Berufskrankheit in der Antike: Altägyptische Schreiber hatten Rückenprobleme
Früher wie heute führt übermäßige Büroarbeit auf lange Sicht zu Haltungsschäden. Auch im Alten Ägypten wirkte sich die Schreibarbeit der wenigen ausgebildete Beamten stark auf den Körper aus.

Teil der altägyptischen Skulptur „der sitzende Schreiber", die im Louvre ausgestellt wird. Sie stammt vermutlich aus dem 3. Jahrtausend v. Chr.
Lediglich ein Prozent der Bevölkerung des Alten Ägyptens war in der Lage, die Bedeutung der rund 7.000 bekannten Zeichenkombinationen ägyptischer Hieroglyphen zu erfassen. Lesen und schreiben zu können war ein Privileg, das Männern mit hohem sozialen Status vorbehalten war – und ihnen Ansehen sowie gut bezahlte Anstellungen einbrachte.
Die Schrift zu Papier zu bringen war jedoch mit einigen körperlichen Anstrengungen verbunden. Forschende der Charles Universität sowie der Abteilung für Anthropologie des Nationalmuseums in Prag haben sich in ihrer Studie der Frage angenommen, inwiefern sich die Tätigkeiten der sogenannten Schreiber auf ihre Körper auswirkten. Die Ergebnisse veröffentlichten sie in der Zeitschrift Nature.
Abgenutzte Knochen durch Schreibgerät und Schneidersitz
Zunächst analysierten die tschechischen Wissenschaftler*innen die Gebeine von insgesamt 69 Männern aus der Nekropole von Abusir, die dort zwischen 2700 und 2180 v. Chr. bestattet wurden. 30 von ihnen waren bekanntermaßen Schreiber — davon zeugen Beschriftungen der Gräber. Ihre Knochen verglichen die Forschenden mit Skeletten von Menschen, die den Beruf nicht ausübten und einen niedrigeren sozialen Status hatten.

Schneidersitz statt Schreibtisch: Abbildung der diversen typischen Körperhaltungen der antiken Schreiber.
In Übereinstimmung mit antiken Zeichnungen, die den Beruf des Schreibers mitsamt der diversen gängigen Sitzpositionen abbilden, hatten die Skelette an den verschiedenen Gelenken ausgeprägte Abnutzungserscheinungen. Denn neben dem Schneidersitz war bei den Schreibern vor allem eine kniende Position mit angewinkeltem rechten Bein beliebt. Infolgedessen litten viele der Männer am Verschleiß des rechten Kniegelenkes.
In beiden Positionen waren außerdem die Arme der Schreiber nicht gestützt und ihr Blick stetig gesenkt. Damit einher gingen laut den Forschenden Schmerzen in den Schultern und den Wirbeln, vom unteren Rücken bis in den Nacken. Stundenlanges Halten und Führen der Schreibgeräte überbeanspruchte zudem die Fingergelenke.
Auch die Kiefer der Schreiber wurden in Mitleidenschaft gezogen. Für das Schreiben nutzten die Beamten meist die etwa 20 Zentimeter langen Halme eines Binsengewächses. Um mit den Fasern am Ende des recht harten Pflanzenmaterials schreiben zu können, wurde es mit den Zähnen zerkaut. Laut Studie hat dies zum Verschleiß der Kiefergelenke und des Kauapparats geführt.

Den linken Fuß unterhalb des Gesäßes verschränkt, das rechte Knie angewinkelt, der Nacken und Blick nach unten gerichtet — die Sitzposition während des Schreibens wirkte sich über lange Zeit auf die Gelenke aus.
Folgeerkrankungen der Schreiber
Im direkten Vergleich mit anderen Arbeitern hatten die Schreiber durch das lange Sitzen insgesamt eher mit Bandscheibenvorfällen zu kämpfen. Durch die Überbeanspruchung der Gelenkknorpel litten sie laut Studie zusätzlich vermutlich häufiger an Arthrose. Die größten Schmerzen hatten die Schreiber aber vermutlich in Nacken und Schultern – ähnlich wie Menschen, die heute viel gebeugt über ihrem Schreibtisch sitzen.
