Troja, Ephesos, Pompeji: Verlorene Städte der Antike

Wir erzählen die Geschichte der untergegangenen Städte der Antike: das sagenumwobene Troja, die heilige Stätte Ephesos oder Pompeji, das durch die Asche des Vesuvs in der Zeit erstarrte.

Von Patricia S. Daniels
Veröffentlicht am 28. Juli 2022, 00:12 MESZ
Skultptur Pompeji

Wir erzählen die Geschichte der untergegangenen Städte der Antike: das sagenumwobene Troja, die heilige Stätte Ephesos oder Pompeji, das durch die Asche des Vesuvs in der Zeit erstarrte.

Foto von jfleszar / Pixabay.com

​Troja: Die neun Mal erbaute Stadt

Die Stadt Troja erlangte einen solchen literarischen Ruhm, dass sie wie eine Fabel anmutet. Dichter der Antike wie Homer und Virgil beschrieben den zehnjährigen Krieg zwischen den Griechen und den Trojanern in unvergesslichen Bildern, inklusive dem fatalen Höhepunkt in Virgils „Aeneis“: „In der brennenden Stadt sind die Danaer Herren. / Krieger entstürmen dem Ross, / das hoch inmitten der Mauern ragt.“

Als man im 19. Jahrhundert begann, ernsthaft nach Troja zu suchen, bezweifelten viele, dass es je existiert hatte. Der deutsche Archäologe Heinrich Schliemann bewies das Gegenteil. Er und spätere Forschende gruben sich durch einen 30 Meter hohen Hügel namens Hisarlık in der heutigen Türkei. Dort fanden sich nicht nur ein, sondern mindestens neun Trojas: immer wieder aufgebaute neue Versionen der Stadt. Heute gilt Troja VIIa (um 1300 bis 1250 v. Chr.) mit großer Wahrscheinlichkeit als die Stadt aus den antiken Epen.

Mit seiner strategischen Lage an der Meerenge Hellespont (heute Dardanellen) befand es sich nahe der Handelsrouten und war gegen Angriffe gewappnet: Dicke Kalksteinmauern umgaben die Hauptsiedlung von Troja VI, kleinere Häuser drängten sich davor, sodass die Menschen vor Invasoren hinter die Mauern flüchten konnten. Wachtürme überblickten fünf Stadttore; in einem befand sich eine Zisterne, die die Bevölkerung bei einer Belagerung mit Wasser versorgen konnte. Die Gegend war offenbar wohlhabend, der Textilhandel blühte. In der „Ilias“ wird Hektor, der trojanische Held, „Pferdebezwinger“ genannt; nach Knochenfunden zu schließen, war man auf Pferdezucht spezialisiert. Obwohl Troja VI aussah wie in Homers Epos, wurde später klar, dass es eher ein Vorläufer war. Es ging um 1300 v. Chr. zugrunde, wohl durch ein Erdbeben.

Die Bevölkerung baute Troja VIIa aus den Trümmern neu, doch das neue Troja war hastig zusammengezimmert und überfüllt. Die Stadtbevölkerung erwartete offenbar eine Belagerung. Genau das passierte wohl auch. Innerhalb einer Generation brannte Troja VIIa nieder, menschliche Knochen übersäten die Straßen. Wahrscheinlich war dies die Stadt, die Agamemnon zerstörte. „O, wer kann das Gemetzel der Nacht und die Menge der Leichen schildern?“, fragt Virgil in der „Aeneis“. „Wer hat für die Not und Qual hinreichende Tränen? / Ja, jetzt stürzet die Stadt, die manch Jahrhundert geherrscht hat.“

In der griechischen Mythologie verschafften sich griechische Soldaten, versteckt in einem hölzernen Pferd, Zugang zur Stadt Troja. Demnach konnten die Griechen mit dieser List die Stadt einnehmen. Hier ein Nachbau aus Sandstein auf Zypern.

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​Ephesos: Stadt des niedergebrannten Weltwunders

Die antike Stadt Ephesos lag an der Küste der heutigen Türkei günstig am Ende einer wichtigen Handelsroute nach Asien. Der Standort war so begehrt, dass sich in Ephesos über die Jahrhundert eine gefühlt endlose Reihe von Herrschern aus Lydien, Persien, Athen, Sparta, Makedonien und Rom ablöste. Währenddessen bauten die Menschen von Ephesos ihre Stadt zu einer pulsierenden Metropole aus. Zur Blütezeit unter den Römern im 2. Jahrhundert könnten fast 300 000 Menschen dort gelebt haben. Ephesos war bekannt für seine Kultur. Die Ruinen eines mehrstöckigen Amphitheaters schmiegen sich heute noch an einen Berghang.

