Erbe der Etrusker: DNA-Analysen offenbaren Herkunft der Hochkultur

Durch ihre besondere Sprache und hoch entwickelte Kultur gelten die Etrusker als eines der geheimnisvollsten antiken Völker. Forschende gingen dem einst so mächtigen Volk auf den Grund – und entschlüsseln, woher die Etrusker kamen.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 7. März 2022, 09:20 MEZ
Etruskische Bronzefigur, 400 – 380 v. Chr.

Etruskische Bronzefigur, 400 – 380 v. Chr.: Die Etrusker sind heute vor allem für ihre Fertigkeiten im Bereich der Metallverarbeitung und für ihre Kunst bekannt.

Foto von Daderot, CC0, via Wikimedia Commons

Bevor sie im dritten Jahrhundert v. Chr. schrittweise von den Römern bezwungen wurden, herrschten die Etrusker über große Teile des heutigen Italiens. Etrurien – wie die antike Region genannt wird – sowie seine Bewohner bergen noch immer viele Geheimnisse: Sprache, Lebensweise und Geschichte der einstigen Hochkultur sind bis heute nicht komplett entschlüsselt. Doch aktuelle DNA-Analysen liefern endlich konkrete Hinweise zur Herkunft der Etrusker.

Ein internationales Forschungsteam, darunter Johannes Krause von den Max-Planck-Instituten für Menschheitsgeschichte und evolutionäre Anthropologie, hat in einer Studie die Wurzeln des Volkes entschlüsselt. „Wir stellen Genomanalysen von 82 Individuen vor, die über einen Zeitraum von fast zwei Jahrtausenden (800 v. Chr. bis 1000 n. Chr.) in Etrurien und Süditalien lebten“, so die Autoren der Studie.

Durch die DNA-Analysen rückt die Beantwortung der Fragen, die sich um das antike Volk ranken, ein Stück näher: Woher kamen die enigmatischen Etrusker – und wie veränderte sich ihr Leben durch den Machtausbau der Römer? 

Geheimnisvolle Hochkultur

Die Etrusker bewohnten vor allem Gebiete Mittelitaliens – die heutigen Regionen Toskana, Latium und Umbrien – und unterschieden sich als Volk stark von ihren Nachbarn: Sowohl ihre einzigartige Sprache als auch ihre besonderen Kenntnisse im Bereich der Metallgewinnung und -verarbeitung und der Landwirtschaft lassen das einst mächtigste Volk der Region aus der heutigen Sicht hervorstechen.

„Wegen der Besonderheiten dieser Kultur gegenüber ihren zeitgenössischen Nachbarn wurde die geografische Herkunft der Etrusker lange heiß diskutiert“, so die Autoren der Studie. Beispielsweise hielt sich lange die Hypothese des antiken Geschichtsschreibers Herodot von Halikarnassos, dass die Etrusker aus einer Region in der Ägäis stammten und erst später in das heutige Italien kamen.

Durch die Studie aber wird klar: Die Etrusker waren Einheimische in der Region, die sie besiedelten – trotz ihrer bis heute nicht vollständig entschlüsselten nicht-indoeuropäischen Sprache. „Die Beharrlichkeit der isoliert vorkommenden Sprache der Etrusker inmitten von Gruppen, die indoeuropäischen Sprachen sprechen, ist verblüffend und ein bis heute ungeklärtes Phänomen.“ Gerade deshalb sei die genetische Untersuchung des Volkes so interessant.

DNA-Analysen: Ein Volk im Wandel

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    Zwei etruskische Grabstätten in Vetulonia (San Germano), datiert auf das sechste Jahrhundert v. Chr.  Einige der in diesen Gräbern gefundenen Überreste wurden in der Studie analysiert.

    Foto von Paolo Nannini

    Die Autoren der Studie interessierten sich vor allem für genetische Einflüsse und Veränderungen der Etrusker durch mögliche Zuwanderung und Durchmischung mit anderen Völkern. Daher wählten sie für die Studie die 82 Individuen aus, die über einen Zeitraum von 1800 Jahren in der Region Etruriens lebten. Bei der schrittweisen Genanalyse stellte sich heraus, dass der Genpool der Etrusker über 800 Jahre gleich blieb: während der Eisenzeit und der Zeit der Römischen Republik.

    Der Umbruch kam mit der römischen Kaiserzeit: „Damals mischten sie sich mit Populationen aus dem östlichen Mittelmeerraum, worunter wahrscheinlich auch Sklaven und Soldaten waren, die innerhalb des Römischen Reichs verschleppt oder umgesiedelt wurden“, so Johannes Krause. 

    Im Frühmittelalter fand dann eine weitere genetische Vermischung statt. Die Bewohner Mittelitaliens trafen nach dem Zusammenbruch des Weströmischen Reichs auf germanischen Migranten. Das ergab die Analyse der Individuen, die gegen Ende des Untersuchungszeitraumes gelebt hatten.

    So verschwanden Sprache und Kultur der Etrusker nach und nach. Was bis heute blieb, ist hauptsächlich ihre Kunst. Ungeklärt bleibt, wie sich ihre Sprache überhaupt so lange halten konnte und warum sie sich so von ihren Nachbarn unterschieden. Diese Fragen werden wohl als Nächstes untersucht werden.

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