Stadt der Clowns: Kulturelles Phänomen in Mexiko

Mit ihren bunten Kostümen und ihren bemalten Masken stellen die tanzenden Clowns von Mexiko eine Fusion aus dem Katholizismus und der einheimischen Kultur dar.

Von Alexa Keefe
bilder von Luján Agusti
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:39 MEZ

Als die Fotografin Luján Agusti von ihrem Heimatland Argentinien nach Mexiko zog, fielen ihr sofort die zahlreichen religiösen Feste auf, die das ganze Jahr über gefeiert werden. „Religion ist überall“, sagt sie.

Agusti, die sich selbst als agnostisch bezeichnet, war fasziniert von den Charakteren und Inszenierungen, die sie bei Feierlichkeiten zur heiligen Woche, zu lokalen Kirchenjubiläen oder zum Día de Muertos sah. Diese farbenfrohe Fusion aus Katholizismus und der Kultur der Eingeborenen – eine Mischung, die unter den Begriff des Synkretismus fällt – wurde zum Kernpunkt ihrer Arbeit.

Als sie die Stadt Coatepec im südöstlichen Staat Veracruz besuchte, wohnte sie einer solchen Prozession bei. Dort, zwischen den Gemeindemitgliedern und einer Schulband, tanzte eine Gruppe von Clowns mit bunten Masken, die von einem Charakter angeführt wurden, der einem spanischen Konquistador ähnelte. Agustis Neugier war geweckt. Unter den Masken steckten ganz normale Menschen – Männer, Frauen, Kinder. Sie erfuhr, dass sie eine alte Tradition fortführten, die bis zu den Tagen der spanischen Kolonisierung zurückreichte und nach mehreren Jahrzehnten vor Kurzem wiederbelebt wurde. Viele der Menschen tanzten, um Unserer Lieben Frau von Guadalupe – einer Erscheinung der Jungfrau Maria, die an dem Standort eines ehemaligen Aztekentempels aufgetaucht ist – im Tausch für Glück ein Opfer zu bringen.

Luján Agusti nimmt ein Porträt eines Clowns auf.
Foto von Christian Rodriguez

Agusti nahm Kontakt zu mehreren der Cuadrillas (Gruppen) der Darsteller auf, um Porträtaufnahmen von ihnen zu machen. Dabei positionierte sie die Clowns vor den gleichen bunten Stoffen, aus denen sie ihre Kostüme machen. Das Ergebnis ist optisch ansprechend, sagt sie, aber auch seltsam, weil es eine tiefere Bedeutung verbirgt. „All diese Stoffe sind sehr bunt und schön, aber wenn man sich die Kostüme der Clowns ansieht, [sind sie] zerlumpt und alt.“ Für Agusti repräsentiert dieser Kontrast die momentane Lebensrealität in Mexiko und Lateinamerika. Unter dem festlichen Äußeren verbergen sich dort eine tief verankerte Armut und soziale Dysfunktion.

Früher, so erfuhr Agusti, wurden die Clowns hauptsächlich von älteren Männern gespielt. Mittlerweile sind viele der Darsteller junge Menschen oder sogar Kinder, die mit ihren Vätern auftreten, „Veracruz ist einer der gefährlichsten Staaten in ganz Mexiko“, sagt sie und spielt dabei auf die Drogenkriminalität und die damit zusammenhängende Gewalt an, von der die Region geplagt wird. Eine Cuadrilla bietet den Kindern eine positive Alternative und eine Umgebung, in der sie eine einzigartige Tradition am Leben halten können.

Luján Aguste erhielt kürzlich ein Stipendium von Women Photograph, um weiterhin den Synkretismus in Mexiko zu erkunden. Auf ihrer Webseite kann man noch mehr von ihren Arbeiten ansehen.

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