Neun Meilensteine der künstlichen Intelligenz

1950: der Turing-Test
Kann eine Maschine menschliches Denken nachahmen? Diese Frage steht im Zentrum eines Tests des britischen Informatikers Alan Turing (1912-1954). Das Prinzip: Eine Versuchsperson führt eine Unterhaltung über eine Tastatur und einen Bildschirm mit zwei unbekannten Gesprächspartnern – eine davon ist eine Maschine. Findet die Versuchsperson nach der Befragung nicht heraus, welcher von beiden die Maschine ist, hat die Maschine den Test bestanden. Ihr wird damit ein dem Menschen ebenbürtiges Denkvermögen unterstellt. Der Turing-Test kommt bis heute zum Einsatz. Einige KI-Modelle haben ihn bereits bestanden. Allerdings streiten Forschende über die Aussagekraft. Alan Turing indes schaffte es sogar auf eine britische Banknote.
1951: SNARC – der erste Neurocomputer
Ein lustiger Name für eine revolutionäre Maschine: Im Jahr 1951 konstruiert der amerikanische Mathematiker Marvin Minsky die erste Maschine mit einem künstlichen neuronalen Netz – einen sogenannten „Neurocomputer“. SNARC (Stochastic Neural Analog Reinforcement Computer) simuliert das Verhalten von Laborratten und kann den schnellsten Weg aus einem Labyrinth finden. Damit verfügt er über gewisse Lernfähigkeiten. Die Maschine besteht aus 40 Neuronen. Aktuelle Chatbots wie GPT-4 bringen es auf mehr als 100 Billionen solcher Knotenpunkte.
1956: Die Geburtsstunde der künstlichen Intelligenz
Auf einer Wissenschaftskonferenz am Dartmouth College in New Hampshire wird der Begriff der künstlichen Intelligenz geprägt. Der Informatiker John McCarthy spricht erstmals von „artificial intelligence“. Zugleich wird der Grundstein für künstliche Intelligenz als Fachbereich gelegt.
1966: Der erste Chatbot
Zehn Jahre nach der Geburtsstunde der künstlichen Intelligenz sorgt der erste Chatbot für Aufsehen. Eliza reagiert auf Schlüsselworte und antwortet unter anderem mit Fragen oder allgemeinen Phrasen. Erfinder des Chatbots ist der deutsch-amerikanische Informatiker Joseph Weizenbaum. Eliza gehört zu den ersten Programmen, die den Turing-Test durchlaufen. Der Chatbot wird allerdings leicht als Maschine enttarnt.
1997: Künstliche Intelligenz besiegt den Schachweltmeister
Mensch gegen Maschine: Wer gewinnt? Im Jahr 1997 schlägt der Computer Deep Blue den damaligen amtierenden Weltmeister Garri Kasparow im Schach. Ein Jahr zuvor ging das Duell noch zugunsten des Russen aus. In der Zwischenzeit indes hatte der Hersteller IBM seinen Computer mit besserer Hardware ausgerüstet und so leistungsstärker gemacht.
2011: Sprachassistent Siri erobert die Welt
Siri gilt als Mutter der digitalen Sprachassistenten – ähnlich wie Alexa, Cortana und andere erkennt das Tool die natürliche menschliche Sprache und antwortet auf Fragen. Mittlerweile verfügen nicht nur Smartphones über eine Sprachsteuerung. Die Technik steckt längt auch in modernen Fernsehern, Kühlschränken und anderen Smart-Home-Geräten. Ein Sprachassistent kann E-Mails schreiben, Termine einrichten, die Stereoanlage einschalten, die Heizung regulieren und vieles mehr.
2016: KI schlägt Go-Meister
Das asiatische Brettspiel Go ist bekannt für seine nahezu unendliche Vielfalt an möglichen Spielzügen. Viele halten es für komplexer als Schach. Im Jahr 2016 gelingt es dem Computerprogramm AlphaGo, den südkoreanischen Ausnahmespieler Lee Sedol zu besiegen. Die Software verwendet neuronale Netzwerke. Damit ist sie lernfähig. Sie kennt nicht nur alte Spielzüge, findet auch während des Duells immer neue Lösungen.
2022: ChatGPT schreibt eigene Texte
November 2022: Das Unternehmen OpenAI veröffentlicht den Link zu ChatGPT. Auf chat.openai.com können Menschen in Echtzeit mit dem Chatbot schreiben. In Sekundenschnelle liefert er selbst auf komplexe Fragen detaillierte Antworten. ChatGPT kann Lyrik im Stil berühmter Dichter erfinden oder ganze Aufsätze verfassen. Dazu wurde das System mit Abermillionen Texten aus dem Internet gefüttert. Der Textgenerator analysiert die riesigen Datenmengen, indem er berechnet, welche Wörter statistisch gesehen besonders häufig zusammenauftreten. ChatGPT konstruiert seine Texte also nach dem Prinzip der Wahrscheinlichkeit. Damit ist das System aber auch anfällig für Fehler. Eine echte Intelligenz ist es nicht.
2023: GPT-4 – ein Funken Intelligenz?
Die Entwicklung von künstlicher Intelligenz schreitet immer schneller voran: Nur rund drei Monate nach Veröffentlichung von ChatGPT präsentiert Open AI im März 2023 das Nachfolgerprogramm GPT-4. Das System hat seinen Wortschatz erweitert und kann jetzt unter anderem auch mit Bildern und Videos arbeiten. Laut Microsoft zeigt GPT-4 erste „Funken“ von Intelligenz. Das Unternehmen ist wichtigster Partner von OpenAI. Kurz zuvor stellte Google einen eigenen Chatbot namens Bard vor. Auch Bildgeneratoren wie Dall-E oder Midjourney sorgen für Furore.