So könnte das Ende der Welt aussehen

Ein kürzlich entdeckter Felsbrocken, der um einen weißen Zwergstern kreist, könnte Aufschluss darüber geben, wie unser Sonnensystem in 5 Milliarden Jahren aussehen wird.

Von Catherine Zuckerman
Veröffentlicht am 5. Apr. 2019, 17:29 MESZ
In dieser Zeichnung des neu entdeckten Systems umkreist das Fragment eines Planeten einen weißen Zwergstern.
In dieser Zeichnung des neu entdeckten Systems umkreist das Fragment eines Planeten einen weißen Zwergstern.
Foto von University of Warwick/ Mark Garlick (Illustration)

Im Jahr 1995 wurde eine der größten kosmischen Fragen aller Zeiten beantwortet: Mit Hilfe eines Teleskops auf der Erde empfing man ein schwaches, unstetes Signal aus hunderten Lichtjahren Entfernung. Das Teleskop hatte den ersten Exoplaneten entdeckt, der um einen sonnenartigen Stern kreiste. Diese bahnbrechende Erkenntnis bewies, dass es in der Tat Planeten außerhalb unseres Sonnensystems gibt – und lieferte Hinweise darauf, dass es da draußen noch viel mehr von ihnen gibt.

Bislang fanden Astrophysiker annähernd 4.000 Exoplaneten, die in der Milchstraße um Sterne kreisen. Wie unsere Sonne befinden sich diese Sterne in der Regel auf der sogenannten Hauptreihe. Während dieses Milliarden Jahre langen Zeitabschnitts des Wasserstoffbrennens im Kern des Planeten scheint er hell, heißt und gesund.

Nun hat eine Gruppe von Wissenschaftlern ihre Forschung jedoch auf ein Planetenfragment fokussiert, das um einen weißen Zwergstern kreist: Ein ausgebrannter Stern kurz vor seinem Tod. Kürzlich berichtete das Wissenschaftsmagazin Science über die neuen Erkenntnisse. Sie bieten einen kleinen Ausblick auf das mögliche Schicksal der Erde, wenn unsere Sonne irgendwann zu sterben beginnt.

Wissen kompakt: Exoplaneten
Ferne Welten jenseits unseres Sonnensystems regen zu Spekulationen darüber an, ob wir allein um Universum sind. Welche Arten von Exoplaneten gibt es, wie kann man sie aufspüren und wie viele fremde Welten verstecken sich wohl in der Milchstraße?

Unter Leitung von Astrophysiker Christoper Manser von der University of Warwick entdeckte das Team das felsige Objekt durch eine Technik namens Spektroskopie. Bei dieser werden die verschiedenen Wellenlängen des Lichts gesammelt und analysiert, die die Scheibe, die den weißen Zwerg umgibt, aussendet. Die Technik wurde hier zum ersten Mal angewendet, um ein planetarisches Objekt, das um einen weißen Zwerg kreist, zu identifizieren.

Mithilfe des Gran Telescopio Canarias auf der Kanareninsel La Palma konnte das Forscherteam die „Farbe des Lichts beobachten, die das Kalzium in der Scheibe aussendet und das Spektrum alle zwei bis drei Minuten aufzeichnen“, gibt Manser in einer Email an. Diese Methode erlaubte es dem Team, selbst minimale Farbveränderungen in der Scheibe zu dokumentieren, während sich der Stern näher zur Erde und wieder fort bewegte. Diese Farbveränderung nennt man Doppler-Verschiebung und sie ist dem akustischen Doppler-Effekt ähnlich, der beispielsweise hörbar wird, wenn der Sirenenton eines vorbeirasenden Polizeiautos sich scheinbar verändert.

„Diese Farbveränderung half uns dabei, innerhalb von zwei Stunden das Planetesimal zu entdecken, das die Scheibe umkreist“, sagt Manser. Das Team bestimmte das Objekt als Planetesimal, da es relativ klein ist.

Planetarische Rekonstruktion

Die Wissenschaftler studieren Exoplaneten hauptsächlich deshalb, um mehr über die Evolution unseres eigenen Sonnensystems zu erfahren. Wenn dieses Planetesimal einst der Erde ähnlich war, wovon Manser ausgeht, sieht das Ende düster aus.

Als dem Stern des Planetesimals der Treibstoff ausging und er begann, sich auszudehnen – wie es die meisten sonnenartigen Sterne tun, wenn sie ihr Lebensende erreichen – rissen die enormen Gravitationskräfte alle Planeten im näheren Orbit auseinander. Dadurch wurden diese auf ihre felsigen, von Scheiben aus Trümmern umgebenen Kerne reduziert. Manser vermutet, dass auch die Erde einem ähnlichen Schicksal entgegenblickt.

„Wenn der Sonne irgendwann in etwa fünf Milliarden Jahren der Treibstoff ausgeht und sie sich ausdehnt, wird sie den Merkur, die Venus und höchstwahrscheinlich auch die Erde verschlingen“, meint er. „Aber der Mars und andere Himmelskörper wie Jupiter, Saturn, der Asteroidengürtel und so weiter sollten den Vorgang überleben. Sie werden sich dann wohl allerdings auf einem etwas größeren Radius bewegen, da einige von ihnen an Masse verlieren werden und die Sonne schließlich zum weißen Zwerg wird.“

Es gibt wohl jedoch auch etwas Positives daran, erklärt Lisa Kaltnegger, Astrophysik-Professorin und Direktorin des Carl Sagan Institutes an der Cornell University, die nicht an Mansers Forschungsprojekt beteiligt war. Wenn Plantesimale in ihrem Orbit um weiße Zwergsterne aufeinanderstoßen, könnten sie irgendwann zu stabilen Planeten miteinander verschmelzen. Ihre Studien dieser Möglichkeit legen nahe, dass diese rekonstruierten Welten sogar bewohnbar sein könnten.

„Wir haben gezeigt, dass auf so einem Planeten für Milliarden von Jahren angenehme Umweltbedingungen herrschen könnten, nachdem der weiße Zwerg sich weiter abgekühlt hat“, schreibt sie in einer Email. Zwar wird es der Oberfläche des neuen Planeten durch die dramatischen Umstände seiner Geburt wohl zunächst an Wasser fehlen; doch das lebensspendende Nass könnte durch Einschläge von wassertragenden Kometen zurückgebracht werden. Dadurch „erhält man statt eines heißen, trockenen Zombieplaneten einen Himmelskörper, an dem das Leben möglicherweise wieder von neuem beginnen kann“, sagt sie.

„Dieses Paper legt das erste Puzzlestück auf der Suche nach Antworten auf die Frage, wie aus Planetesimalen um junge Weiße Zwerge richtige Planeten werden.“

Im Augenblick hofft Manser, die Spektroskopie auch auf andere Sternensysteme anwenden zu können, in denen Gasscheiben zu finden sind. In diesen könnten sich noch mehr Planetesimale befinden, die laut seiner Aussage unser Verständnis von planetarischen Lebenszyklen vertiefen können. „Die wollen wir als nächstes jagen.“

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