Zahnwachstum & Co: Vier bizarre Einsatzmöglichkeiten für Urin
Wissenschaftler finden immer wieder neue kreative Einsatzmöglichkeiten für ein vermeintlich nutzloses Ausscheidungsprodukt.
Die Wissenschaft treibt manchmal seltsame Blüten. Bei Experimenten in China konnten Forscher beispielsweise Zähne mit Zellen aus menschlichem Urin nachwachsen lassen. Als wäre das noch nicht bizarr genug, züchteten sie diese Zähne in Mäusenieren.
Unter der Leitung von Duanqing Pei von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Guangzhou wandelten Forscher Zellen aus menschlichem Urin in pluripotente Stammzellen um. Diese Stammzellen, die sich potenziell zu jedem Zelltyp des menschlichen Körpers weiterentwickeln können, wurden dann mit Zahngewebe aus Mäuseembryos gemischt und in Mäusenieren implantiert.
Der ganze Prozess benötigte nur ein paar Wochen: Ein paar Tage entfielen auf die Vorbereitung der Stammzellen, die dann drei Wochen lang in den Nieren herangezüchtet wurden, wie in der Studie nachzulesen ist, die in „Cell Regeneration“ erschien.
Allerdings handelte es sich noch nicht um normale Zähne, die sinnvoll genutzt werden könnten. Sie waren weich und deformiert und außerdem natürlich nicht in einen Kiefer integriert.
In einem Interview mit der BBC erklärte der Stammzellenbiologe Chris Mason vom University College London, dass Urin „wahrscheinlich eine der schlechtesten Quellen [für Zahlenmaterial] ist – es gibt darin generell sehr wenige Zellen, die man zudem nicht sehr effizient in Stammzellen umwandeln kann“.
Damit die Zähne überhaupt funktionieren, müssten sie zudem in das System von Nerven und Blutgefäßen des Kiefers integriert werden, was eine „große Herausforderung“ wäre, wie Mason sagte.
Auch wenn sich die Forscher an diesem Experiment die Zähne ausgebissen haben, konnten andere Wissenschaftler einige überraschende und kreative Nutzungsmöglichkeiten für den Urin finden, den wir jeden Tag ausscheiden.
Urin als Treibstoff
Im Jahr 2012 baute eine Gruppe von drei Schülerinnen für die Maker Faire in Lagos, Nigeria, einen Notstromgenerator, der mit menschlichem Urin betrieben wird. Das Gerät verwendet eine Elektrolysezelle, um die Moleküle im Urin aufzubrechen und daraus reinen Wasserstoff zu gewinnen.
Der Wasserstoff wird dann durch einen Zylinder mit Borax geleitet, um die Flüssigkeit zu entziehen. Danach wird die Substanz dem Generator zugeführt. Die Schülerinnen nutzten Einwegventile, um das Explosionsrisiko durch den Wasserstoff zu verringern. Ein Liter Urin kann Strom für bis zu sechs Stunden erzeugen.
(6 Erfindungen von Frauen)
Auch Wissenschaftler vom Bristol Robotics Laboratorium haben mit Urin betriebene Treibstoffzellen entwickelt. Im Gegensatz zu den Schülerinnen nutzten sie jedoch Mikroben, um die Moleküle aufzubrechen und Strom zu erzeugen.
Urin als Medizin
Wer in einen Becher ruiniert, erwartet im Anschluss eigentlich eine medizinische Diagnose, keine Arznei. Aber als Forscher den Urin von Frauen untersuchten, die sich in der Menopause befanden, entdeckten sie, dass sie daraus ein wertvolles Medikament gegen Unfruchtbarkeit gewinnen konnten.
Wenn sich Frauen der Menopause nähern, reagieren ihre Eizellen zunehmend weniger auf die monatlichen Signale der Hormone. Die Hypophyse schüttet daraufhin noch mehr Hormone aus – darunter auch solche, die den Eisprung fördern.
Unfruchtbare Frauen weisen oft einen Mangel an diesen Hormonen auf. Die Wissenschaftler hatten daher den Einfall, die entsprechenden Hormone aus dem Urin von Frauen vor und nach der Menopause zu gewinnen. So entstanden die Unfruchtbarkeitsmedikamente Menopur und Pergonal.
Urin als Kompost
Als Forscher Kompost mit menschlichem Urin versetzten, entdeckten sie, dass daraus ein Dünger entstand, der deutlich ergiebiger war als normaler Kompost. Der Grund dafür scheint im zusätzlichen Stickstoff aus dem Urin zu liegen, der das Pflanzenwachstum begünstigt.
Auch wenn Urin nicht so effektiv wie Dünger aus dem Handel ist, ist er billiger, nachhaltiger und praktisch jederzeit verfügbar.
Urin als Wasser
Urin wird schon seit Jahrtausenden getrunken, zumeist aus gesundheitlichen Gründen. Aber die NASA hat ein neues Filtersystem entwickelt, um menschliche Ausscheidungsprodukte wie Schweiß und Urin in Trinkwasser zu verwandeln. Die Forward Osmosis Bag (FOB) wurde entwickelt, um Astronauten im Weltall eine zusätzliche Trinkwasserquelle bereitzustellen. Die FOB kann allerdings auch auf der Erde eingesetzt werden.
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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