Asteroideneinschlag löste Hai-Massensterben aus

Durch eine Analyse von Haizähnen fanden Forscher heraus, für welche Arten die Katastrophe den Untergang bedeutete – und welche Arten davon profitierten.

Von John Pickrell
Veröffentlicht am 6. Aug. 2018, 13:48 MESZ
Ein versteinerter Zahn von Squalicorax, einem bis zu fünf Meter langen Hai, der am Ende der Kreidezeit ausstarb.
Foto von David Ward, The Natural History Museum

Dinosaurier, Vögel und Flugsaurier waren nicht die einzigen Tiere, die vor 66 Millionen Jahren infolge eines gewaltigen Asteroideneinschlags starben. Forscher haben herausgefunden, dass Haie ihr Schicksal teilten. Mit den großen Raubfischen starb die dominante Gruppe kreidezeitlicher Meeresbewohner.

Während die Dinosaurier über die Landmassen stampften, zogen riesige Meeresreptilien und eine große Vielfalt an Haien durch die Meere. Einige dieser Haie aus der Familie der Anacoracidae ernährten sich von Weichtieren und Reptilien. Wie Wissenschaftler in „Current Biology“ berichteten, könnte der Verlust dieser Beute durch den Asteroideneinschlag zu ihrem Aussterben beigetragen haben.

Prähistorische Haie, die sich von Meeresreptilien ernährten, verschwanden vor 66 Millionen Jahren, als ihre Beutetiere – wie der bis zu 18 Meter lange Mosasaurus, hier im Hintergrund abgebildet – ebenfalls starben.
Foto von ILLUSTRATION BY JULIUS CSOTONYI

„Subtile, aber wichtige Veränderungen könnten die Grundlage für die spätere Ausbreitung der Carcharhiniformes oder Grundhaie gebildet haben, die heutzutage die vielfältigste Ordnung der Haie darstellen“, sagt Nicolás Campione. Der Co-Autor der Studie ist ein Paläontologe der University of New England in Armidale, Australien. „Nach dem Aussterben gediehen die Carcharhiniformes [...] und wir vermuten, dass Veränderungen in der Nahrungsverfügbarkeit bei dieser Verschiebung eine wichtige Rolle spielten.“

Haiskelette bestehen größtenteils aus Knorpelgewebe, das nur schlecht versteinert und die Erforschung alter Haie damit erschwert. Stattdessen untersuchte das internationale Autorenteam hinter der Studie etwas dauerhaftere Körperteile. Die Forscher analysierten hunderte Haizähne aus fossilen Ablagerungen, die aus Zeiten vor und nach dem Massensterben stammen. Auf diese Weise wollten sie herausfinden, wie sich die Zahl und Form der Haizähne im Laufe der Zeit verändert hatte. Allgemein deuten breite, dreieckige Zähne auf eine Schneidefunktion hin, die für den Verzehr größerer Beute nützlich ist, während dünnere, längere Zähne eher eine Greiffunktion innehaben, die für den Verzehr von Fischen wichtig ist.

„Die Studie liefert gute Argumente für die Untersuchung von Haifossilien im Zuge des Massensterbens am Ende der Kreidezeit“, sagt William E. Bermis, der Kurator für Icthyologie am Wirbeltiermuseum von Cornell in Ithaca, New York. Er selbst war an der Studie nicht beteiligt.

„Haie liefern uns insbesondere einen Einblick in die Veränderungen der Meeresökosysteme, als ganze Gruppen von Meeresreptilien ausstarben. Meeressäuger füllten schließlich einige dieser Lücken, während sich Knochenfische rasant ausbreiteten“, erzählt er.

Heutzutage gibt es zwei große Gruppen von Haien. Das eine sind die Grundhaie, zu denen auch Bullenhaie, Tigerhaie und Hammerhaie gehören. Mit über 250 Arten stellen sie die artenreichste Gruppe dar. Mit nur noch 15 bekannten Arten stellen die Makrelenhaiartigen (Lamniformes) die zweitgrößte Gruppe dar.

