Trommel in Kindergrab: Prähistorisches Artefakt aus der Zeit von Stonehenge

In dem Grab eines Kindes in Yorkshire, England, wurde eine zylinderförmige Skulptur aus Kreide entdeckt. Für die Archäologie ist sie von enormer Bedeutung.

Von Katarina Fischer
Veröffentlicht am 16. Feb. 2022, 09:44 MEZ, Aktualisiert am 17. Feb. 2022, 09:59 MEZ
Eine der ältesten Trommeln der Welt.

Eine der ältesten Trommeln der Welt.

Foto von The Trustees of the British Museum

Gut Ding will Weile haben – in kaum einer wissenschaftlichen Fachrichtung hat dieser Satz mehr Wahrheitsgehalt als in der Archäologie. Im Fall einer Trommel aus der Jungsteinzeit sind seit ihrer Entdeckung und dem Bekanntwerden des Fundes und seiner Geschichte inzwischen fast sieben Jahre vergangen, doch das Warten hat sich gelohnt: Nachdem das Artefakt eingehend erforscht und in einen geschichtlichen Zusammenhang gebracht wurde, ist klar, dass es sich dabei um „das wichtigste Stück prähistorischen Kunsthandwerks“ handelt, das in den letzten hundert Jahren in Großbritannien entdeckt wurde.

Das zylinderförmige Objekt aus Kalkstein, das ab Februar 2022 in der „The world of Stonehenge“-Ausstellung des British Museum zu besichtigen sein wird, hat ein geschätztes Alter von 5.000 Jahren. Obwohl die Trommel bereits im Jahr 2015 bei routinemäßigen Ausgrabungen auf dem Landsitz Burton Agnes in East Yorkshire gefunden wurde, ist ihre Existenz erst jetzt im Zuge der Ankündigung der Ausstellung öffentlich gemacht worden. Laut der Beschreibung des Artefakts in der Pressemitteilung des Museums, ist dieses „mit komplexen Motiven verziert, die dem künstlerischen Stil entsprechen, der zur Zeit des Entstehens von Stonehenge in England und Irland vorherrschte“.

Trommeln aus Folkton und Burton Agnes fast identisch

In dieser zeitlichen Einordnung liegt auch die enorme Wichtigkeit ihrer Entdeckung: In der Sammlung des British Museum befinden sich bereits drei ähnliche Objekte, die sogenannten „Folkton drums“. Diese sind mit der „Burton Agnes drum“ fast identisch: Auch sie sind aus solider Kreide gemacht und an den Außenseiten reich verziert. Gefunden wurden sie in etwa 24 Kilometern Entfernung zu dem Fundort der „Burton Agnes drum“, seit dem Jahr 1889 sind sie Teil der Sammlung des British Museum.

Ihr Alter konnte bisher nur geschätzt werden: Man ging bisher davon aus, dass sie zwischen den Jahren 2500 und 2000 v. Chr. angefertigt worden waren. Dank verbesserter Technologien zur Altersbestimmung und dem Fund der vierten Trommel gilt nun als gesichert, dass die „Folkton drums“ fast 500 Jahre älter sind als bisher angenommen. Mehr als hundert Jahre lang hätten sie Experten Rätsel aufgegeben, sagt Neil Wilkin, Kurator der Stonehenge-Ausstellung, doch dank des neuen Beispiels für diese Art von Skulptur sei es nun möglich, diese zu lösen. „Die Schnitzerei auf der ‚Burton Agnes drum‘ ist sehr viel komplexer und zeigt deutlich, dass es Verbindungen zwischen den Gemeinschaften in Yorkshire, Stonehenge, Orkney und Irland gegeben hat.“

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    Talisman als Grabbeigabe

    Auch wenn die prähistorischen Skulpturen die Form und das Aussehen von Trommeln haben, handelt es sich bei ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht um Musikinstrumente. Sowohl die „Folkton drums“ als auch die „Burton Agnes drum“ wurden in Kindergräbern gefunden. Dies legt die Vermutung nahe, dass es sich bei den Objekten um Talismane handelt, die die verstorbenen Kinder nach ihrem Tod beschützen sollten.

    Neil Wilkin ist von dieser Form der Fürsorge für die Kinder über ihren Tod hinaus gerührt: „Die „Burton Agnes drum“ zeugt von einer Trauer und Verzweiflung, die die Zeit von Stonehenge überdauert und auch heute noch eine unverminderte Kraft hat.“

    Die Archäologin Alice Beasley, die im Auftrag der Firma Allan Archaeology an den Ausgrabungen im Jahr 2015 mitgearbeitet und die Trommel gefunden hat, stimmt ihm zu. „Die Liebe und Mühe zu sehen, die vor 5.000 Jahren in die Bestattung von Menschen geflossen sind, ist sehr ergreifend.“

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