Spektakulärer Fossil-Fund: Ichthyosaurier war einer der größten seiner Zeit
Fast zehn Meter lang und in bestem Zustand – das in England gefundene Fossil eines Ichthyosauriers begeistert die Wissenschaft. Es liefert neue Hinweise darauf, wie sich die Tiere entwickelt haben.
Er war eines der größten Raubtiere im prähistorischen Ozean: In England wurde ein fossiles Skelett des Meeresreptils Ichthyosaurier gefunden. Es soll helfen, die Evolutionsgeschichte zu entschlüsseln.
In England untersuchen Forschende aktuell eines der größten und vollständigsten fossilen Skelette eine Ichthyosauriers, das je gefunden wurde. Bereits vor einem Jahr, im Januar 2021, war Naturschützer Joe Davis im Rutland Water Nature Reserve in England bei der Trockenlegung eines Stausees auf versteinerte Knochen gestoßen. Zunächst hatten er und sein Team auf einen riesigen Dinosaurier getippt – doch sie lagen falsch.
Als Paläontologe Dean Lomax von der University of Manchester eine E-Mail mit Schnappschüssen des Fundes erhielt, wusste er sofort, dass es sich bei dem Fund um ein Meeresreptilien namens Ichthyosaurier handeln musste. Von Anfang an, so Lomax gegenüber nationalgeographic.com, sei klar gewesen, dass der Fund in Rutland “etwas ganz Besonderes” sein könnte.
Viele der Ichthyosaurier waren ungefähr so groß wie Haie heute.
Meeresbewohner - keine Dinosaurier
Ichthyosaurier lebten zur gleichen Zeit wie Dinosaurier, zählen jedoch nicht zu den Dinosauriern. So brachten sie ihren Nachwuchs lebend zur Welt, wie Wale heute. Obwohl sie im Wasser lebten, atmeten sie Luft. Vor über 246 Millionen Jahren entwickelten sie sich aus Landreptilien. Im Laufe der Zeit nahmen sie immer fischähnlichere Formen an. Diverse Unterarten bevölkerten bis vor etwa 95 Millionen Jahren die Meere.
Dabei waren viele der Ichthyosaurier ungefähr so groß wie Haie, fraßen Fische, Tintenfische und andere kleine Beutetiere. Manche wurden jedoch auch deutlich größer, bis über 20 Meter lang. Einige waren Spitzenprädatoren, also durchaus in der Lage, andere große Meeresreptilien zu fressen. Bisher stammen die größten aufgezeichneten Ichthyosaurier aus der Trias, also aus einer Zeit von vor 250 bis 201 Millionen Jahren.
Ein Blick von oben auf die spektakuläre Fundstelle.
Das “vollständigste Skelett” eines prähistorischen Reptils in England
Das Rutland-Fossil jedoch ist geologisch jünger. Die Forschenden haben es auf etwa 180 Millionen Jahre datiert, also auf das späte Jura. „Ein Exemplar dieser Größe und Vollständigkeit zu finden, ist bemerkenswert“, sagt die Paläontologin Rebecca Bennion von der Universität Lüttich, die nicht an den Ausgrabungen beteiligt war.
Allein der Schädel ist fast zwei Meter lang, der gesamte Körper erstreckt sich über fast zehn Meter. Die Wissenschaftler brauchten etwas mehr als zwei Wochen, um das fast vollständige Skelett auszugraben. Am Ende, sagt Lomax, hätten er und seine Kollegen nun „das vollständigste Skelett eines großen prähistorischen Reptils ausgegraben, das jemals in Großbritannien gefunden wurde".
Eine “einmalige Entdeckung”
Aktuell vermuten die Wissenschaftler, dass das Rutland-Skelett zur Ichthyosaurier-Art Temnodontosaurus trigonodon gehört. Diese Art wurde zuerst in Deutschland entdeckt, in alten Juragesteinen. Vor etwa 180 Millionen Jahren seien diese Reptilien wohl die größten Meeresräuber der Erde gewesen, sagt Lomax.
Obwohl der Fund noch genau untersucht werden muss, bezeichnet Jorge Velez-Juarbe, Paläontologe am Natural History Museum of Los Angeles County, der nicht an den Ausgrabungen beteiligt war, ihn schon jetzt als eine “einmalige Entdeckung“, die ein neues Fenster in die Evolutionsgeschichte der Tiere öffne. „Wie auch Wale erreichten Ichthyosaurier mehr als einmal im Laufe ihrer Geschichte gigantische Größen”, sagt er.
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.