So würde es sich anfühlen, einen T. rex zu streicheln

Proben versteinerter Haut lassen darauf schließen, dass mehrere Tyrannosaurus-Arten eher schuppig als gefiedert waren.

Von Jason Bittel
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:34 MEZ
Versteinerte Hautproben
Diese versteinerte Haut stammt vom Hals eines Tyrannosaurus rex.
Foto von Peter Larson

Wie würde es sich wohl anfühlen, die Hand auszustrecken und einen Tryannosaurus rex zu berühren? Wäre das furchterregende Tier von einem festen Panzer überzogen wie Alligatoren? Hätte es weiches Gefieder wie ein Strauß? Oder befindet sich die taktile Wahrheit irgendwo in der Mitte?

Scott Persons, ein Paläontologe an der Universität von Alberta, hat sich diese Art von Fragen gestellt, seit er ein kleiner Junge war. Es gibt bisher keinen direkten Beweis dafür, dass T. rex Federn hatte. Aber seine gefiederten Verwandten, die in den letzten 20 Jahre ausgegraben wurden, haben langsam aber sicher die Vorstellung verändert, dass alle Dinosaurier kahle, schuppige Monster waren.

Jetzt haben wir dank einer Studie über versteinerte Dinosaurierhaut, die in „Biology Letters“ veröffentlich wurde, vielleicht endlich eine Antwort. Persons und seine Kollegen untersuchten die neuen Hautabdrücke von einem Tyrannosaurus-rex-Fossil, das in der Nähe von Baker, Montana gefunden wurde. Dann verglichen sie die Proben mit anderen Fossilien der Tyrannosaurus-Gattung, darunter Albertosaurus, Daspletosaurus, Gorgosaurus und Tarbosaurus.

Das Team entdeckte ein Muster über alle Tyrannosaurus-Verwandten hinweg: Sie alle hatten Haut, die von kleinen, kieselsteinartigen Schuppen strukturiert wurde – aber kein flaumiges Gefieder.

„Da wir nun vielfach diese Stückchen erhaltener Tyrannosaurus-Haut von verschiedenen Körperregionen gefunden haben, scheint es ziemlich deutlich, dass zumindest der Großteil des T. rex nicht mit Federn bedeckt war“, sagt Persons.

Das soll nicht heißen, dass T. rex völlig federlos war, fügt er hinzu. Aber wenn er denn Federn hatte, dann waren sie vermutlich dünn gesät. Laut Persons deuten unsere besten Belege nun darauf hin, dass die großen Raubtiere „von den traditionellen Reptilschuppen bedeckt waren.“

WO SIND DIE FEDERN HIN?

Es ist natürlich möglich, dass der schuppige Teint des T. rex eher die Ausnahme als die Regel war. Persons sagt, dass es genügend Beweise dafür gibt, dass frühe Tyrannosaurier Federn hatten – auch wenn das deutlich primitivere Strukturen waren als bei heutigen Vögeln.

Das wirf eine interessante Frage auf: Warum sollten sich bei Tyrannosauriern Federn ausbilden, wenn Arten wie der T. rex diese später wieder verlieren würden?

„Ich glaube, dass Größe mit Sicherheit etwas damit zu tun hatte“, sagt Persons.

Wenn ein Tier auf eine größere Körpermasse zusteuert, wird es auch ein größeres Problem, die Körpertemperatur nicht zu hoch werden zu lassen. Wissenschaftler glauben, dass größere Tryannosaurus-Arten lange Beine ausgebildet haben, um ihre Beute zu jagen. Es könnte sein, dass Federn hinderlich dabei waren, den Körper nach einem Sprint wieder herunterzukühlen.

„Wenn man sich wirklich große Landsäugetiere in unserer heutigen Zeit ansieht, also Elefanten, Nashörner, Flusspferde und Kaffernbüffel, dann sind die zwar nicht haarlos, aber haben eben sehr wenig Fell“, sagt Persons.

Auch andere Experten scheinen mit dieser Hypothese übereinzustimmen.

