Alles über den Riesenhai
Die Sichtung eines Riesenhais vor der Küste Kroatiens macht aktuell Schlagzeilen. Hier kommen die wichtigsten Fakten über den gigantischen Meeresbewohner.

- Name: Riesenhai
- Wissenschaftlicher Name: Cetorhinus maximus
- Klasse: Fische
- Gruppenname: Schule
- Durchschnittliche Lebenserwartung: Etwa 50 Jahre
- Größe: Bis zu 10 Meter lang
- Gewicht: Bis zu 4,5 Tonnen
Auf den ersten Blick wirkt der zweitgrößte Fisch der Welt durchaus bedrohlich: Im gigantischen Maul des Riesenhais sitzen sechs Zahnreihen im Oberkiefer und neun im Unterkiefer – insgesamt hat er etwa 1.500 winzige, hakenförmige Zähne. Sein wissenschaftlicher Name Cetorhinus maximus lässt sich grob als „großnasiges Seeungeheuer“ übersetzen.
In Wirklichkeit ist der Hai aber völlig harmlos: Er ist einer von nur drei bekannten Haiarten, die sich durch Filtration ernähren. Das heißt, er frisst Plankton, also winzige Organismen, die im Wasser treiben. Beim Schwimmen lässt er sein etwa einen Meter breites Maul offen stehen, um Wasser aufzunehmen und mithilfe von Kiemenreusen – speziellen Organen, die das Plankton vom Wasser trennen – das Futter herauszufiltern. Weil er seine Zähne nicht zum Fressen einsetzt, vermuten Forschende, dass sie stattdessen im Paarungsverhalten eine Rolle spielen.
Mit einer Geschwindigkeit von etwa drei Kilometern pro Stunde kann ein Riesenhai rund 2.000 Tonnen Meerwasser pro Stunde filtern. Im Gegensatz zu den beiden anderen filtrierenden Haien – dem Walhai, dem größten Fisch der Erde, und dem Riesenmaulhai – ist der Riesenhai ein passiver Filtrierer, der das Wasser nicht aktiv einsaugt.
Früher glaubte man, die Fische würden sich in der Sonne aalen, wenn sie nahe der Wasseroberfläche schwammen. Dieser Annahme verdanken sie ihren englischen Namen: Basking Shark, zu Deutsch „sich sonnender Hai“.
Wo leben Riesenhaie?
Riesenhaie kommen in allen Weltmeeren vor und sind äußerst wanderfreudig. Im Frühling und Sommer zieht es sie zum Fressen in nährstoffreiche Küstengewässer – zum Beispiel an die Westküste Schottlands, zur Isle of Man, an die Küsten im Nordosten der USA und von Kanada. Aber auch im Mittelmeer gibt es immer wieder Sichtungen.
Im Winter sieht man sie hingegen selten. Forschende fanden heraus, dass Riesenhaie nicht – wie früher angenommen – in eine Art Winterschlaf verfallen, sondern sich in tieferen, entlegenen Gewässern aufhalten. So wurden im Sommer in Schottland und nahe der Isle of Man beobachtete Tiere später vor Spanien, Marokko oder den Färöer-Inseln gesichtet. Andere hatten sich in die tiefen Gewässer vor dem schottischen Kontinentalschelf zurückgezogen. Warum die Haie wandern, ist noch unklar. Mögliche Gründe könnten Partner- oder Nahrungssuche sowie die Wassertemperatur sein.
Mithilfe von Satellitensendern konnte gezeigt werden, dass Riesenhaie unglaubliche Tiefen von über 1.000 erreichen. Einige Exemplare tauchten sogar fast 1.500 Meter tief.
Galerie: Fantastische Bilder von Haien

Riesenhaie sind außerdem die größten Haie, die aus dem Wasser springen können. Dabei schleudern sie ihren massiven Körper bis zu viermal hintereinander aus dem Meer. Warum sie das tun, ist noch nicht vollständig geklärt – vielleicht um Parasiten loszuwerden, möglicherweise sind die Sprünge aber auch Teil eines Paarungsrituals. In jedem Fall ist dieses Verhalten für die Tiere sehr energieaufwendig: Ein Sprung kostet bis zu 32-mal mehr Energie als normales Schwimmen.
Fortpflanzung von Riesenhaien
Riesenhaie sind normalerweise Einzelgänger. Nur zur Paarung im Sommer kommen Männchen und Weibchen zusammen. Man vermutet, dass Männchen mit etwa 12 bis 16 Jahren geschlechtsreif werden, Weibchen mit etwa 20 Jahren. Die Paarung wurde noch nie direkt beobachtet, doch Narben auf Weibchen deuten darauf hin, dass die Männchen ihre Zähne nutzen, um sich während des Paarungsakts an ihnen festzuhalten.
Anhand ihres geschätzten Wachstums, der Körperlänge und der Anzahl von Wachstumsringen an den Wirbeln nimmt man an, dass die Tragzeit der Riesenhaie bis zu dreieinhalb Jahre beträgt.
Insgesamt ist über die Fortpflanzung des Riesenhais sehr wenig bekannt: Bis heute wurde nur ein einziges trächtiges Weibchen gefangen und untersucht – im Jahr 1943 vor Norwegen. Während es abgeschleppt wurde, brachte es fünf lebende und ein totes Jungtier zur Welt. Alle Haibabys waren zwischen anderthalb und zwei Metern lang – so groß wie ein ausgewachsener Weißspitzen-Riffhai.
Erhaltungsstatus
Im 20. Jahrhundert wurden Riesenhaie massiv bejagt – wegen ihres Leberöls, das in Lampen, Kosmetika, Parfüms und Schmierstoffen Verwendung fand, sowie wegen ihres Fleisches, ihrer Haut und ihrer großen Flossen. Man schätzt, dass bis zu 100.000 Tiere aus dem Nordatlantik gefischt wurden. Als die Bestände kurz vor dem Zusammenbruch standen, wurde der Haifang in den Neunzigerjahren von vielen Ländern verboten.
Eine Gefahr ist der Mensch für die sanften Riesen trotzdem: Sie verfangen sich in Fischernetzen, werden von Booten gerammt oder nehmen schädliche Mikroplastikpartikel auf. Als langsam wachsende Art, die nur wenige Nachkommen produziert, sind Riesenhaie durch Umweltveränderungen besonders bedroht. Die IUCN hat den Riesenhai auf ihrer Roten Liste darum als „gefährdet“ eingestuft.
Neben Fangverboten helfen der Art auch andere Schutzmaßnahmen: Im Jahr 2020 wurde das Seegebiet der Hebriden vor Schottlands Westküste zum Meeresschutzgebiet erklärt, um die Riesenhaie vor Fischerei zu schützen. Heute zählen sie zu den am stärksten geschützten Haien in europäischen Gewässern.
Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.comveröffentlicht.
SCHON GEWUSST?
Ein parasitärer Fisch namens Neunauge heftet sich manchmal in der Nähe der Begattungsorganen des männlichen Hais, den sogenannten Klaspern. Das macht es für Wissenschaftler*innen schwierig, das Geschlecht des Hais zu bestimmen.
— Basking Shark Scotland
Kurios: Ein Riesenhai ist verantwortlich für den einzigen tödlichen Haiunfall im Vereinigten Königreich. 1937 landete ein aus dem Wasser springender Hai unbeabsichtigt auf einem Boot, das kenterte, wobei drei Menschen ums Leben kamen.
— Shark Attack File
