Vom Bärenfell zur Fashionweek: Seit wann gibt es Modetrends?

Kleidung hat sich im Laufe der Zeit extrem verändert. Seit wann wollen wir Menschen modisch sein? Und wo entstanden die ersten Trends?

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 19. Sept. 2024, 08:44 MESZ
Mehrere Personen in Ballkleidern stehen in einem Raum.

Über die Jahrtausende hinweg hat sich wenig so extrem und häufig verändert wie die Mode. Kleidung, wie sie die Gäste eines Balls von Heinrich III. von Frankreich auf diesem Gemälde tragen, war im 16. Jahrhundert extrem modern – und schon ein Jahrhundert später wieder out.

Foto von Public Domain

Aktuellen Studien zufolge entdeckten unsere Vorfahren Kleidung erstmals vor etwa 300.000 Jahren. Zunächst hatte sie nur einen Zweck: die Träger*innen vor Wind und Wetter zu schützen. 

Heute ist das anders: Schon lange ist Kleidung nicht mehr nur Stoff, der warm halten soll. Das Outfit einer Person kann etwas über ihre individuelle und kulturelle Identität aussagen, ihre Zugehörigkeit zu einer Gruppe ausdrücken oder etwas über ihren sozialen Status verraten. Wie kam es zu diesem Wandel?

Inhalt

Kleidung, die ihre Träger*innen schmücken soll

Unsere Mode entwickelt sich seit Jahrtausenden immer weiter. Der Prozess ist dabei nie geradlinig gewesen und verschiedene Trends setzten sich in verschiedenen Ländern und Gesellschaftsschichten anders durch. Bis zu diesem Punkt war es allerdings ein langer Weg – der zunächst mit Schmuck begann.

Während unsere Kleidung anfangs vor allem funktionale Aspekte erfüllte, drückten unsere Vorfahren ihre Identität modisch vermutlich erstmals über Schmuck aus. Das zeigen 150.000 Jahre alte Perlen aus Muschelschalen, die Forschende 2012 im Südwesten Marokkos entdeckten. Die Forschenden vermuten, dass sich die Menschen mit den Perlen schmückten und möglicherweise ihre Gruppenzugehörigkeit oder ihren sozialen Status nach außen tragen wollten.

Galerie: Vom Bärenfell zur Haute Couture – Geschichte der Mode

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    Bis solche Aspekte auch bei der Kleidung eine Rolle spielten, sollte es noch mehrere Jahrtausende dauern. Einer aktuellen Studie zufolge nahmen Kleidungsstücke vor etwa 40.000 Jahren erstmals richtige Formen an. Aus dieser Zeit sind erste Funde von Nähnadeln mit Nadelöhr aus Sibirien bekannt, die den prähistorischen Jäger-Sammler-Gesellschaften eine präzisere Herstellung von Kleidung erlaubten. Laut dem Forschungsteam, das das Aufkommen der Nadeln untersuchte, entkoppelte sich die Funktion von Kleidung zu dieser Zeit erstmals vom Klima. Zum ersten Mal sollte sie den Körper schmücken, anstatt ihn nur zu wärmen, beispielsweise durch das Annähen von Perlen oder kleinen Applikationen. „Die Kleidung wandelte sich so von einer physischen zu einer sozialen Notwendigkeit“, heißt es in der Studie. 

    In Europa kamen solche Nähnadeln erstmals vor etwa 30.000 Jahren auf – und damit wohl auch die erste Kleidung mit ,modischen‘ Elementen.

    Trends im Alten Ägypten und Rom

    Die nächste wichtige Entwicklung, die den Weg für neue Trends ebnete, war die Entdeckung neuer Stoffe wie Leinen oder Schafswolle. Ihren genauen Ursprung kann man bislang nicht konkret zurückverfolgen; man weiß heute aber, dass spätestens die Alten Ägypter und Griechen Leinen für einen Großteil ihrer Kleidung nutzten. Im Alten Ägypten wurde Leinenstoff sogar zum Grundstein einer ersten weitreichenden Textilindustrie.

    Damit stellten die Ägypter die Weichen für Kleidung, die erstmals eindeutig Individualität und sozialen Status ausdrücken sollte und konnte. Die besonderen Looks waren damals allerdings fast ausschließlich den Herrscher*innen und Eliten vorbehalten. Zunächst trugen diese weitestgehend ähnliche Gewänder wie Arbeiter und schmückten sich vor allem mit Perlen. Nach und nach übertrug sich der Wunsch nach einem prunkvollen Aussehen aber auch auf die Kleidung. Der Trend ging zu besonderen Schnitten und Stoffen mit auffälligen Texturen. Darstellungen von Königin Nefertari, der Ehefrau von Ramses II., zeigen die Herrscherin beispielsweise in einem damals beliebten weißen Umhang aus teilweise durchsichtigem Stoff mit Applikationen, gepaart mit einer bunten Kette und Armreifen.

