Warum Pinguine bedrohter sind als gedacht
Seit ihrer Evolution vom Flugkünstler zum flugunfähigen Seevogel passen sich die Pinguine Klima- und Habitatsveränderungen gekonnt an. Nun könnte ihnen allerdings der Klimawandel zum Verhängnis werden.
Bevor Pinguine zu begnadeten Schwimmern und Tauchern wurden, waren sie tatsächlich fähig zu fliegen. Dies war nicht die einzige Veränderung, die ihre vergleichsweise langsame Evolution mit sich brachte.
Es war ein langer Weg bis zur Entstehung der modernen Pinguinarten, die wir heute kennen: Bereits vor rund 60 Millionen Jahren – lange bevor sie sich in der Antarktis ausbreiteten – verloren die Vögel ihre Flugfähigkeit und entwickelten so eine völlig neue Lebensweise. Auch danach veränderten sich der Körperbau, die Sinnesorgane und das Verhalten der Tiere stetig weiter – sie passten sich in den nächsten Jahrmillionen perfekt an ihre sich verändernde Umwelt an.
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Theresa L. Cole von der University of Copenhagen hat die Evolutionsgeschichte der Pinguine nun in einer Studie, die in der Zeitschrift nature erschienen ist, nachverfolgt. Dabei fanden sie heraus, dass Pinguine trotz dieser ursprünglich vergleichsweise schnellen Anpassung vom Flugvogel zum Landtier insgesamt die langsamste bekannte Evolutionsrate aller Vögel aufweisen – und so durch die aktuellen rasanten klimatischen Veränderungen umso mehr gefährdet sind.
Vom Land ins Meer
Ihren Anfang nahm die Evolution der Pinguine an einem Ort, der heute kaum mehr existiert: auf dem größtenteils versunkenen Kontinent Zealandia. Damals entwickelte sich der Pinguin, wie wir ihn heute kennen, aus einem bisher unbekannten Vorfahren und breitete sich schon lange vor der Bildung von Eisschilden in der Polarregion von Zealandia bis nach Südamerika und in die Antarktis aus. Im Laufe der Erdgeschichte halfen dem Pinguin geologische Veränderungen dann zusätzlich bei der Eroberung weit entfernter Landstriche, beispielsweise als die Eröffnung der Drake Passage vor rund 34 Millionen Jahren für die endgültige Vereisung der Antarktis sorgte. Die Vögel konnten sich in der Polarregion so weiter verbreiten – was schließlich zu der einhergehenden Diversifizierung der Arten führte.
Der Lebensmittelpunkt des Vogels veränderte sich also mit seiner Evolution: Vom flugfähigen Vogel entwickelte er sich zum gekonnten Taucher – in einem immer kälter werdenden Umfeld. Cole und ihr Team, die durch die Kombination von fossilen Aufzeichnungen und Genom-Daten die bislang umfassendste Datenbank für die Pinguin-Evolution erstellt haben, zeigen in ihrer Studie die damit einhergehenden körperlichen Entwicklungen in bisher ungekannter Ausführlichkeit. So passten sich die Körper der Pinguine nach und nach an das Tauchen und die Kälte ihres neuen Lebensraumes an, bis sie schließlich selbst bei extremsten Minustemperaturen eine konstante Körpertemperatur von rund 37 Grad Celsius halten konnten. Auch die Augen der Vögel veränderten sich kontinuierlich, um Unterwasser besser sehen zu können.
Die Gendaten der Forschenden legen zudem nahe, dass sich der Speiseplan der Seevögel ebenfalls verändert haben muss. Durch den vermehrten Verzehr von Unterwasserbeute verringerte sich beispielsweise ihre Geschmackskapazität — lediglich die Unterscheidung von saurem und salzigem Geschmack ist ihnen laut der Studie noch möglich.
“Bereits heute sind Pinguine durch den Klimawandel und Umweltzerstörungen bedroht. Die Hälfte aller noch vorhandenen Arten gelten entweder als gefährdet oder stark gefährdet.”
Die langsamste Evolutionsrate unter den Vögeln
Pinguine haben also eine ganze Reihe von morphologischen und physiologischen Veränderungen durchlaufen und es so geschafft, bis heute zu überleben. „Diese Anpassungen haben es Pinguinen ermöglicht, einige der extremsten Umgebungen der Erde zu kolonisieren“, sagt Cole. Doch die Studie brachte auch ernüchternde Zukunftsaussichten hervor: Die evolutionäre Anpassung der Tiere ist langsamer als bei jeder anderen Vogelfamilie – was ihnen bald zum Verhängnis werden könnte.
Denn durch die voranschreitende Erderwärmung wurde dieser ohnehin langsame Entwicklungsvorgang bereits zusätzlich gedrosselt. Laut Studie ist diese Erkenntnis entscheidend für die Abschätzung, ob Pinguine überhaupt fähig sind, sich der schnell verändernden Umwelt in Zukunft weiterhin anzupassen. „Bereits heute sind Pinguine durch den Klimawandel und Umweltzerstörungen bedroht. Die Hälfte aller noch vorhandenen Arten gelten entweder als gefährdet oder stark gefährdet", so Cole.
Und auch die Zukunftsaussichten sind schlecht. Da die Klimaveränderungen in immer schnellerem Tempo geschehen, wird den Pinguinen ihre gemächliche Evolutionsrate immer mehr zum Verhängnis – trotz ihrer einstigen Fähigkeit, sich Hand in Hand mit klimatischen Veränderungen zu entwickeln.