In der Celsus-Bibliothek mit ihrem imposanten zweistöckigen Eingang lagerten über 12000 Schriftrollen. Frühe christliche Oberhäupter, darunter Apostel Paulus, predigten in der Stadt. Es soll darüber zu einem Aufstand unter den Silberschmieden gekommen sein, deren Handel mit Artemisstatuen keine religiöse Konkurrenz duldete. Der Tempel der Artemis selbst war das Meisterwerk der Stadt. Das an Kunst reiche Gebäude, eines der sieben Weltwunder der Antike, war deutlich größer als der Parthenon in Athen. Der ursprüngliche Tempel wurde vom lydischen Herrscher Krösus im 6. Jahrhundert v. Chr. errichtet und enthielt eine auffällige, vielbrüstige Statue der Göttin. Im 4. Jahrhundert v. Chr. schlich sich ein Epheser namens Herostrat mit ölgetränkten Lumpen in den Tempel und steckte ihn in Brand. Angeblich prahlte er, es des Ruhmes wegen getan zu haben; seitdem bezeichnet man mit „herostratisch“ einen Menschen, der aus Ruhmsucht Verbrechen begeht. Der Tempel wurde wieder aufgebaut, doch die einfallenden Goten zerstörten ihn und einen Großteil der Stadt. Im Jahr 262 versandete der Fluss Kaÿstros, an dem sie lag. So begann ihr Niedergang, bis Ephesos im 14. Jahrhundert vollkommen verlassen dalag.

Die Überreste Pompejis sind teils so gut erhalten, dass man noch die Fresken und Wandmalereien bestaunen kann.

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​Pompeji: Vom Vulkan verschlungen

In Ephesos’ Blütezeit dominierte das Römische Reich das Mittelmeer. Von Vorderasien bis nach Germanien und Nordafrika herrschten römische Kolonien und römische Truppen. Im Sommer 79 war der beliebte Kaiser Titus an der Macht. Freie Bürger in Pompeji, Herculaneum und anderen Städten am Vesuv machten Einkäufe, tranken, jubelten Gladiatoren oder Wagenlenkern zu, entspannten in öffentlichen Bädern und genossen ganz allgemein das süße römische Leben. Am 24. August (vielleicht auch etwas später) war damit abrupt Schluss. Der Vesuv schleuderte in einer gewaltigen Explosion heiße Felsbrocken, Bimsstein und Asche über die nahen Städte, gefolgt von entzündlichen Gasen.

Augenzeuge wurde der Schriftsteller Plinius der Jüngere, der Jahre später schrieb: „Schon fällt Asche auf uns, doch immer noch vereinzelt. Ich sehe zurück. Ein dichter Qualm kommt in unserem Rücken bedrohlich hinter uns her, wie ein auf die Erde ergossener Sturzbach: ,Lass uns ein wenig abbiegen‘, sagte ich, ,solange wir noch sehen, damit wir nicht auf der Straße umgeworfen und in der Finsternis von der Menge niedergetreten werden.‘ Kaum hatten wir uns niedergelassen, als es finstere Nacht wurde, nicht eine mondlose oder wolkenverhangene Nacht, sondern wie wenn in verschlossenen Räumen das Licht ausgelöscht wird. […] Nun hörte man Frauen heulen, Kinder wimmern, Männer schreien; die einen riefen ihren Eltern, andere ihren Kindern oder ihren Gatten; einige erkannten sich an den Stimmen, diese bejammerten ihr eigenes Unglück, jene das ihrer Angehörigen, manche sehnten sich aus Furcht vor dem Tod nach dem Tod. Viele erhoben die Hände zu den Göttern, andere behaupteten, es gebe keine Götter mehr und es sei die letzte und ewige Nacht der Welt gekommen.“

Am Tag nach dem Ausbruch war es totenstill in Pompeji. Der Vesuv hatte die Stadt und Tausende Menschen unter 5,8 Meter Asche und Bimsstein. begraben. Dort ruhten sie bis zum 18. Jahrhundert. Dann förderten Ausgrabungen eine Momentaufnahme der römischen Geschichte zutage. Ans Licht kam eine lebhafte, emsige Stadt, eine Mischung aus Reich und Arm, Frei und Versklavt, Heilig und Profan. Die Reichen lebten in eleganten Villen mit herrlichen Wandbildern, die Arbeitenden in engen Wohnungen. Essen und Wein waren wichtig: In Pompeji gab es rund 200 Cafés und Bars, die relativ gesunde Mahlzeiten aus Brot, Käse, Gemüse und hellem Fleisch servierten. Nach dem Mittagsmahl wusch man sich in öffentlichen Bädern den Staub vom Leib.

Theater und Gladiatorenkämpfe sorgten für Zerstreuung und gelegentlich für Aufruhr: Als 59 im Stadion ein Aufstand ausbrach, setzte man die Gladiatorenspiele für zehn Jahre aus. Andere fanden Unterhaltung in Bordellen. Die Stadt ist so gut erhalten, dass selbst die Graffiti noch zu lesen sind. Pompejis Mauern waren mit eingeritzten Werbebotschaften, politischen Parolen, Wohnungsanzeigen und teilweise rüden Bemerkungen oder obszönen Zeichnungen überzogen: „O Wirt, ich hoffe, deine Betrügereien holen dich einmal ein. Du verkaufst uns Wasser und trinkst den reinen Wein selbst“, heißt es da, oder: „O Epaphras, wie kahl du bist.“ Selbst nach fast 300 Jahren Ausgrabungen ist noch ein Drittel von Pompeji verschüttet und unberührt. Dank neuer archäologischer Techniken warten allerdings auch in den bisherigen Funden neue Erkenntnisse.

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Foto von National Geographic

Dieser Artikel erschien in voller Länge im NATIONAL GEGORAPHIC Special, darunter auch mit Hintergründe zum Untergang der antiken Städte Delos und Akrotiri, das möglicherweise als Vorbild für die Sage um Atlantis diente. Verpassen Sie keine Ausgabe mehr: Sichern Sie sich die nächsten 2 Ausgaben zum Sonderpreis!

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