Wildnis vor der Haustür: Im Nebelmeer der Sächsischen Schweiz
Der German Roamers-Fotograf Max Muench erzählt, weshalb er auch bei schlechtem Wetter gern durch den Nationalpark seiner Heimat streift.
Wo ist Deutschland am schönsten? Fünf Naturfotografen des Kollektivs „German Roamers“ haben uns ihre Lieblingsorte verraten. Max Muench erzählt von der Sächsischen Schweiz.
Wenn der Nebel über düsteren Tälern wabert und die schroffen Sandsteinfelsen im Regen zum grauen Himmel emporragen, gehen andere enttäuscht nach Hause. Der Berliner Max Muench zückt dann erst recht die Kamera und freut sich über atmosphärische Aufnahmen eines Ortes, den man sonst nur im strahlenden Sonnenschein präsentiert bekommt.
Muench ist eigentlich Komponist und hat an der Berliner Hochschule der populären Künste Musikproduktion studiert. Heute verdient der 27-Jährige sein Geld mit Bildkomposition.
Mit fünf Jahren legten ihm seine Eltern eine Analogkamera unter den Weihnachtsbaum. Seither waren Kameras seine ständigen Begleiter. Vor der Gründung der German Roamers lud er seine Aufnahmen aus dem Stadtalltag auf Online-Portalen hoch, wo sie manchmal von lokalen Zeitungen und Magazinen gekauft wurden.
Ende 2014 hatte er genug von Stadt- und Eventfotografie. Max Muench wollte Landschaften ablichten. Es zog ihn raus aus Berlin und hinein in den Harz, wo er Max Fischer kennenlernte, der ebenfalls Teil der German Roamers werden sollte. Die deutsche Landschaftsfotografenszene in den sozialen Medien war damals noch recht überschaubar, und so vernetzten sie sich mit anderen. Es dauerte nicht lange, bis die Idee für ein gemeinsames Projekt aufkam.
„Wir haben Lust, zusammen rauszugehen, und wir teilen die Liebe für die Natur“, fasst Muench die Beweggründe zusammen. Am 31. Mai 2015, nur wenige Wochen, nachdem er sich der Landschaftsfotografie verschrieben hatte, wurden die German Roamers gegründet.
Die Wanderer im Nebelmeer
Strahlend blauen Himmel sucht man auf ihren Bildern oft vergebens. „Wir haben uns alle bewusst dazu entscheiden, keine Postkartenmotive zu fotografieren“, sagt Muench über die Bildästhetik. Dass viele regionale Tourismusverbände immer noch mit Sonnenscheinbildern für ihre landschaftlichen Ausflugsziele werben, überrascht ihn jedes Mal, wenn er eine Werbung sieht: „Wir zeigen mit unseren Bildern, dass sich eine Reise durch Deutschland bei jedem Wetter lohnt.“
(Wandern auf Europas unbekannteren Pfaden)
Die Fotos von Muench und den anderen Roamers kann man auch als eine Art digitale Weiterführung der Tradition der Romantik beschreiben, deren atmosphärische Landschaftsgemälde eine ähnliche Sehnsucht nach dem wundersamen Zauber der Natur vermitteln. Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“, das zu den bekanntesten Gemälden der deutschen Romantik zählt, passt nicht nur stimmungstechnisch zu den Bildern der Fotografen, sondern zeigt mit der Sächsischen Schweiz auch eine jener Landschaften, die Muench selbst immer wieder ablichtet.
Es ist noch gar nicht so lange her, dass es als altbacken galt, Urlaub in Deutschland zu machen. Für viele war der Campingausflug an den Ostseestrand nur die preiswerte Alternative zum teuren Karibikurlaub. Heutzutage liegen abenteuerliche Wanderausflüge durch spektakuläre Landschaften zwar wieder im Trend, dennoch gelten vor allem Kanada, Neuseeland oder Island als Sehnsuchtsorte für Outdoor-Enthusiasten. Das ändert sich langsam, auch dank der Arbeit von Fotografen wie Muench.
Der Zauber der Sächsischen Schweiz
Die Sächsische Schweiz gehört für den gebürtigen Chemnitzer praktisch zur Nachbarschaft. Sachsens Naturlandschaften seien deutlich abwechslungsreicher, als den meisten Menschen bewusst ist, sagt Muench – auch jenseits der Sächsischen Schweiz. „Ob Erzgebirge oder das Vogtland, die Görlitzer Region, Bautzen oder das Zittauer Gebirge – das sind alles Orte, die mindestens genauso viel zu bieten haben.“ Sie seien nur eben nicht so bekannt wie die Sächsische Schweiz. Vom Naturschutzgebiet Hormersdorfer Hochmoor im Erzgebirge bis zum Lausitzer Seenland nördlich von Bautzen gibt es eine Menge zu entdecken. Letzteres soll bis 2020 die größte künstliche Wasserlandschaft Europas werden.
Galerie: 30 Bilder von den majestätischen Gipfeln unserer Welt
Für alle, die zum ersten Mal in die Region reisen, empfiehlt Muench einen Besuch der zahlreichen Aussichtsplattformen, die nicht ohne Grund so populär seien. Vor allem mit dem Blick auf die Basteibrücke und einer Wanderung auf den Kleinen Winterberg könne man nichts verkehrt machen. Auch die Schwedenlöcher-Schlucht und das Bielatal mit seinen markanten Felsnadeln wie den Herkulessäulen bieten für Wanderer und Kletterfreunde lohnenswerte Ausflugsziele. Auf die Frage, welches Erlebnis in der Sächsischen Schweiz ihm besonders in Erinnerung geblieben ist, lächelt er.
„Jedes Mal, wenn ich mit jemandem da bin, der dort noch nie gewesen ist, ist das Schönste eigentlich immer die Reaktion auf diese unglaubliche Landschaft“, erzählt Muench. „Besonders früh morgens, wenn der Nebel im Tal liegt und dann die Sonne aufgeht, sagen viele oft: Das ist der schönste Sonnenaufgang, den ich jemals gesehen habe.“
Über German Roamers:
Wer spektakuläre Natur sehen will, muss nicht nach Island fliegen. Es reicht ein Ausflug in die Eifel, in den Harz, oder in eine der anderen vielfältigen Landschaften, die oft direkt vor der Haustür liegen. Nach dieser Maxime arbeiten die 14 Fotografen des Kollektivs German Roamers, was übersetzt so viel wie deutsche Wanderer bedeutet. Seit 2015 veröffentlichen sie auf Instagram ihre Naturaufnahmen aus Deutschland und erreichen damit heute über 350.000 Menschen. Damit sind die German Roamers die größten Influencer unter deutschen Outdoor-Fotografen. Zu sehen gibt es mystische Naturaufnahmen und spektakuläre Drohnenschüsse. Unter dem von ihnen etablierten Hashtag #weroamgermany posten mittlerweile auch tausende Hobbyfotografen ihre Aufnahmen deutscher Landschaften.
Hinweis der Redaktion: Die Luftaufnahmen aus der Sächsischen Schweiz wurden aus einem Heißluftballon gemacht. Max Muench und die Nationalparkverwaltung weisen dringend darauf hin, dass das Starten, Fliegen und Landen von Drohnen im Landschaftsschutzgebiet (linkselbisch) und im Nationalpark (rechtselbisch) verboten ist.
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