Warum leuchten Glühwürmchen?
Der Bauch eines Glühwürmchens war für die Wissenschaft lange Zeit eine Black Box der Biolumineszenz. Mittlerweile kommt ihre Quelle aber sogar in der medizinischen Forschung zum Einsatz.
Glühwürmchen in einer Sommernacht in Tennessee.
Der Bauch eines Glühwürmchens war für die Wissenschaft lange Zeit eine Black Box der Biolumineszenz.
Rund 60 Jahre lang wussten Wissenschaftler, welche Grundstoffe in die Black Box hineinkommen: Sauerstoff, Kalzium, Magnesium und eine natürlich vorkommende Chemikalie namens Luciferin.
Und sie wussten auch, was aus ihr herauskommt: Photonen, also Licht, in Form von gelbem, grünem, orangefarbenem und sogar blauem Flackern. In lauen Sommernächten tanzen die magischen Lichter durch Gärten, Wiesen und Wälder.
Doch bis vor Kurzem waren die tatsächlichen chemischen Vorgänge, die das Licht der Leuchtkäfer (Lampyridae) erzeugen, noch geheimnisumwoben. Aber Wissenschaftler wie Bruce Branchini vom Connecticut College lieben solche Rätsel.
„Die Art und Weise, wie Enzyme und Proteine chemische Energie in Licht umwandeln können, ist ein sehr grundlegendes Phänomen“, sagt er. „Wir wollten wissen, wie dieser biochemische Prozess funktioniert.“
Also machten sich Branchini und seine Kollegen daran, eben diese Frage zu beantworten: Sie fanden ein zusätzliches Sauerstoffelektron, das für das sommerliche Glühen der Käfer verantwortlich ist.
Ihre Entdeckung, die 2015 im „Journal of the American Chemical Society“ veröffentlicht wurde, zeichnete ein detailliertes Bild der chemischen Prozesse, die im Inneren der Leuchtkäfer ablaufen.
Treibstoff aus Luciferin und Sauerstoffradikal
Die konventionelle Erklärung für die Biolumineszenz der Glühwürmchen fanden Branchini und andere Chemiker schon lange problematisch – zumal sie gar nicht funktionieren sollte.
Insbesondere zwei der oben erwähnten Inhaltsstoffe – Sauerstoff und Luziferin – würden nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit auf die Weise miteinander reagieren, die nötig wäre, um Licht zu erzeugen.
Branchinis Experimente zeigten schließlich, dass am Leuchten der Leuchtkäfer ein spezielles Sauerstoffradikal namens Superoxid-Anion beteiligt ist.
Im Englischen werden Glühwürmchen Fireflies (Feuerfliegen) oder lightning bugs (Blitzkäfer) genannt.
„Das Superoxid-Anion ist eine Form von molekularem Sauerstoff, die ein zusätzliches Elektron enthält“, sagt Branchini.
Dieses zusätzliche Elektron sorgt dafür, dass die chemische Reaktion mit dem Luciferin stattfinden kann, die die Forscher im Verdacht hatten. Branchini vermutet auch, dass genau diese Reaktion in der gesamten Natur bei der Biolumineszenz mitwirkt, von Plankton bis zu Tiefseefischen.
Luciferin in der Medizin
„Für mich ist das chemisch gesehen der einzige sinnvolle Weg“, sagt auch Stephen Miller. Der Biochemiker an der University of Massachusetts Medical School erforscht Luciferin und seinen potenziellen Nutzen für die menschliche Gesundheit.
Beispielsweise machte Miller als Teil eines Teams mit Hilfe von Luciferin spezifische Enzyme im Gehirn lebender Ratten ausfindig. Eines Tages könnte diese Technik Ärzten auch tiefere Einblicke in das menschliche Gehirn geben.
Momentaufnahmen: Die Magie der Nacht
Das Luciferin der Leuchtkäfer ist schon heute ein nützliches Hilfsmittel bei bildgebenden Verfahren. Mit seiner Hilfe können Tumore entdeckt und sogar Krebsmedikamente entwickelt werden, erklärt der Hauptautor Branchini.
Schlussendlich „wollen wir aber einfach nur wissen, wie die Natur funktioniert“, sagt er. „Manchmal findet sich dafür eine Anwendung und manchmal nicht.“
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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