„Große Tiere haben ein Problem beim Wärmeabbau“, sagt Julia Clarke. Die Paläontologin von der Universität von Texas in Austin wird von National Geographic gefördert. „Dass ihr Fell oder Federkleid weniger dicht sein würde, hat man vorhergesagt.“

Clarke fügt hinzu, dass in den größten Vertretern der Tyrannosaurus-Gattung die kahlen Stellen vermutlich auch größer sein würden. „Diese Ergebnisse sind also durchaus sehr sinnvoll.“

Luis Chiappe, der Direktor des Dinosaurierinstituts am Naturkundemuseums von Los Angeles Country, findet die Arbeit ziemlich überzeugend und faszinierend.

„Das sagt uns, dass die Evolution von Federn deutlich komplexer war, als man angenommen hatte“, sagt Chippe in einer E-Mail. „Und das ist auch nicht überraschend. Die Evolution komplexer Strukturen neigt dazu, komplex zu sein!“

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    Es gibt allerdings einen Knackpunkt in der fein säuberlichen Erklärung, dass eine größere Körpergröße auch weniger Federn bedeutet: Ein stolzer Dinosaurier, der im heutigen China heimisch war, trägt den Namen Yutyrannus oder „gefiederter Tyrann“.

    Fossile deuten darauf hin, dass dieser Tyrannosaurus mit federartigen Filamenten protzte, die um die 20 Zentimeter lang waren und den Großteil seines Körpers bedeckten. Und obwohl Yutyrannus kleiner als T. rex war, entsprach die Größe des frühen Tyrannosaurus ungefähr der von Albertosaurus und Gorgosaurus, die beide schuppig waren. Das bedeutet also, dass nicht allein die Größe ausschlaggebend für den Verlust von Federn war.

    Man könne nicht mit Sicherheit sagen, warum ein Tyrannosaurus Federn hatte und ein anderer eher nicht, sagt Persons. Besonders, da laut Schätzungen beide Arten ähnlichen Durchschnittstemperaturen ausgesetzt waren. Aber er und seine Co-Autoren bieten eine mögliche Erklärung: Es könnte sein, dass Yutyrannus ein Waldbewohner war. In einer Welt voller Schatten wäre es daher einfacher für ihn gewesen, sich wieder abzukühlen.

    Das würde auch mit Beobachtungen heutiger großer Säugetiere übereinstimmen, die in Wäldern leben. Java-Nashörner und Asiatische Elefanten haben üblicherweise mehr Haare als ihre Verwandten aus der Savanne.

    „RIESENVÖGEL AUS DER HÖLLE“

    Natürlich ist nicht jeder bereit, die Akte zum Gefieder des T. rex zu schließen.

    „Es würde mich nicht überraschen, wenn einige dieser Dinosaurier, speziell die richtig großen, ihre Gefieder vermindert oder verloren hätten“, sagt Stephen Brusatte. Der Tyrannosaurus-Experte der Universität von Edinburgh wird von National Geographic gefördert. Laut Brusatte wäre es aber vorschnell, daraus zu schließen, dass große Tyrannosaurier wie T. rex völlig federlos gewesen seien.

    „Es braucht ganz bestimmte Umstände, um Weichteile wie Federn zu erhalten. Und soweit wir wissen, wurden diese großen Tyrannosaurier nicht in so einem Milieu erhalten“, sagt er.

    Würde man zum Beispiel Fossilien von Elefantenhaut finden, so Brusatte, könnte man vermuten, dass Elefanten keine Haare hatten, da ihre Haut dick und faltig ist. Wir wissen allerdings, dass Elefanten durchaus Haare haben, Jungtiere sogar deutlich mehr als erwachsene Tiere.

    „Ich glaube nicht, dass wir die Vorstellung von großen, flauschigen Tyrannosauriern schon verwerfen müssen“, sagt Brusatte.

    „Es ist durchaus noch möglich, meiner Meinung nach sogar wahrscheinlich, dass einige der großen Tyrannosaurier flaumige Riesenvögel aus der Hölle waren.“

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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