Australiens Flächenbrände erzeugen gefährliche Feuerstürme

Die apokalyptisch anmutenden Gewitter entstehen durch Flächenbrände. Sie erzeugen Blitze und starke Winde, die die Gluten meilenweit über das Land tragen.

Von Sarah Gibbens
Veröffentlicht am 7. Jan. 2020, 11:59 MEZ
Rauchwolken in Bairnsdale
Am 30. Dezember 2019 wüteten Flächenbrände unter schweren Rauchwolken in Bairnsdale, Australien. Tausende Touristen flohen an der vom Feuer gebeutelten Ostküste des Landes vor den Flammen.
Foto von Glen Morey, Ap

Sie entstehen aus den Rauchfahnen von Waldbränden, die in die Atmosphäre aufsteigen. Dort formen sie sich zunächst als kleine, weiße Wolkengebilde, aber schon binnen 30 Minuten können sie zu gewaltigen Gewittern anwachsen.

„Man kann nicht oft genug betonen, wie dunkel sie werden“, sagt der Brandforscher Nicholas McCarthy von der australischen University of Queensland über die Pyrocumulonimbus-Wolken, die infolge heftiger Flächenbrände entstehen.

Feuertornado entsteht bei Waldbrand

Diese Feuerwolken – Rußpartikel, an denen Feuchtigkeit kondensiert – sind ein gefährliches atmosphärisches Phänomen, das Brände noch verschlimmern kann. Oft treiben die Wolken starke Winde vor sich her, schleudern Glut und lassen Blitze auf bis dato vom Feuer verschonte Flächen niedergehen. Feuerwolken bilden sich infolge sogenannter Feuerstürme: Über Flächenbränden steigt heiße Luft auf, die einen Sog erzeugt. Dieser Sog zieht Frischluft nach, welche wiederum das Feuer noch weiter anfacht – ein sogenannter positiver Rückkopplungseffekt.

Als 2018 der berüchtigte Carr-Brand in Kalifornien wütete, wuchsen Feuerwolken binnen 15 Minuten von 5 auf 11 Kilometer in die Breite und ließen einen Feuertornado entstehen. Auch in anderen Regionen, die mit tödlichen Flächenbränden zu kämpfen hatten, kam es zu solchen Feuerstürmen – unter anderem in Portugal, Texas und Arizona.

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    Ein Satellitenbild der NASA zeigt Wolken und Rauch aus den gewaltigen Feuern in Australien.
    Foto von Joshua Stevens, NASA Earth Observatory, Landsat

    Mit der zunehmenden Erwärmung des Planeten kommt es auch häufiger zu großen Flächenbränden – und die Brandsaisons werden länger. Australien erlebte 2019 seinen bislang trockensten Frühling und sein heißestes Jahr. Kaum verwunderlich also, dass dort auch die gefährlichen Flächenbrände zunehmen. Wissenschaftlern zufolge könnte es auf dem Kontinent auch häufiger zu Feuerstürmen kommen, deren bedrohlicher Rückkopplungseffekt das knochentrockene Land verbrennt.

    Wie und wann genau Feuerstürme entstehen, lässt sich oft aber nur schwer vorhersagen, sagt Mike Flannigan, der an der University of Alberta Waldbrände erforscht.

    „Sie sind unglaublich intensiv und unberechenbar“, sagt er.

    Galerie: Aufnahmen der gewaltigen Waldbrände Kaliforniens

    „Alle Faktoren, die zu diesem Phänomen beitragen, zeigen sich von ihrer schlimmsten Seite, wenn solche Brände auftreten“, sagt David Fromm, ein Experte für Feuerwolken am U.S. Naval Research Lab.

    Dieselben Bedingungen, die zu verheerenden Flächenbränden führen – heiße, trockene Luft und starker Wind –, machen auch die Entstehung von Feuerstürmen wahrscheinlich.

    Wenn sich die Luft über einem Brandherd aufheizt, entsteht ein Aufwind, der den Rauch wie ein Kamin in die Atmosphäre leitet. Wenn die Luft aufsteigt, kühlt sie sich ab, kondensiert und bildet Wolken. Je höher sie aufsteigt, desto wahrscheinlicher ist es, dass daraus ein Gewitter entsteht, erklärt Flannigan.

    „Diese Stürme erzeugen ihr eigenes Windfeld, weil sie so einen starken Aufwind haben. Das ist eine sehr turbulente Umgebung“, erklärt er.

    Wenn sie sich erst einmal geformt haben, ähneln Feuerwolken mitunter heftigen Gewittern. Ein paar wichtige Unterschiede gibt es allerdings: Sie produzieren zumeist Blitze mit positiver statt negativer Ladung. Diese dauern länger an und haben daher mehr Zeit, weitere Brände auszulösen, wenn sie auf dem Boden einschlagen. Feuerstürme bleiben zudem oft über den Bränden hängen, aus denen sie entstanden sind. Am wichtigsten ist aber vielleicht, dass sie nur selten den nötigen Niederschlag produzieren, um so verheerende Brände auch zu löschen.

    „Sie produzieren fast gar keinen Niederschlag“, sagt Fromm. „Das ist das Ironische an den Feuerwolken: Weil sie durch Feuer entstehen, verändert der Rauch die Mikrophysik so sehr, dass sich kein Niederschlag bildet.“

    Die Klimafrage

    Australien hat ein besonders hohes Risiko, die direkten Auswirkungen des Klimawandels zu erleben. Seit 2005 hat das Land die zehn heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen verzeichnet.

    Ob es nun ein Hurrikan, eine Überschwemmung oder ein Flächenbrand ist – bislang können Forscher einzelne Wetterereignisse nicht auf den Klimawandel zurückführen. Stattdessen untersuchen sie Trends, die zeigen, wie sich Wettermuster im Laufe der Zeit verändert haben. Fromm zufolge hat seine Forschung einen solchen Trend bisher noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen, ist aber auch noch nicht abgeschlossen.

    Allein 2019 hat Australien mehr Feuerstürme erlebt als in den letzten 20 Jahren zusammen. Wenn Hitze und Trockenheit im Land anhalten sollten, rechnen Wissenschaftler mit weiteren Feuerwolken.

    Galerie: Tierrettung im Amazonas: Überlebende im Flammenmeer

    „Durch den Klimawandel sollten intensivere Brände entstehen, daher würde man auch mit mehr dieser [Feuer-]Stürme rechnen“, so Flannigan. „Ich erwarte mehr von denen in der Zukunft.“

    In einer Studie aus dem Juli 2019 kamen McCarthy und seine Co-Autoren zu dem Schluss, dass durch den Klimawandel mehr Lebensräume und Menschen in Australien durch Feuerstürme gefährdet sein könnten.

    Bislang unbekannt sind hingegen die Langzeitfolgen solcher Stürme. Forscher wissen bereits, dass sie Brände ausweiten und die günstigen Bedingungen für Brandentstehungen fördern. Aber Fromm zufolge könnten Feuerwolken lokal auch die Sonneneinstrahlung blockieren und damit einen Abkühlungseffekt erzeugen.

    Australien steht noch am Beginn seiner Brandsaison. Laut Meteorologen könnten die Flächenbrände das Land noch monatelang beuteln.

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

     

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