Alarmsystem für den Regenwald

Mit ausrangierten Mobiltelefonen versucht die „Rainforest Connection“, Abholzungen im Regenwald zu verhindern.

Von Andrea Henke
Veröffentlicht am 7. Juni 2018, 11:10 MESZ
Topher White
"Rainforest Connection" Gründer Topher White. Sein Hightech-Gerät aus alten Smartphones registriert Geräusche von Lastwagen und Kettensägen. Bei der Installation hoch oben in Baumkronen sind die Geräte nahezu unsichtbar.
Foto von Rainforest Connection

Der Klang der Zerstörung ist mit den bloßen Ohren nur aus der Nähe zu hören und der Regenwald zu groß, um ihn mit wenigen Rangern zu schützen. Ein Zufallstreffer, wenn illegale Holzfäller auf frischer Tat ertappt werden. Dabei ist die Abholzung der weltweiten Wälder einer der wesentlichen Faktoren für den Klimawandel. Alle zwei Minuten verschwindet eine Fläche von 35 Fußballfeldern tropischer Regenwald, jedes Jahr insgesamt eine Fläche annähernd so groß wie Bayern. Oft ist die Abholzung illegal. Wenn die Ranger die Waldschäden auf Satellitenaufnahmen oder direkt vor sich entdecken, ist es zu spät – die Holzfäller sind mit dem wertvollen Holz längst über alle Berge.

Der Ingenieur Topher White und seine gemeinnützige "Rainforest Connection" aus San Francisco versuchen nun, das zu verhindern, indem sie an möglichst vielen Stellen des Regenwaldes eine Echtzeitüberwachung installieren. White baut hochempfindliche Mikrophone an ausgediente Smartphones und installiert eine App, die, ähnlich wie „Shazam“ funktioniert. Sie vergleicht die Laute der Umgebung mit Geräuschen, die beim Baumfällen entstehen: Motorsägen, Motorräder und Lastwagen, Angstschreie von Tieren.

Das Smartphone wird wasserdicht verpackt und mit Sonnenkollektoren aus recyceltem Material versehen. Sie benötigen wenig Licht, um den nötigen Strom zu liefern. Auf einer Fläche von drei Quadratkilometern und bis zu einer Entfernung von einem Kilometer kann die App verdächtige Töne aus den vielfältigen Geräuschen des Urwalds filtern. Sobald Fremdgeräusche lokalisiert sind, schickt das Smartphone eine Nachricht mit GPS-Daten an die lokalen Behörden, die direkt eingreifen können. In vielen Bereichen des Regenwaldes gibt es zwar weder Strom noch Wasser, dafür aber einen überraschend guten Handyempfang. Zumindest für gewisse Zeit wirkt die Abschreckung.

Die App ist nicht nur auf die Nebengeräusche von Abholzung programmiert – die Technologie hilft auch, Schüsse von Wilderern oder die Rufe mancher Vögel und anderer Tiere zu erkennen. Topher White sieht in seinem Überwachungssystem großes Potential für Biologen und Ökologen: „Bestimmte Vögel hören auf zu singen, wenn Wanderer durch ihr Gebiet laufen. Wenn sie zwanzig Minuten lang verstummen, ist das nicht wichtig. Wenn sie zwei Stunden lang nicht singen, kann das auf ernste Störungen hindeuten“, sagt White.

Über die App haben Ökologen auch Zugriff auf eine Datenbank, um die Tierwelt an vielen verschiedenen Orten über einen langen Zeitraum zu studieren. Wo sonst Stipendien eingeworben werden müssen, um lange Forschungsaufenthalte zu finanzieren, kann die Forschung jetzt auch im Seminarraum betrieben werden.

Aber auch interessierte Naturliebhaber können sich die App ("RFCx") herunterladen und damit live die Geräusche aus dem Urwald hören. Inzwischen werden White ausrangierte Handys von überall her zugeschickt – sie werden zu geheimen Waffen in Whites Kampf um den Erhalt der Regenwälder.

Topher White wird von der National Geographic Society als Emerging Explorer gefördert. Mehr über solche Unterstützung finden Sie unter nationalgeographic.org/grants

 

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