Wie eine Python ein Krokodil verschlingt

Schlangen fressen regelmäßig Dinge, die 75 bis 100 Prozent ihrer eigenen Größe aufweisen.

Von Jennifer S. Holland
bilder von Tiffany Corlis
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:21 MEZ
Eine Olivpython hält ein Australien-Krokodil im Würgegriff, festgehalten mit einem Mobiltelefon im australischen Queensland.
Foto von Tiffany Corlis, ABC Northwest über EPA

Bei einem harten Kampf im nördlichen Queensland in Australien setzt sich eine drei Meter lange Olivpython gegen ein Australien-Krokodil durch – fotografisch festgehalten von einer Passantin, die das Spektakel zufällig beobachtete.

Wir sprachen mit Terry Phillip, Reptilienpfleger im Reptile Gardens in Rapid City, South Dakota, USA, über die Beziehung zwischen Pythons und Krokodilen und die Einschränkung von Portionsgrößen beim Fressen.

Diese Bilder zeigen zwei scheinbar monströse Tiere beim Kampf, und man könnte glauben, dass die Schlange ihre Mahlzeit später bereut. Hat hier jemand einen ganz besonderen Moment festgehalten, oder ist es einfach ein alltägliches Geschehen in der Wildnis?

Zum einen handelt es sich bei diesen Tieren nicht um Riesen. Die Schlange wiegt wohl um die 7 bis 9 Kilo, und das Krokodil ist vielleicht 2 oder 3 Kilo schwer und rund einen Meter lang. Und für diese Arten, die in diesem Teil Australiens heimisch sind, ist es tatsächlich ein ganz natürliches Ereignis. Was nach einer wirklich großen Mahlzeit aussieht, ist für diese Schlangen nichts Besonderes. Olivpythons sind extrem stark und bekannt für ihre Vorliebe für große Tiere.

Welche Gefahr birgt diese Szene für die Schlange?

Das gefährliche sind die Zähne. Sie könnten sich in die Schlange bohren. Wenn das Krokodil es dann schafft, den Kopf zu schütteln, kann es tödliche Verletzungen verursachen – aber diese Gelegenheit hatte es hier vermutlich nicht. Das ist ein Grund, warum sich Schlangen bei ihren Angriffen bewusst auf die Kopf- und Schulterregion konzentrieren: Sie vermeiden es, selbst gebissen zu werden. Sie beißen direkt hinter dem Schädel zu und rollen sich zusammen, um den Gegner in Schach zu halten. Doch selbst wenn sie gebissen werden: Schlangen haben ein phänomenales Immunsystem und können viele Infektionen überstehen. Wilde Schlangen weisen oft riesige Narben auf; sie stecken von ihrer Beute einiges ein.

Das tödliche Duell zwischen Python und Krokodil geht weiter.
Foto von Tiffany Corlis, ABC Northwest über EPA

Verlässt eine Schlange solche Schlachten immer als Gewinnerin?

Nicht unbedingt. Beide Tiere sind in ihrer Umgebung Spitzenprädatoren. Große Australien-Krokodile fressen kleine Pythons und umgekehrt.

Woher wissen Würgeschlangen wie diese Python, wann sie ihre Beute aus der Umklammerung lassen und verspeisen können?

Schlangen achten sehr genau auf den Herzschlag ihrer Beute. Normalerweise würgen Pythons Tiere, bis sie ersticken und ihr Herz aufhört zu schlagen. Aber Krokodile können lange ohne Sauerstoff überleben. In diesem Fall hat die Schlange vermutlich mit so viel Kraft zugedrückt, dass die Brusthöhle so zusammengeschnürt wurde, dass das Herz des Krokodils keinen Platz mehr hatte, um zu schlagen. Das Tier ist vermutlich nicht erstickt, sondern an einem Herzstillstand gestorben.

Man hört immer wieder, dass Schlangen ihre Kiefer „ausklinken“ oder ausrenken können, um große Tiere zu fressen. Passiert das wirklich?

Nein. Schlangen haben kein Kinn und keinen Kinnknochen, ihre Kiefer sind also nicht so verbunden wie unsere. Sie können nicht ausgerenkt werden. Stattdessen besitzen sie sehr elastische Bänder, die bestimmen, wie weit sich das Maul öffnen kann.

Es scheint, dass Schlangen ihre Beute bewusst vom schmalsten Punkt, also vom Maul her verschlingen. Geschieht das instinktiv?

Hier spielt Instinkt sicher eine Rolle. Dieses besondere Verhalten kann man bei Schlangen in der Wildnis ebenso wie in Gefangenschaft beobachten. Nachdem sie ihre Beute getötet haben, lassen sie sie los und ruhen sich aus. Bevor sie dann anfangen, sie zu verschlingen, suchen sie mit Nasenlöchern und Zunge nach dem Geruch des Speichels ihres Opfers. So finden sie das richtige Ende. Bei Krokodilen gibt es zwar keinen Speichel, aber vielleicht reicht hier der Geruch des Schleims.

Was ist die größte Schlangenbeute, von der sie wissen?

Eine Neuguinea-Amethystpython – eine enge Verwandte der Olivpythons – hat einmal ein Wallaby verschlungen, das ungefähr 110 Prozent ihres eigenen Körpergewichts auf die Waage brachte. Das war ein ordentliches Mahl. Schlangen fressen jedoch regelmäßig Dinge, die 75 bis 100 Prozent ihrer eigenen Größe aufweisen.

Nachdem sie es erdrückt hat, beginnt die Python, das Krokodil vom Kopf her zu verspeisen.
Foto von Tiffany Corlis, ABC Northwest über EPA

Wie interpretieren Sie den Fall in Florida, wo der Körper einer Tigerpython platzte, nachdem sie ein Krokodil gefressen hatte? Hat diese Schlange ihre Kapazitäten überschätzt?

Manchmal hören Schlangen auf, etwas zu fressen, wenn sie merken, dass es zu groß ist. Das passiert jedoch nur selten. In Florida ist Folgendes passiert: Die Schlange hat das Krokodil getötet und im Ganzen verschluckt. Sie hat den Kampf gewonnen. Aber Florida ist nicht die natürliche Umgebung dieser Schlangenart, es ist dort nicht so warm wie in ihrem eigentlichen Lebensraum in Südostasien. Deshalb konnte sie die Beute nicht schnell genug verdauen, sodass diese begann, in ihr zu verfaulen. Dies führte zum Tod der Schlange. Ihr Körper platze nicht, weil das Krokodil zu groß war, sondern aufgrund des Fäulnisprozesses. Zurück nach Queensland.

Wie lang könnte die Olivpython ohne Nahrung auskommen, nachdem sie das Australien-Krokodil gefressen hat?

Olivpythons sind Lauerjäger, die kaum eine Beute auslassen, die ihren Weg kreuzt. Die nächsten zehn Tage wäre sie relativ träge, um zu verdauen, doch im Laufe der nächsten drei Wochen würde sie wieder alles zu sich nehmen, was sie bekommt. Insgesamt ist der Kalorienbedarf dieser Schlangenart aber relativ gering. Sie könnte auch problemlos den Rest der Saison ohne weitere Mahlzeit überleben.

Aus welchen Teilen des Krokodils kann die Schlange Energie ziehen?

Alle Knochen, Organe und das Fleisch werden verdaut und verwertet. Viele Schuppen und die Zähne hingegen werden innerhalb von zwei bis drei Wochen ausgeschieden, denn Keratin, also Horn, und Zahnschmelz sind unverdaulich.

Artikel in englischer Sprache veröffentlicht am 3. März 2014

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