Darum finden wir „hässliche“ Tiere süß

Blobfische, Fingertiere und Springspinnen haben alle das gewisse niedliche Etwas.

Von Liz Langley
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:31 MEZ
KOBOLDMAKI
KOBOLDMAKI Ein Philippinen-Koboldmaki sitzt auf einem Ast. Dieses Tierchen mit den riesigen Augen kann als hässlich-niedlich durchgehen.
Foto von Harri Pekkinen, Alamy

Ist ein Anglerfisch so goldig wie ein Kätzchen?

Manche würden sagen ja – aber auf eine hässlich-niedliche Art. Ben Patten hat die Verrückte Tierfrage der Woche gefragt, was dazu führt, dass Menschen Tiere als niedlich ansehen. Da haben wir beschlossen, uns genauer mit der Psychologie hinter der Tatsache zu befassen, dass wir ein paar wirklich seltsam anmutende Tiere herzallerliebst finden.

Es stellte sich heraus, dass es dieselben Gründe sind, aus denen wir uns üblicherweise auch zu niedlichen Welpen und Häschen hingezogen fühlen: Große Augen und Köpfe, weiche Körper und kindliche Merkmale, die den menschlichen Instinkt auslösen, sich um das Objekt der Betrachtung zu kümmern und es zu beschützen. Die österreichische Ethologe Konrad Lenz nannte das ein „Kindchenschema“.

Hässlich-niedliche Ikonen sind (zumindest laut unserer informellen Umfrage) schläfrig wirkende Faultiere, rehäugige Koboldmakis, Blobfische aus der Tiefsee, der matschig wirkende Wüsten-Regenfrosch Breviceps macrops und knopfäugige Springspinnen.

Die babyhaften Merkmale dieser Tiere lassen uns denken, sie würden „unserer Gesellschaft und Pflege bedürfen“, sagt Joshua Dale, ein Professor für Fremdsprachen und Literatur an der Tokio Gakugei Universität und Co-Autor des Buchs „The Aesthetics and Affects of Cuteness“ (dt. Die Ästhetik und Affekte der Niedlichkeit). Das löst auch „den Schwall herzlicher Emotionen aus, der die Reaktion auf das Kindchenschema ist.“

„GRUSELIG-NIEDLICH“

In Japan, dem Land der Animefiguren mit großen Augen und Hello Kitty, hat das Konzept von hässlich-niedlich seinen eigenen Begriff: kimo-kawaii. Der lässt sich grob mit „gruselig-niedlich“ übersetzen, sagt Hiroshi Nittono, Leiter des Labors für Kognitive Psychophysiologie an der Osaka Universität.

Die Japaner mögen zum Beispiel die Riesenassel so sehr, dass sie sie zu einem Plüschtier gemacht haben, das sich reißend gut verkauft.

Laut Nittono tauchen in einem japanischen Kimo-Kawaii-Bilderbuch Erdmännchen, Choten-gan-Goldfische und die Keulen-Seescheide auf.

Der wesentliche Punkt an kimo-kawaii ist, dass bestimmte Tiere im ersten Moment abstoßend wirken, der Betrachter sie aber „eigentlich interessant findet, sie näher betrachten und mehr über sie erfahren möchte“, sagt Nittono.

Er hat auch entdeckt, dass unsere Obsession mit niedlichen Babymerkmalen einen Vorteil hat: Wir achten auf Details.

In einer kürzlich von Nittono geleiteten Studie verbesserten Studenten, die das Kinderspiel „Operation“ spielten, ihre Feinmotorik, nachdem sie Bilder von Welpen und Kätzchen angesehen hatten. Betrachteten sie nur Bilder von ausgewachsenen Katzen und Hunden, konnte kein Einfluss auf ihre Leistung festgestellt werden.

AYE-AYE!

Das Konzept von hässlich-niedlich erinnert die Psychologin Oriana Aragon von der Clemson Universität das die „So schlecht, dass es gut ist“-Ästhetik, die bei Horrorfilmen und in anderen Bereichen der Popkultur zu finden ist.

Mit anderen Worten: Etwas zu mögen, das die meisten als hässliches Tier betrachten würden, sei „eine spielerische Möglichkeit“, etwas jenseits der Norm zu akzeptieren.

Ihr Beispiel? Das madagassische Fingertier oder Aye-Aye, eine nachtaktive Primatenart mit dürren, krummen Fingern, aber großen und niedlichen Augen. 

Nittono stimmt dem zu und meint, dass Menschen, die ein „hässliches“ Tier sehen, ein Gefühl der „drolligen Niedlichkeit“ empfinden könnten. Das würde nicht die Beschützerinstinkte ansprechen, sondern ein Gefühl von Freude und Unbeschwertheit hervorrufen.

„Kurz gesagt“, so Nittono, „es ist einfach lustig.“

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