Roadtrip-Abenteuer: Mit dem Wohnwagen durch den Wilden Westen

Goldsucher, Gesetzlose und frühe Mormonensiedler bahnten sich ihren Weg durch die dramatische Landschaf t Utahs. Und jede Gruppe hinterließ ihre Spuren. Jahrhunderte später gibt es in den Nationalparks immer noch viel zu entdecken.

Von Aaron Millar
Veröffentlicht am 4. März 2024, 11:32 MEZ
Roadtrip durch Utah

Roadtrip durch Utah

Foto von Ian D. Keating / pxhere.com

Die Straße flimmert in der Hitze. Von dort, wo ich stehe, am Rande des Glen Canyons im Herzen der wilden Hochwüste Utahs, schlängelt sie sich durch das Tal bis zum unendlichen Horizont. Das ist der amerikanische Westen. Und präsentiert all seine Merkmale auf einmal: hoch aufragende Monolithen, steil eingeschnittene Schluchten, leuchtende Tafelberge, den gemächlichen Fluss Colorado, der den Himmel wie ein grüner Spiegel reflektiert. Alles unberührt, trostlos, glühend heiß und wild.

In meiner Tasche klimpern Autoschlüssel, die Brise weht vom Canyon herauf und weckt in mir die Abenteuerlust. Amerikanische Roadtrips sind der Stoff, aus dem Legenden gestrickt werden. Sie sind Teil der Seele des Landes, werden in Romanen beschrieben, in Liedern besungen und in Filmen verewigt. Man fährt hier nicht einfach nur – man folgt den Spuren großer amerikanischer Schriftsteller wie Jack Kerouac. Man bricht mit Rebellen wie Easy Rider und Thelma & Louise aus. Die Landschaft wird mit jeder Kurve wilder und entfaltet sich wie die Kulisse eines klassischen Westerns.

​Ein Camper wie aus einem Science-Fiction-Film

Der Hauptdarsteller in meinem Film ist ein silberner Wohnwagen, der in der Sonne glänzt. Der Airstream ist seit 1929 Amerikas kultigstes Campingutensil. Damals beschwerte sich die Frau des Erfinders Wally Byam so lange, dass sie das Campen hasste, bis er ihr einen solchen Trailer baute. Der Wohnwagen sieht aus wie ein Raumschiff aus einem Science-Fiction-Film der Siebziger – cooler kann man nicht unterwegs sein. Vor mir liegen zehn Tage Fahrt durch die Canyon-Landschaft Südutahs, hinter mir der Airstream, vor mir nichts als Freiheit.

Die Reise beginnt im Cassidy-Land. Nachdem Butch Cassidy, einer der berüchtigtsten Gesetzlosen des Westens, 1889 die San Miguel Valley Bank um 20000 Dollar – heutiger Wert etwa 575000 Dollar – erleichtert hatte, tauchte er im heutigen Capitol-Reef-Nationalpark unter. Er hat sich einen wunderschönen Ort ausgesucht. Die frühen Siedler nannten das Gebiet das „Land des schlafenden Regenbogens“, weil die Sandsteinwände und die hohen roten Felsspitzen im wechselnden Licht ihre Farbe ändern.

Ich fahre an riesigen Felsen vorbei, die sich wie die Mauern der Burg eines Riesen über mir auftürmen – Wandteppichen aus Stein gleich leuchten sie in den letzten Sonnenstrahlen des Tages in feurigem Orange. Am Ende einer kurvenreichen, schmalen Straße schnüre ich meine Stiefel und wandere in die Capitol Gorge. Die steile Schlucht ist übersät mit Petroglyphen in Form von Sonnen und Geweihen, gemeißelt vom Volk der Fremont, das in dieser Gegend vor mehr als 1000 Jahren zu Hause war. Weiter unten tauchen auch Inschriften der ersten Goldschürfer und Entdecker auf, die hier vorbeikamen. Fast ein Jahrhundert lang, bis zum Bau des Highway im Jahr 1964, war dies die Hauptroute der Mormonenpioniere.

​Ein Weg der Legenden und Erinnerungen

Sie suchten einen Weg durch den Waterpocket Fold, eine Verwerfung der Erdkruste, die eine 160 Kilometer lange Faltung aus zerklüfteten Klippen und Canyons schuf. Es war ein beschwerlicher Weg, und diejenigen, die ihn zurücklegten, wollten ihre Spuren hinterlassen: „M Larson 1888“, „John Rich 1893“. Ich fahre mit den Händen über die Buchstaben: Dutzende von Leben und Erinnerungen, die sich überlappen, in Stein gemeißelt und mit der Zeit verblasst.

Auf dem Rückweg halte ich bei Gifford Homestead im Fruita Valley, einer historischen Farm aus dem Jahr 1908, die das Leben der frühen Mormonen nachstellt. Fruita trägt seinen Namen zu Recht: Die Farm ist von Obstgärten mit Äpfeln, Aprikosen, Birnen und Pflaumen umgeben. In der Saison kann man sie selbst pflücken, außerhalb werden mit den gelagerten Früchten süße Kuchen gebacken, die in der ganzen Region bekannt sind. Ich sitze vor dem Hofladen – die Pferde grasen auf der Weide, daneben eine Scheune und ein altes Räucherhaus – und beiße in ein Gebäckstück. Rote Kirschfüllung quillt aus dem Blätterteig und läuft mir über die Lippen. Der Historiker Wallace Stegner beschrieb diese Wüstenoase als „ein plötzlich auftauchendes, intensiv grünes kleines Tal – reich an Kirschen, Pfirsichen und Äpfeln“. Das Leben hier war hart, aber auch süß.

Cover National Geographic Traveler 2/24

Foto von National Geographic

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