Wie Waldbrände Feuertornados entfachen

Der Klimawandel bringt immer größere Waldbrände mit sich – und diese immer mehr Feuerwolken und -tornados. Wie sie entstehen und warum sie immer häufiger werden.

Von Amy McKeever
Veröffentlicht am 5. Aug. 2021, 11:39 MESZ
Eine Pyrocumulonimbus-Wolke steigt am 31. Januar 2020 über einem Buschfeuer im Orroral Valley im Süden Canberras, ...

Eine Pyrocumulonimbus-Wolke steigt am 31. Januar 2020 über einem Buschfeuer im Orroral Valley im Süden Canberras, Australien, auf. Die Hitze des Feuers, die in die Atmosphäre aufsteigt, verursacht ein eigenes Wettersystem, das die Flammen weiter anfacht.

Foto von Brook Mitchell, Getty Images

Erst kam die Hitzewelle, dann das Feuer: die Mittelmeer-Region steht in Flammen. Sardinien, Südfrankreich, der Nordosten Spaniens und Sizilien machen im Juli 2021 den Anfang, im August brennt es auch in der Türkei und Griechenland.

In 30 der 81 türkischen Provinzen kämpfen Einsatzkräfte gegen die Flammen, besonders hart trifft es die Urlaubsregionen an der Küste der Ägäis –  mindestens sechs Menschen starben hier. Weit über hundert Brandherde werden am 3. August in der ganzen Türkei gezählt und es kommen immer neue dazu, denn starke Winde und Temperaturen über 40 Grad Celsius liefern die perfekten Voraussetzungen für eine rasante Ausbreitung des Feuers, das seit mehreren Tagen anhält.

Auch Griechenland wird von extremer Hitze heimgesucht: Für die erste Augustwoche 2021 wird damit gerechnet, dass in Athen der europäische Hitzerekord von 48 Grad Celsius gebrochen wird, der seit 1977 besteht. Klimaanlagen laufen ununterbrochen auf Hochtouren, das Stromnetz ist überlastet, die Landschaft ausgetrocknet. Eine riesige Rauchwolke steigt über Athen auf, doch auch in anderen Teilen des Landes sind Rettungskräfte im Einsatz und müssen Menschen evakuieren. Mitte der ersten Augustwoche wird von 81 einzelnen Bränden berichtet, auf der Halbinsel Peloponnes ist die antike Stätte Olympia von den Flammen bedroht.

Feuerwetter – eine gefährliche Symbiose

Wind, hohe Temperaturen, Feuer: Wetter und Flächenbrände wie die am Mittelmeer stehen in einer engen Beziehung zueinander. Dass bestimmte Wettersysteme die Waldbrandgefahr erhöhen, ist bekannt: Durch langanhaltend hohe Temperaturen und niedrige Luftfeuchtigkeit trocknet die Landschaft aus, Blitze liefern den ersten Funken, der das Feuer entfacht und schnelle Winde verbreiten die Flammen über das ausgedörrte Gelände.

Doch in ähnlicher Weise, wie eine bestimmte Wetterlage zu Waldbränden führen kann, erzeugen umgekehrt auch die Feuer eigene Wettersysteme. Eines davon ist die Pyrocumulonimbus-Wolke, kurz PyroCb. Die NASA bezeichnet sie aufgrund der Blitze, die sie auf die Erde schleudert, und der Feuerstürme und Feuertornados, die sie auslöst, als „den feuerspuckenden Drachen unter den Wolken“.

Galerie: Kaliforniens apokalyptischer Alltag

Feuerwetter dieser Art steht im Zusammenhang mit vielen großen Flächenbrände der jüngeren Geschichte: Mit dem Black-Saturday-Buschfeuer im Jahr 2009 im australischen Bundesstaat Victoria ebenso wie mit den verheerenden Waldbränden an der Westküste der USA im Jahr 2020.

Vom Feuersturm zur Pyrocumulonimbus-Wolke

Die extrem heiße Luft über den Flammen am Boden steigt schnell auf, wodurch am Boden ein Unterdruck entsteht, der mit großer Kraft Frischluft anzieht. Das Feuer wird durch diesen Kamineffekt angefacht und verbreitet sich rasant: Es entsteht ein Feuersturm. Die heiße, aufsteigende Luft schießt mit einer Geschwindigkeit von bis zu 160 Kilometern pro Stunde in die Höhe und reißt dabei Ruß, Rauch und Asche mit sich. In den kühlen Schichten der Atmosphäre kondensiert die enthaltene Luftfeuchtigkeit aus Brennstoffen und Pflanzen zu kleinen Tropfen, die nun die Feuerwolke bilden. Anders als Cumulus-Wolken, deren Entstehungsprozess nach einem ähnlichen Prinzip verläuft, sind sie jedoch nicht weiß: Die in der Luft enthaltenen Brandpartikel verleihen der Feuerwolke eine gräuliche oder braune Farbe.

