Seekuh-Babyboom im Great Barrier Reef

Die gemächlichen Pflanzenfresser sind in Australien dank großer Mengen Seegras wieder auf dem Vormarsch.

Von John Pickrell
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:34 MEZ
Gabelschwanzseekuh
Eine Gabelschwanzseekuh frisst in Vanuatu Seegras. Die Art erholt sich in Australien wieder.
Foto von Mike Parry, Minden Pictures, National Geographic

Gute Neuigkeiten über Australiens angeschlagenes Great Barrier Reef sind selten geworden, aber einige größere Tierarten überleben dort allen Widrigkeiten zum Trotz.

Die Population der Gabelschwanzseekühe verzeichnete laut der jüngsten Luftbildvermessungen im November einen raschen Anstieg im südlichen Gebiet des Korallenriffs.

Zudem scheinen die rundlichen Meeressäuger einen Babyboom zu erleben. Von den 5.500 gezählten Tieren waren laut einem Bericht der Great Barrier Reef Marine Park Authority zehn Prozent Kälber.

Während der letzten Vermessung 2011 hatte man überhaupt keine Kälber entdeckt. Kurz zuvor hatte ein heftiger Zyklon viel Seegras zerstört – die Lieblingsspeise der Pflanzenfresser.

Seitdem haben sich die Seegraswiesen entlang der Küste aber wieder erholt, und mit ihnen die Gabelschwanzseekühe. Weibchen brauchen große Mengen der Pflanzen, um ihre Kälber auszutragen und zu säugen.

Das sind „ausgezeichnete Neuigkeiten für die Art, die von der Weltnaturschutzunion als gefährdet eingestuft wird“, berichtet die Koautorin Susan Sobtzick per Mail, eine Ökologin an der James Cook Universität.

SEEGRASSCHÄDEN DURCH STÜRME

Die Gabelschwanzseekuh ist eine von vier Arten in der Ordnung der Seekühe oder Sirenia und lebt in den seichten Gewässern des Indopazifiks. Die weltweit größte Population ist im Norden Australiens heimisch und erstreckt sich von der Shark Bay im Westen bis zur Morton Bay im Osten.

In der Geschichte waren die langsamen Tiere einfache Beute für Jäger. Heutzutage sind sie hauptsächlich durch Küstenentwicklung, den Rückgang von Seegrasweiden sowie durch Fisch- und Hainetze bedroht, die einige australische Badestrände schützen sollen. In ihnen verheddern sich die Tiere allerdings verhängnisvoll.

Neun Monate nach dem Zyklon Yasi 2011 war „die geschätzte Populationsgröße der Gabelschwanzseekühe die niedrigste seit Beginn der Aufzeichnungen 1986“, so Sobtzick. Wissenschaftler fanden weniger als 600 Tiere. 187 waren Tod oder lagen im Sterben, gestrandet an der Küste.

Ausgedehnte Überschwemmungen infolge des Zyklons spülten Sedimente ins Meer, was wahrscheinlich zum Absterben des Seegrases führte.

Janet Lanyon ist eine Expertin für Gabelschwanzseekühe an der Universität von Queensland, die an dem Bericht nicht beteiligt war. Sie fügt hinzu, dass „Seegras nur wenig Nährwert und Energie bietet und die Seekühe daher große Mengen davon fressen müssen, um ihre Kondition zu erhalten.“

„Die Zukunft sieht nicht gut aus für die Gabelschwanzseekühe, wenn wir weiterhin solche starken Regenfälle und Überschwemmungen in den Küstengebieten haben“, sagt Lanyon weiter. „Wenn der Klimawandel zu häufigeren Wetterextremen führt, wird die Population dieser Seekühe zweifellos darunter leiden.“

Es ist laut Experten unklar, ob die rapide Erwärmung des Ozeans, die zum Ausbleichen und Absterben großer Teile der Korallen im Great Barrier Reef führte, auch negative Folgen für die Seekühe hat.

VORSICHTIGER JUBEL

Eine Zunahme der Baby-Seekühe sei ein „riesiger Grund zum Feiern“, sagt Tooni Mahto von der gemeinnützigen Australian Marine Conservation Society in Brisbane.

Sie mahnt aber auch zur Vorsicht.

„Die Population der Gabelschwanzseekühe dort oben liegt immer noch nur bei drei bis fünf Prozent ihres historischen Werts“, sagt Mahto, die an dem neuen Bericht nicht beteiligt war.

Die Seekühe wurden von der Entwicklung in Queensland schwer getroffen. In Hainetzen zum Beispiel, die um Strände herum ausgelegt wurden, haben sich schon Seekühe verfangen und sind dadurch ertrunken, sagt Mahto.

„Weil Seekühe so eine langsame Erholungsrate haben – sie zeugen nicht viel Nachwuchs –, muss ein Teil der gewachsenen Population im Süden wohl auch durch Migration von weiter nördlich entstanden sein“, fügt sie hinzu.

„Ich denke also nicht, dass die Ergebnisse sagen, dass die Population im südlichen Gebiet explodiert ist. Sie sagen, dass sie sich im Vergleich zu einer zuvor katastrophalen Vermessungssaison vergrößert hat.“

Die Autoren des Berichts stimmen zu, dass sich die Populationen der Seekühe verlagern, wenn die Tiere auf der Suche nach mehr Seegras gen Süden ziehen. Dennoch ist es aber ermutigend, dass die Rückkehr der Pflanzen auch die Seekuhzahlen vergrößert hat.

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