Weniger Autos, weniger Umsatz?

Viele Einzelhändler befürchten, dass autofreie Zonen Kunden abschrecken und die Umsätze sinken lassen. Eine aktuelle Studie zeigt: Das Gegenteil ist der Fall.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 21. Apr. 2025, 08:30 MESZ
Menschen tummeln sich auf einer Einkaufsstraße.

Laut einer aktuellen Studie berufen sich Gegner*innen von verkehrsberuhigten Bereichen in Städten oft auf die vermeintlichen Einbußen des Einzelhandels, die durch solche Zonen entstehen könnten. Doch stimmt das?

Foto von ArTo / adobe.stock.com

Weniger Frequenz, wirtschaftlich schwierige Zeiten: Der Einzelhandel hatte es in den vergangenen Jahren vielerorts nicht leicht. