NASA-Sonde soll das Zentrum der Sonne erforschen

Die Parker Solar Probe soll einige der großen Rätsel um unseren Heimatstern lösen.

Von Nadia Drake
Veröffentlicht am 13. Aug. 2018, 16:09 MESZ
Eine Illustration zeigt die Parker Solar Probe der NASA bei ihrem Anflug an die Sonne.
Eine Illustration zeigt die Parker Solar Probe der NASA bei ihrem Anflug an die Sonne.
Foto von Illustration courtesy NASA, Johns Hopkins APL, Steve Gribben

Fast fünf Milliarden Jahre lang musste die Sonne auf eine Nahaufnahme warten. Nun ist die NASA endlich unterwegs, um das Antlitz unseres Heimatssterns zu berühren.

Nach einigen Verzögerungen startete die Parker Solar Probe am 12. August mit einer Rakete des Typs ULA Delta IV, die sie auf eine Umlaufbahn um die Sonne bringen soll. Die Raumsonde ist mit zahlreichen Instrumenten ausgestattet und wird – natürlich – mit Solarenergie betrieben. Im Verlauf der siebenjährigen Reise wird sich die Sonde also durch die Energie unseres Sterns speisen.

Ihre Mission? Sie soll der Sonne so nah wie nie zuvor kommen und einige jener Rätsel lösen, die uns noch immer beschäftigen.

„Die Sonne verändert sich fortwährend, ist immer in Bewegung und durchlebt Perioden besonderer Heftigkeit“, sagt Alex Young vom Goddard Space Flight Center der NASA. „Sie ist ein unglaublich dynamischer Stern.“

DIE GEBURT EINES STERNS

Seit Millionen von Jahren ermöglicht die Sonne das Leben auf Erden, diente als Anker für Glaubenssysteme und inspirierte Mythen aus aller Welt. Obwohl sie seit jeher ein so grundlegender Bestandteil unserer Existenz ist, verstehen wir noch immer nicht wirklich, wie sie funktioniert.

Schon seit mehr als einem Jahrhundert erforschen Astronomen den Stern unseres Heimatssystems. Sie beobachteten die Sonne in jeder Wellenlänge des elektromagnetischen Spektrums und nutzten dafür Teleskope im Weltraum und auf der Erde, die speziell dafür designt wurden, ihrem blendenden Licht standzuhalten. Aber egal, wie sehr die Wissenschaftler es auch versuchten, sie konnten der Sonne nicht all ihre Geheimnisse entlocken.

Das liegt womöglich auch daran, dass bisher kein Teleskop nah genug an die Sonne kam, um das Zentrum des Sterns zu untersuchen.

„Wir müssen in diese aktionsreiche Region vordringen, in der all die Geheimnisse liegen“, sagt die Projektwissenschaftlerin Nicola Fox vom Johns Hopkins Applied Physics Laboratory.

Die NASA schickt eine Sonde los, die die Sonne "berühren" soll.

IM REICH DER SONNE

Die Sonde wurde nach dem 91 Jahre alten Astrophysiker Eugene Parker benannt, der als erster die geladenen Teilchenströme entdeckte, die wir heute als Sonnenwende bezeichnen. Im Verlauf ihrer Mission soll sich die Parker Solar Probe drei wissenschaftlichen Fragestellungen widmen.

Die Sonnenwinde reichen bis in die äußeren Bereiche unseres Sonnensystems. Dabei beschleunigen sie jedoch von einer relativ sachten Brise in der Nähe des Sterns auf einen rasanten Schwall aus Energie und Materie, der mit Überschallgeschwindigkeit durch den Weltraum peitscht.

Eine der brennenden Fragen der Wissenschaftler ist, was die Sonnenwinde so stark beschleunigt und warum sie so große Geschwindigkeiten erreichen. Dieses Phänomen wird auch Aufschluss über die inneren Prozesse im Stern selbst geben und könnte sogar für Kernfusionsexperimente auf der Erde hilfreich sein.

Die Raumsonde wird außerdem die Sonneneruptionen erforschen, bei denen mitunter gewaltige Mengen Plasma ins Weltall geschleudert werden. Diese geladenen Teilchenwolken erzeugen die schillernden Polarlichter, wenn sie auf die Erdatmosphäre treffen. Allerdings sind sie auch für Astronauten gefährlich und können sowohl Kommunikationssysteme als auch Elektrizitätsnetze stören.

„Wir haben Technologie, wir haben Menschen im Weltraum und wir müssen diesen Ort, durch den wir reisen, verstehen und beschreiben“, sagt Young.

Um diese Geheimnisse zu lüften, muss die Sonde mehrfach durch die Sonnenkorona gleiten – jenen Teil der oberen Atmosphäre, der mit einer Temperatur von 1 Million Kelvin brennt. Genau das ist ein weiteres Sonnenrätsel: Die Wissenschaftler wissen noch nicht, warum die Korona so unglaublich heiß ist, während sich die Sonnenoberfläche stellenweise bis auf 4000 Kelvin abkühlt.

„Warum ist die Korona 300-mal heißer als die Oberfläche der Sonne?“, fragt Fox. 

SUNSET BOULEVARD

Das Vordringen in diesen heißen Bereich ist kein Zuckerschlecken und schlussendlich wird die Raumsonde größere Geschwindigkeiten erreichen als jedes andere Raumfahrzeug, das bisher ins All geschickt wurde. Wenn sie in sieben Jahren ihre letzte Bahn um die Sonne fliegt, wird sie mit etwa 700.000 km/h über die Oberfläche des Sterns rasen – schnell genug, um in weniger als drei Sekunden von Los Angeles nach San Francisco zu gelangen.

Der erste Zwischenstopp auf ihrer Reise ins Herz des Sonnensystems wird ein Vorbeiflug an der Venus im Oktober sein, der bei der Ausrichtung der Sonde auf den Sonnenorbit helfen wird. Und dann „werden wir der Venus im Laufe der siebenjährigen Mission noch sechs weitere Male begegnen, was es uns ermöglichen wird, der Sonne immer näher und näher zu kommen, bis wir nur noch knapp 6,2 Millionen Kilometer von ihrer Oberfläche entfernt sind“, sagt Fox.

Wer findet, dass das nach einem furchtbaren Reiseziel klingt, hat völlig recht. Die Raumsonde ist mit einem fast zwölf Zentimeter dicken Hitzeschild ausgekleidet, der die Instrumente an Bord vor den gewaltigen Temperaturen des Sterns schützen wird. Er besteht aus kohlenfaserverstärkten Kunststoffen und sich abwechselnden Schichten aus Schaumstoffen, Gittern und Platten.

„Die meisten der Instrumente befinden sich im Hauptkörper der Sonde und liegen damit im Schatten des Hitzeschildes“, sagt Fox.

Ein paar werden jedoch hinter dem 72 Kilogramm schweren Schild hervorstehen und wichtige Daten über Magnetfelder, Strahlung, Teilchen und Energie sammeln.

Wenn alles gut läuft, wird die Mission mindestens sieben Jahre dauern. Im Anschluss werden die Missionsmanager der Parker Solar Probe dann ein feuriges Ende bescheren.

„Wenn uns der Treibstoff ausgeht“, so Fox, „wird sich die Sonde zu drehen beginnen. Dann werden jene Teile der Sonde schmelzen, die nicht dafür gemacht sind, dieser Umgebung schutzlos zu begegnen." Während die Sonde immer kleiner und kleiner wird, werden ihre Bestandteile schließlich eins mit dem Stern, den sie erforschte.

 

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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