Warum haben diese rätselhaften Eidechsen grünes Blut?

Prasinohaema virens ist durchweg grün: Knochen, Blut, Gewebe, ja sogar die Zunge zeigen die ungewöhnliche Färbung, deren Ursache eigentlich tödlich sein müsste.

Von Carrie Arnold
Veröffentlicht am 18. Mai 2018, 19:15 MESZ
Prasinohaema virens ist überall grün.
Foto von Christopher Austin, Louisiana State University Museum Of Natural History

Es ist kein Streich der eigenen Fantasie oder eine Vorliebe für Lebensmittelfarbe: Die Eidechsenart Prasinohaema virens ist auf einer Insel in Neuguinea beheimatet und hat wirklich grünes Blut, grüne Knochen und grünes Gewebe. Ein Wissenschaftler ist auf der Suche nach dem Warum.

Christopher Austin ist Biologe an der Louisiana State University und National Geographic Abenteurer. Geweckt wurde sein Interesse zum ersten Mal, als er noch studierte und in der Fachzeitschrift Science eine Studie aus dem Jahr 1969 über merkwürdige Eidechsen mit grünem Blut las.

„Das erregte sofort meine Aufmerksamkeit. Ich begriff, dass sich seitdem niemand mit diesen Eidechsen beschäftigt hatte, um das Wie und Warum hinter dem grünen Blut herauszufinden“, sagte Austin, der die Eidechsen für seine Doktorarbeit an der University of Texas in Austin genau untersucht hat.

WARUM SO GRÜN?

Die Eidechsen findet man fast nur auf der Insel Papua-Neuguinea, einem der weltweiten Hotspots für Biodiversität. Eine Unterart ist auch auf den Salomonen beheimatet.

Als Austin begann, die Tiere in Papua-Neuguinea zu studieren, erkannte er, dass sie „unglaublich hohe Konzentrationen des Gallenpigments Biliverdin besaßen“, erläuterte er.

Bei vielen Tierarten inklusive dem Menschen wird der Sauerstoff im Blut vom Hämoglobin transportiert, das dem Blut seine rote Farbe verleiht. Wenn das Hämoglobin seinen Dienst getan hat, wird es in die Leber transportiert, wo es in Moleküle wie Bilirubin und Biliverdin zersetzt wird.

Diese pigmentierten Bestandteile werden mit der Galle in den Darm ausgeschieden. Biliverdin ist grün und wird zum Beispiel in den grünen Bereichen um einen verheilenden Bluterguss sichtbar. Die hohe Konzentration von Biliverdin im Blut der Eidechsen verleiht ihm seine ungewöhnliche Farbe.

Das Blut der Eidechse (unten) im Vergleich mit rotem Blut (oben).
Foto von Christopher Austin, Louisiana State University Museum Of Natural Science

Die grüne Farbe beschränkt sich allerdings nicht auf ihr Blut. „Das Blut ist grün, die Knochen sind grün, das Gewebe ist grün – selbst ihre Zunge ist grün“, meint Austin.

Bislang ist kein anderes Wirbeltier mit grünem Blut bekannt.

UNGELÖSTEST RÄTSEL

Das ungelöste Rätsel, sagt Austin, besteht darin, dass Biliverdin hochgiftig ist. Wenn Menschen auch nur geringfügig erhöhte Mengen von Biliverdin oder Bilirubin im Blut haben, gilt das als Gelbsucht. Ihre Haut nimmt dann einen gelblichen Ton an.

Das passiert in der Regel bei Leberschäden oder bei Neugeborenen, deren Leber noch nicht begonnen hat, das ausgediente Hämoglobin abzubauen. Wenn der Überschuss von Bilirubin bzw. Biliverdin im Blutkreislauf nicht behandelt wird, kann er tödlich enden.

„Das überrascht wirklich. Bei diesen Konzentrationen von Gallenpigmenten im Blut sollten die Eidechsen eigentlich eine schwere Gelbsucht haben oder sogar tot sein“, erklärte Austin.

Er stellte die Hypothese auf, dass die Eidechsen eine Toleranz gegenüber dem Biliverdin entwickelt haben, weil es einen Schutz gegenüber einer Parasitengattung Plasmodium bietet.

Am bekanntesten sind Plasmodien für das Verursachen von Malaria beim Menschen. Sie können diese Krankheit jedoch auch bei Reptilien und Vögeln hervorrufen. Austin glaubt, dass das Vorhandensein des toxischen Biliverdins statt dem Hämoglobin es für Plasmodien schwerer macht, die Eidechsen zu infizieren.

Um diese Frage zu beantworten, sequenzierte Austin die Genome der Prasinohaema-Eidechsen und verglich sie mit den Genomen von nahe verwandten Eidechsenarten mit rotem Blut. Damit wollte er die genetischen Veränderungen identifizieren, die für die Resistenz gegenüber Plasmodien verantwortlich sind.

Am 16. Mai 2018 erschien schließlich eine Studie von Austin und zwei weiteren Wissenschaftlern, die eine phylogenetische Grundlage für die weitere Erforschung dieses Phänomens schaffen soll und die "komplexe und dynamische Evolutionsgeschichte" des grünen Blutes der Tiere offenbart.

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