, dass mich diese künstlerischen Fotos viel mehr begeistern. Seit zwei Jahren fokussiere ich mich hauptsächlich darauf. Sehr gerne nutze ich lange Belichtungszeiten – dadurch wirken die Fotos teilweise so, als wären es Doppelbelichtungen. Tatsächlich aber nutze ich eine Wischtechnik, auch ICM genannt: Mit einer langen Belichtungszeit nehme ich zunächst das Motiv und dann die Farben der Umgebung auf. Manchmal, wenn ich Workshops gebe, verlieren die Leute schnell das Interesse daran, weil es viel Übung benötigt, bis man seine Bewegungen und das Verweben von dunklen und hellen Bildbereichen perfektioniert hat.
Also muss alles sehr durchdacht und vorbereitet sein?
Nicht unbedingt. Früher habe ich das noch genauer geplant, mit verschiedenen Wetterapps. Wenn ich loszog, wusste ich genau, wohin ich gehe, nach dem Motto: ‚Noch im Dunkeln lege ich mich da hin, dann sieht der Hintergrund so aus und mit Glück sitzt am Ende genau dazwischen das Tier als Motiv.‘ Mittlerweile mache ich vieles auch spontan im Moment. Wichtig bleibt aber: Bevor ich eine neue Tierart fotografiere, versuche ich, mich intensiv mit ihren Besonderheiten auseinanderzusetzen. Wenn ich die Verhaltensweisen und die Bedeutung ihrer Rufe und Gesänge verstehe, bemerke ich auch schneller, wenn ein Tier sich durch mich gestört fühlen sollte. Und gleichzeitig weiß ich genau, zu welcher Zeit und an welchem Ort ich die höchste Wahrscheinlichkeit habe, es beobachten und fotografieren zu können.
Du verbringst also sehr viel Zeit in der Natur. Hat dich die Fotografie auch schon mal in unangenehme Situationen gebracht?
Ich hatte schon einige Begegnungen mit Wildschweinen. Am unangenehmsten war es eines Abends zur Dämmerung: Ich war in einem Schilfgebiet unterwegs und konnte nur etwa drei Meter weit gucken. Irgendwann hat es nur wenige Meter vor mir angefangen zu rascheln und zu knurren. Weil hinter mir ein See war, konnte ich aber nicht ausweichen. Um mich trotzdem so weit es ging in Sicherheit zu bringen, schnappte ich mir einen größeren Stock, kauerte mich auf einen Biberdamm und habe angefangen laut zu reden – erst nach einer Stunde ist die Rotte weiter gezogen. Ansonsten gibt es hier in Deutschland ja nicht so viele gefährliche Wildtiere. Aber ich hatte auch schon einige schlechte Erfahrungen mit Hunden.
Du hast viele Preise gewonnen – unter anderem den ersten Platz in der Kategorie ,Birds‘ des Nature Photographer of the Year oder die Jugendkategorie des GDT European Wildlife Photographer of the Year. Welches Foto war besonders wichtig für deinen Werdegang als Fotograf?
Ja – das Bild eines Feldhasen, den ich auf dem Weg zur Schule in einem Naturschutzgebiet fotografiert habe. Ich habe damit die Jugend-Kategorie beim Glanzlichter-Wettbewerb 2020 gewonnen. Zuerst konnte ich das gar nicht glauben. Ich war 14 Jahre alt, hatte etwa zwei oder drei Jahre lang fotografiert und nur teilgenommen, weil Jan Piecha, ein befreundeter Fotograf, mich motiviert hatte. Durch den Gewinn habe ich das erste Mal gemerkt, dass andere Leute meine Bilder mögen. Von dem Preisgeld – 3.000 Euro – konnte ich mir eine neue Kamera kaufen.
In unserer Reihe „5 Fragen an“ stellen wir spannende Fotograf*innen und Forscher*innen in den Fokus.
