Stadt der Inka

Vor gut hundert Jahren wurde Machu Picchu vom Archäologen Hiram Bingham wiederentdeckt. Der Besuch dieser Stätte führt in eine der faszinierendsten Kulturen Südamerikas.

Von Siebo Heinken
Veröffentlicht am 19. März 2019, 12:29 MEZ
Cusco
Ruinen, Terrassen und die Gipfel der Anden: Machu Picchu, wohl im 15. Jahrhundert erbaut, zählt zu den schönsten Orten der Inka.
Foto von Colour Box

Wer den beschwerlichen Weg über den Inka-Trail oder den Salkantay-Trail geschafft hat und auf Machu Picchu blickt, kann nicht anders, als überwältigt zu sein. Die Morgensonne lässt die Konturen der Terrassen und der Ruinen sanft hervortreten, Wolkenfetzen hängen am gut 2 700 Meter hohen, wie ein Kegel geformten Huayna Picchu. Vier bis fünf Tage dauert die Anreise hierher, hoch hinauf in die Anden. Sie beginnt in der rund 70 Kilometer entfernten Inka-Hauptstadt Cusco, wie Machu Picchu ein Unesco-Weltkulturerbe und bester Ausgangspunkt für den Besuch der sagenhaften Ruinenanlage, deren Besuch jedes Jahr auf dem Programm von vielen Tausend Reisenden steht.

Wie anders war es, als im Jahr 1911 der Archäologe Hiram Bingham von der amerikanischen Yale University Machu Picchu wiederentdeckte und – unterstützt von der National Geographic Society – erforschte. Bingham hatte von seinem Vater die Grundlagen des Bergsteigens erlernt und sich zum Archäologen ausbilden lassen. Mehrmals reiste er nach Südamerika und hörte von der legendären Inka-Stadt Vilcabama, die so versteckt in den Anden liege, dass nicht einmal die spanischen Konquistadoren sie entdeckten. Auch Bingham fand sie nicht. Dafür aber Machu Picchu, bis dahin das archäologische Äquivalent von El Dorado. „Kaum hatten wir die Hütte verlassen und das Vorgebirge umrundet, als uns ein grandioser Anblick erwartete: treppenförmig angelegte, schön gebaute, mit Steinmauern umgrenzte Terrassenfelder, vielleicht hundert, jedes hundert Meter lang und etwa drei Meter hoch“, schrieb der Forscher. „Sie waren erst kürzlich von den Indios vor dem Dschungel gerettet worden. [...] Plötzlich sah ich vor mir die Mauern zerfallener, in feinstem Inka-Mauerwerk erbauter Häuser. Die waren kaum zu entdecken, weil sie teilweise von in Jahrhunderten gewachsenen Bäumen und Moos überwuchert waren. [...] Es verschlug mir den Atem. Was könnte dieser Ort sein?“

Machu Picchu lag einsam in den wilden Anden, wenige Menschen fanden den Weg dorthin. Für Bingham war es der Beginn einer Faszination, die ihn nie wieder losließ. Seine und die Forschungen vieler weiterer Archäologen ergaben, dass die Anlage im 15. Jahrhundert wahrscheinlich vom König Pachacútec als Landsitz geschaffen worden war – zu einer Zeit, als sich das Reich der Inka vom heutigen Ecuador bis nach Bolivien erstreckte; weitere Machthaber dehnten es später bis ins mittlere Chile aus, über mehr als 5000 Kilometer von Nord nach Süd. Unter Pachacútec wurden Wege und Pfade zu einem 40 000 Kilometer langen Verkehrsnetz ausgebaut, Hängebrücken über Schluchten gespannt, Dämme durch Sümpfe gebaut, Tunnel durch den Fels getrieben. Junge Männer von 16 bis 20 Jahren trugen als Staffelläufer Botschaften von Ort zu Ort, in der Regel verschlüsselt als khipu: ein System von Schnüren mit Knoten, die Kundige wie eine Schrift erstellen und lesen konnten. Gerade mal fünf Tage dauerte es, eine Botschaft etwa über 1600 Kilometer von Quito in die Hauptstadt Cusco zu übermitteln, nicht viel länger über den Inka-Trail nach Machu Picchu: in die schönste Stadt der Inka.

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