Drogen gegen Depressionen: Kann Microdosing der Psyche helfen?

Illegal, aber im Trend: Die Einnahme kleinster Dosen von Halluzinogenen wie Magic Mushrooms oder LSD soll die Psyche ins Gleichgewicht bringen und Ängste und Depressionen mildern. Doch die Forschung steht noch am Anfang.

Von Deborah Roth
bilder von Michael Christopher Brown
Veröffentlicht am 11. Feb. 2022, 15:26 MEZ, Aktualisiert am 11. Feb. 2022, 19:44 MEZ
Die in den meisten Fällen illegale Substanz Psilocybin wird von immer mehr Menschen in winzigen Mengen ...

Die in den meisten Fällen illegale Substanz Psilocybin wird von immer mehr Menschen in winzigen Mengen – sogenannten Mikrodosen –  eingenommen, um Angstzustände, Depressionen und andere psychische Erkrankungen zu lindern.

Foto von Michael Christopher Brown

Es geht nicht um das High, sondern um die Balance: Mit diesem Ansatz werden psychedelische Drogen in den USA und Europa immer öfter als neue Therapiemethode zur Behandlung von Ängsten und Depressionen eingesetzt. Die tägliche Einnahme solcher Substanzen in sehr kleiner Mengen, die maximal einem Zehntel der Dosis entsprechen, die eine berauschende Wirkung hätte, bezeichnet man als Microdosing. Die bevorzugten Darreichungsformen von Psilocybin, LSD oder Cannabis sind hierbei verdünnte Sprays oder Tropfen, die auf ein kleines Stück Filz geträufelt und eingenommen werden.

Doch selbst der Konsum derartig kleiner Mengen psychoaktiver Drogen ist in Deutschland illegal. Eine Tatsache, die wissenschaftliche Studien zu diesem Thema bisher enorm erschwert hat.

Der Hillbilly ist eine der am weitesten verbreiteten Arten von Zauberpilzen. Der psychedelische pan-tropische Riese wächst wild in den Staaten entlang der Golfküste und ist in Mittel- und Südamerika, in der Karibik und in Südostasien zu finden. Dieser Pilz wurde in den Hollywood Hills von Los Angeles gezüchtet.

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„Magic Mushrooms“ als Forschungsobjekt

Inzwischen sind jedoch unter anderem Forscher an der Berliner Charité und dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim davon überzeugt, dass psychedelische Substanzen wie Psilocybin (auch bekannt als Magic Mushrooms) bei der Behandlung von Depressionen und Suchterkrankungen helfen können. Die Wirkung, die serotonergen Halluzinogenen (Psychedelika) wie Lysergsäure Diethylamid (LSD), Psilocybin, Dimethyltryptamin (DMT) und Ayahuasca oder Meskalin auf den Menschen haben, wird seit einigen Jahren wissenschaftlich wieder intensiv untersucht. Trotzdem steht die Forschung zu diesem Zeitpunkt noch ganz am Anfang.

In den Jahren 2016 und 2019 starteten am Imperial College in London und an der University of Chicago erste Studien auf dem Gebiet. Auch hierzulande ist das Interesse gewachsen: Eine aktuelle Studie der Charité Berlin soll beispielsweise klären, ob beim langfristigen Konsum von Psychedelika häufiger psychotische Symptome oder Angstzustände auftreten. Außerdem soll geklärt werden, ob die einmalige Gabe von Psilocybin, das in halluzinogenen Pilzen enthalten ist, in Kombination mit Psychotherapie sicher ist und ob dieser Behandlungsansatz zu einer Verbesserung der Symptome bei Patienten mit therapieresistenten Depressionen führt.

BELIEBT

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    Die psychedelische Wirkung von Hillybilly-Pilzen kann bereits 15 bis 30 Minuten nach Einnahme einer Mikrodosis einsetzen. Nach etwa 60 bis 90 Minuten erreicht sie ihren Höhepunkt, nach etwa sechs Stunden ist sie wieder verflogen.

    Foto von Michael Christopher Brown

    Serotoninfreisetzung durch Halluzinogene? Uneinigkeit bei Forschenden

    Die Charité Berlin vertritt die These, dass Psilocybin bei der Behandlung von Depressionen helfen kann. Der Grund: Der Stoff wirkt auf das Serotoninsystem des Gehirns, das eng mit der Stimmungsregulation verbunden ist.

    Generell herrscht unter Forschenden jedoch Uneinigkeit beim Thema Microdosing: Kürzlich veröffentlichte Forschungsergebnisse der niederländischen Universität Leiden, die im Journal of Psychopharmacology erschienen sind, widersprechen der Theorie der Berliner Wissenschaftler. Der Studie zufolge scheint die regelmäßige Einnahme kleiner Dosen von Psilocybin die Symptome von Depressionen oder Angstzuständen nicht zu verbessern.

    Im Verlauf der Forschung zu der Studie sei deutlich geworden, dass es keinen Unterschied machte, ob die Probanden die Minimaldosis einer psychedelischen Substanz oder nur ein Placebo einnahmen.

    Breakthrough - Psychedelische Substanzen

    Diese Ergebnisse decken sich mit denen einer anderen placebokontrollierten Studie, die Neurowissenschaftler der University of Chicago in Illinois durchgeführt haben. Ihre Versuche mit kleinsten LSD-Dosen zeigten keine signifikanten Auswirkungen auf Langzeitgedächtnis, kognitive Leistungsfähigkeit oder soziale Kompatibilität.

    Positiver Effekt auf die Psyche

    Trotzdem kann Microdosing einen positiven Effekt auf die Psyche haben, etwa indem es Angstzuständen abmildert. Die Wahl dieser Therapieform ist außerdem nicht immer nur medizinisch motiviert: Die Einnahme von Kleinstdosen soll auch dabei helfen, die Kreativität zu steigern oder einen Zustand der Enstpannung und Gelassenheit zu erreichen.

    Von welch großem Interesse das Thema inzwischen für viele ist, zeigt unterdessen die Analyse einer Reddit-Diskussionsgruppe in den USA. Diese hatte im Jahr 2018 um die 27.000 Abonnenten, die aktiv microdosing betrieben. Anfang 2022 ist die Gruppe um ein Vielfaches gewachsen – auf 183.000 Mitglieder.

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