Die Zeit nach der Kohle
Auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Haus Aden in Bergkamen soll ein besonderer Stadtteil am Wasser entstehen.
Mehr Kohle, mehr Ruhrgebiet als in Bergkamen geht eigentlich nicht: Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts standen auf dem Gebiet der heutigen Stadt nur vereinzelte Gehöfte, dann erreichte der Boom des Ruhrbergbaus auch die kleine Ansiedlung. 1890 wurde der erste Schacht verteuft, also senkrecht angelegt, um an die Lagerstätten der Kohle zu gelangen. Schon 1910 zählte Bergkamen über 5000 Einwohner. Im Laufe des 20. Jahrhunderts vervielfachte sich die Bevölkerungszahl auf knapp 50 000 Bewohner und die Stadt wurde zwischenzeitlich zur größten Bergbaustadt Europas.
Zeche Monopol, Zeche Werne, Zeche Haus Aden, ein angrenzendes Kohlekraftwerk, ein Industriehafen, der Datteln-Hamm-Kanal – das alles erinnert noch an die Kohleförderung, die 2000 eingestellt wurde, lange bevor jetzt der Bergbau im Ruhrgebiet mit der Schließung der Bochumer Zeche Prosper-Haniel nach 200 Jahren endgültig zu Ende geht.
So stand Bergkamen schon vor Jahren vor der Frage: Was tun mit den riesigen Industriebrachflächen? Stolz läuft Bergkamens Bürgermeister Roland Schäfer im Stadtteil Rünthe in einem Bericht des WDR am Hafen entlang. „Dies ist heute der größte Sportboothafen in Nordrhein-Westfalen“, sagt er. 300 feste, ausgebuchte Liegeplätze. Slipanlage, Bootskräne, Winterlager, Sommerlager – alles sei da und werde gut genutzt. Und es soll noch mehr passieren: Auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Haus Aden in Bergkamen soll in den nächsten Jahren ein innovatives und außergewöhnliches Stadtquartier entstehen. Die „Wasserstadt Aden“ soll auf mehr als 56 Hektar neben Flächen zum Arbeiten Freizeitbereiche und Wohnraum für rund 300 Familien bieten. Für die Grundstücke gibt es bislang gut 280 Interessenten, die vor allem die freie Gestaltung der Bebauung attraktiv finden. Über 40 Millionen Euro wird das Projekt kosten.
Damit allerdings das Wohnen am Wasser Wirklichkeit werden kann, müssen die Bergkamener etwas tun, was dem jahrhundertlang betriebenen Löchergraben diametral entgegenläuft: Sie lassen den 6,2 Hektar großen „Adensee“ entstehen. Dafür wird das umliegende Gelände des Zechengrundstücks Haus Aden um bis zu acht Meter angehoben. Eine Million Kubikmeter Bodenmaterial wird benötigt, das in den nächsten Jahren per Lastwagen herangeschafft werden soll. Der Wasserspiegel des Adensees wird so auf gleichem Niveau wie der Datteln-Hamm-Kanal sein, an den er angeschlossen werden soll.
Laut Bebauungsplan sollen dann auf dem See sogar schwimmende Häuser möglich sein.
Für die umweltfreundliche Versorgung der Wasserstadt soll das ansonsten problematische Grubenwasser sorgen. Viele Städte des Ruhrgebiets stehen vor großen Schwierigkeiten: Aus den unzähligen seit etwa 1370 gegrabenen Stollen und Schächten als auch an der Oberfläche muss weiterhin Wasser abgepumpt werden. Würde man das nicht machen, könnte das Wasser die Böden aufweichen und schließlich zum Einsturz bringen. An der Oberfläche würden sich Senken bilden, am Ende wäre das Ruhrgebiet eine riesige Seenlandschaft. Die Kosten für das Abpumpen berechnet die RAG-Stiftung, die für die sogenannten Ewigkeitslasten zuständig ist, mit 220 Millionen Euro - pro Jahr. Im Moment wird an 14 Orten Grubenwasser abgepumpt und in die Flüsse geleitet, in Zukunft sollen es nur noch sechs sein, Haus Aden gehört dazu. Deshalb denken sie in Bergkamen auch darüber nach, dass 20 Grad warme, aus den Gruben gepumpte Wasser zur Energiegewinnung zu nutzen. Blockheizkraftwerke und Wärmepumpen können die Temperatur auf 60 Grad und mehr anheben und damit auch heißes Wasser für Heizungen und Duschen liefern. Bis zu 80 Prozent des Wärmebedarfs der Wasserstadt sollen durch die Grubenwasserwärme gedeckt werden und CO2-Emissionen so niedrig gehalten werden. Dieses Energiekonzept schont also gleichermaßen Umwelt und kommunale Kassen durch geringere Energiekosten.
Der erste Auftrag für die Wasserstadt ist vergeben – das Auffüllen und Modellieren der Zechenbrache kann jetzt beginnen.
Lesen Sie mehr zum Thema Zechenrückbau in Heft 12/2018 des National Geographic-Magazins.