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    Aber während der Kreidezeit war dieses Verhältnis genau umgekehrt. Damals waren Makrelenhaiartige – insbesondere die artenreiche Gruppe der Anacoracidae – den Grundhaien zahlenmäßig überlegen. Eine furchterregende und gedrungene Art namens Squalicorax, die bis zu fünf Meter lang werden konnte, ernährte sich womöglich von großen Meeresreptilien.

    Kleine Arten der Plesiosaurier und Mosasaurier – darunter Plioplatecarpus und Prognathodon – waren für Haie wie den Squalicorax vermutlich leichte Beute. Eines der verbreitetsten Meeresreptilien, das sich am Ender der Kreidezeit noch in den Meeren tummelte, war der Mosasaurus. Mit bis zu knapp 18 Metern Länge war er wahrscheinlich zu groß, um Squalicorax fürchten zu müssen. Tatsächlich hat dieser Spitzenprädator wohl selbst Jagd auf Haie gemacht. Campiore zufolge hat Squalicorax sich wohl aber an den Kadavern toter Mosasaurus-Exemplare vergangen und Jungtiere gejagt, die so groß wie er selbst oder kleiner waren. Womöglich standen auch Ammoniten auf seinem Speiseplan – große Kopffüßer mit einem spiralförmigen Gehäuse.

    Als die großen Beutetiere der Makrelenhaiartigen nach dem Asteroideneinschlag plötzlich verschwanden, folgten ihnen bald darauf die ihrer Nahrungsquelle beraubten Haie. Vermutlich starben bis zu 34 Prozent aller damals lebenden Haiarten aus. Viele der Haie, die an ihre Stelle traten, waren Fischfresser und die Vorfahren der meisten heutigen Haie.

    „Beim Massensterben am Ende der Kreidezeit starben viele Meeresreptilien und Kopffüßer, die eine wichtige Nahrungsquelle für Anacoracidae wie den Squalicorax waren“, so Campione. „In der Welt nach dem Massensterben erlebten dann die Knochenfische ihren Aufstieg. Die Anacoracidae, die sich vorwiegend von großen Meerestieren ernährten, waren während der Zeit des Massensterbens eher schlecht aufgestellt, während sich Arten wie kleinere Glatthaie, die sich hauptsächlich von Fisch ernährten, gut schlugen.“

    Wissenschaftler untersuchten alte Haizähne. Da Haiskelette aus Knorpeln bestehen und kaum versteinern, stellen die stabileren Zähne eine wichtige und verlässliche Informationsquelle dar.
    Photograph By Mohamad Bazzi

    Spannend sei, dass die Vielfalt der Zahnformen sowohl vor dem Ereignis zum Ende der Kreidezeit als auch danach etwa gleichblieb, sagt Michael Coates, ein Experte für die Evolution von Fischen an der University of Chicago. „Im übertragenen Sinne kann man sagen, die Show muss weitergehen, aber eben mit einer neu durchmischten Besetzung [...] Die Nachfolger scheinen nach dem Massensterben fast die gleichen Nischen des Ökosystems zu besetzen, in denen sich zuvor die Opfer des Massensterbens befanden.“

    Es sei „eine schöne Studie, die ein paar Details in das sich langsam formende Bild von zwei großen Wirbeltiergruppen bringt, die vom Massensterben am Ende der Kreidezeit betroffen waren und sich wieder erholten“, fügt er hinzu. „Die Studie beschränkt sich zwangsläufig auf die Haizähne im Fossilbericht, da Fossilien von Haikörpern extrem selten sind. Aber Zähne sind ein nützlicher Indikator dafür, welche Arten vorhanden waren und fortbestanden.“

    Durch die Untersuchung der Zähne konnten die Forscher „einen Blick auf das Leben ausgestorbener Haie erhaschen“, sagt Campione. Mindestens 50 Prozent aller heute lebenden Haiarten sind bedroht oder rückläufig. „Wenn man versteht, was in der Vergangenheit zum Aussterben von Haien führte, erhält man womöglich Hinweise darauf, wie man verhindern kann, dass sie das gleiche Schicksal teilen“, fügt er hinzu.

     

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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