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    Foto von Josh Edelson, AFP/Getty Images
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    Foto von Josh Edelson, AFP/Getty Images

    Je größer das Feuer, desto höher steigen Ruß und Rauch – bis in die unteren Schichten der Stratosphäre – und sättigen die Feuerwolke. Durch die fortsetzende Kondensation formen sich in den oberen, sehr kalten Bereichen der Wolke Eiskristalle, die durch Reibung aneinander elektrisch aufgeladen werden: Blitze entstehen, die Feuerwolke wird nun als Pyrocumulonimbus bezeichnet. Ihre Blitze schlagen teilweise in über 30 Kilometern Entfernung zum ursprünglichen Brandherd ein und entfachen dadurch neue Feuer. Die Stürme und Orkanböen, die sie am Boden auslösen, verbreiten alte und neue Feuer sprichwörtlich in Windeseile. Regen, der dabei helfen könnte, die Flammen zu löschen, bringen sie aber so gut wie nie. Der Brand wird unkontrollierbar.

    Wenn sich dann schnelle Aufwinde mit Luftverwirbelungen vermischen, entstehen Feuerteufel, schnell rotierende Feuersäulen, die die Gase im Rauch des Feuers als Brennstoff nutzen. Ein sich selbst erhaltendes System, so lange der Sauerstoffnachschub gewährleistet ist. Feuerteufel erreichen meist einen Durchmesser von weniger als einem Meter mit einer minimalen Geschwindigkeit von 10 Metern pro Sekunde und können großen Schaden anrichten. Außerdem besteht die Gefahr, dass sie zu Feuertornados anwachsen: Hierfür verbindet sich der Feuerteufel mit den Aufwinden der PyroCb, erreicht eine enorme Höhe und weitet seinen Durchmesser aus. Aus der Kleintrombe wird eine Großtrombe, die sich sehr viel schneller als ein Feuerteufel fortbewegt. Die PyroCb kann auch aus eigener Kraft eine solche Großtrombe erzeugen, man spricht dann von einem echten Feuertornado, einem seltenen, aber umso gefährlicheren Phänomen.

    Feuertornado entsteht bei Waldbrand

    Zerstörung durch Waldbrände

    Bei den Black-Saturday-Buschfeuern im australischen Bundesstaat Victoria entstand im Jahr 2009 ein Cluster mehrerer PyroCb-Wolken, die gemeinsam eine Höhe von mehr als 14 Kilometern erreichten und immer neue Feuer entfachten. Die Flammen breiteten sich über eine Fläche von 430.000 Hektar aus – zum Vergleich: Das Saarland hat eine Gesamtfläche von 256.800 Hektar. Mindestens 173 Menschen starben, es war der größte durch Feuer verursachte Verlust an Menschenleben in Australien seit seiner Kolonialisierung im Jahr 1778.

    In der kanadischen Provinz British Columbia kam es 2017 zu noch größeren Waldbränden, verursacht durch fünf gleichzeitig eintretende Gewitter. Der Rauch stieg mehr als 22 Kilometer in die Stratosphäre auf, der schwarze Ruß absorbierte die Energie der Sonne und heizte die Wolke auf, sodass sie weiter und weiter aufstieg. Mehreren Studien zufolge war die Beschaffenheit dieser Rauchwolken vergleichbar mit der von Rauchwolken, die bei einem gemäßigten Vulkanausbruch entstehen. Sie verblieben fast neun Monate in der Atmosphäre.

    Pyrocumulonimbus-Wolken hinterließen auch in Kalifornien ihre zerstörerischen Spuren. Beim Carr-Feuer in der Nähe von Redding im Juli 2018 entstand ein Feuertornado mit einer Geschwindigkeit von mehr als 230 Kilometern pro Stunde. Weitere mögliche Feuertornados wurden im August 2020 in Nordkalifornien gemeldet. Die Waldbrandsaison in diesem Jahr erreichte mit diversen Feuerstürmen einen traurigen Rekord.

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    Am 8. August 2019 machte das Forschungsflugzeug DC-8 der NASA diese seltene Aufnahme einer aufsteigenden PyroCb-Wolke über einem Feuer im Osten des Bundesstaats Washington. Die Wissenschaftler erforschen das Feuer-Phänomen, um seine Verbindung mit der Erderwärmung zu verstehen.

    Foto von Joshua Stevens, NASA Earth Observatory

    Neben der Verwüstung, die sie bringen, verschlimmern Feuerstürme auch die gesundheitlichen Folgen, die Waldbrände für Menschen haben. Die Gase und die Rußpartikel im Rauch der Feuer schädigen die Atemwege und das Herzkreislaufsystem. Da Feuerstürme die Flammen anfachen und verbreiten, entsteht zusätzlicher Rauch und damit größere gesundheitliche Schäden.

    Mehr Feuerstürme durch Klimawandel

    Wissenschaftler erwarten, dass Feuerstürme aufgrund des Klimawandels häufiger werden. Allein im Jahr 2019 kam es in Australien zu mehr Stürmen dieser Art als in den gesamten 20 vorhergegangenen Jahren. Es wird vermutet, dass Feuerstürme für einen großen Teil der Schadstoffe verantwortlich sind, die in den oberen Schichten der Atmosphäre gemessen wurden.

    Doch der Beitrag von Feuerstürmen zum Klimawandel ist noch nicht umfassend geklärt. Noch wird erforscht, ob die Rauchschwaden die Ozonschicht beschädigen, die die Erde vor UV-Strahlen schützt, oder ob sie kurzzeitig zu sinkenden Temperaturen führen können, indem sie, wie man es von Vulkanausbrüchen kennt, die Sonne verfinstern. Welche langfristigen Konsequenzen dieses Phänomen für die Erderwärmung und unseren Planeten hat, wird sich also erst noch zeigen.

    Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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