    Nefertari in einem kunstvoll plissierten und mit Fransen besetzten Kleid aus Leinen.

    Foto von Kopie einer ägyptischen Wandmalerei von Nina de Garis Davies

    Modische Outfits aus bunter und opulenter Kleidung entstanden in der westlichen Welt dann erstmals bei den Alten Römern. Diese orientierten sich zunächst noch am Stil der Alten Griechen und trugen vor allem einfache Togas, Tuniken und Stolas. Bald jedoch wurde die Kleidung immer vielfältiger und eleganter – allerdings wieder nur bei den Eliten. Durch immer weitläufigere Handelsnetze, die im 2. Jahrhundert n. Chr. erschlossen wurden, wurden Stoffe wie Baumwolle und Seide aus Indien und Ostasien für die Alten Römer zugänglich. Gleichzeitig wurden Gewänder immer reicher verziert, zum Beispiel mit Stickereien, und sogar eingefärbt. Der römische Kaiser Elagabal, der im frühen 3. Jahrhundert regierte, ist bis heute für seine Vorliebe für goldene und anderweitig gefärbte Seide bekannt.

    Opulente Mode in Europa

    Die eher luftige und freizügige Mode der Antike fand in Europa mit dem Aufkommen der katholischen Kirche schließlich ihr jähes Ende. Sowohl Männer als auch Frauen kleideten sich nun auch, um ihren Körper zu bedecken. Im 14. Jahrhundert kamen außerdem erstmals Hüte als Accessoires in Mode – vor allem die Gugel, deren unverwechselbares Aussehen bis heute das Mittelalter repräsentiert. Aufwändige Schnitte waren – wie bereits in der Antike – noch immer den Eliten, also dem Adel, vorbehalten. Auch im Mittelalter waren hochwertige und edel verzierte Stoffe gefragt.

    Noch opulenter wurde die Mode schließlich während der Renaissance im 15. und 16. Jahrhundert. Zu dieser Zeit spielten Schönheit und Individualität im Gegensatz zum Mittelalter insgesamt eine größere Rolle, vor allem in Bezug auf Kleidung. Gerade die Oberschicht wollte durch ihre Outfits auffallen und ihr Ansehen ausdrücken. Frauenkleider wurden nun erstmals nicht mehr im Ganzen geschnitten, sondern in Rock und Oberteil, auch Mieder genannt, geteilt, sodass mit den Einzelteilen wandelbare Looks kreiert werden konnten. Bei Männern kam die Schamkapsel, eine Art aufwändig gestalteter Hosenlatz, in Mode – sowie Kleidung, die um die Schultern eine weite Silhouette bildete.

    König Heinrich VIII. um das Jahr 1536 in prunkvollem Gewand und mit einer Schamkapsel.

    Foto von WAG 1350, Walker Art Gallery

    Paris als Modezentrum: Geburtsstunde der Haute Couture und der Fashion Weeks

    In Europa spitzten sich all diese Entwicklungen schließlich in Frankreich, insbesondere in Paris, zu – der Stadt, die in der westlichen Welt bis heute als Geburtsort der Mode gilt. Dieses Standing geht zurück bis in das letzte Viertel des 17. Jahrhunderts, in die Zeit Ludwigs XIV. Laut dem Historiker William Sewell sei es die Pracht des Schlosses von Versailles gewesen, die „die Phantasie der Aristokraten in ganz Europa anregte“ und sich auch in der Mode widerspiegelte. In dieser Zeit wurde das Handwerk der Stickerei, Schneiderei und Stoffverarbeitung immer weiterentwickelt und in Frankreich zu einer wichtigen Einnahmequelle. Einflüsse kamen auch hier – ähnlich wie schon im Alten Rom – aus China und Indien. 

    Endgültig wurde Paris schließlich durch Charles Frederick Worth zur Hauptstadt der Mode. Der englische Modeschöpfer gilt heute als Begründer der Haute Couture und durch seine Angewohnheit, seine Kleidungsstücke zu signieren, als Vater der Modelabel. 

    Worth eröffnete am 12. Februar 1858 das erste Modehaus der Welt – die ,Maison Worth‘ in der Rue de la Paix im 2. Arrondissement in Paris – mit der wohl ersten Modenschau der Welt. Zuvor wurde Kleidung hauptsächlich an Schaufensterpuppen in Szene gesetzt. Worth jedoch lenkte den Trend hin zu Models, die neue Kleidung am eigenen Leib präsentierten. Die öffentlichen Vorführungen machten Mode schließlich zu dem, was sie heute ist: ein optisches Zeugnis des Zeitgeistes – mit Kollektionen und Trends, die sich saisonal mehrmals im Jahr ändern.

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