Wie nachhaltig sind Holzhäuser?
Stein auf Stein gebaute Häuser sind in Deutschland traditionell beliebt. Doch Holz und Beton holen auf.
Wie ist es um die Nachhaltigkeit von aus Holz gebauten Häusern bestellt und worauf ist beim Bau zu achten?
In der Hamburger Hafencity wird gerade das mit 19 Geschossen höchste deutsche Haus aus Holz gebaut. Nur Keller und Erdgeschoss sowie der Versorgungskern sind aus Stahlbeton. Mit kuschliger Bullerbü-Romantik hat das Hightech-Gebäude allerdings wenig zu tun. Es könnte dem Bauen der Zukunft den Weg weisen.
Aktuell verursachen Gebäude beim Bau und im Betrieb 16 Prozent unserer CO2-Emissionen; der Sektor hat 2020 als einziger seine Klimaschutzziele verfehlt. Doch wenn mit Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft gebaut wird, könnten Häuser von der Kohlenstoffquelle zur Kohlenstoffsenke werden. Schließlich bleibt das Klimagas so lange gespeichert, wie das Haus steht. Doch wie nachhaltig Holzhäuser wirklich sind, hängt nicht allein davon ab.
Da zählt zum einen der Fußabdruck bei der Herstellung. Hier schneidet das Holzhaus grundsätzlich besser ab als ein Massivbau, denn Ziegel und Beton herzustellen, ist sehr CO-intensiv. Der Vorteil schwindet, je mehr Teile nicht aus Holz sind. Wie weit Holz, Beton oder Ziegel zur Baustelle transportiert werden, spielt in der Ökobilanz nur eine Nebenrolle, auch wenn regionales Holz besser ist als Importholz.
Für den gestressten Wald sind Häuser aus zertifiziertem Holz derzeit keine Gefahr, sagt der Nabu. Die Politik solle lieber die Verbrennung von Holz in Kraftwerken und die Verwendung in kurzlebigen Produkten wie Klopapier und Kaffeebechern stoppen. Dann sei genug Holz zum Bauen da.
Steht das Haus einmal, zählt in puncto Nachhaltigkeit vor allem sein Energiebedarf. Hier kann ein weniger gut gedämmtes Holzhaus dem Massivhaus unterlegen sein, bei dem Stein die Sonnenstrahlung aufnimmt und nachts Wärme abgibt.
Daneben ist auch die Lebensdauer für die Ökobilanz relevant. Früher galt das Holzhaus als anfällig für Pilze und Schimmel. Heute weiß man: Neuere Holzhäuser (ab etwa 1985) sind ähnlich haltbar wie Massivhäuser. Die Lebensdauer hängt mehr von der Bauqualität ab als vom Material. Gut vor Feuchtigkeit geschützt muss das Holzhaus aber sein, sonst drohen teure Reparaturen.
Doch was passiert, wenn nach 80 oder 100 Jahren der Abriss droht? Egal, ob Holz, Ziegel oder Beton: Wichtig ist, dass schon bei der Konstruktion die Wiederverwertbarkeit eingeplant ist, zum Beispiel bei Holz durch Verbindungen, die geschraubt statt verleimt sind – so wie im Hafencity-Hochhaus.
Massiv im Trend
Stein auf Stein gebaute Häuser sind in Deutschland traditionell beliebt. Doch Holz und Beton holen auf. Aktuell machen schwankende Weltmarktpreise die Kalkulation beim Holz aber schwierig. Unklar ist auch, wie der Klimawandel den Markt für Bauholz in Zukunft verändert.
Unser Fazit:
Solange Ziegel und Beton bei der Herstellung viel CO2 verbrauchen, hat Holz in puncto Nachhaltigkeit die Nase vorn. Der Vorteil könnte noch viel größer sein, wenn Altholz nach dem Abriss als Baustoff wiederverwendet statt verbrannt würde. Noch nachhaltiger wäre es dann nur, bliebe der Baum im Wald stehen.
Quellen: Statistisches Bundesamt, NABU, Umweltbundesamt
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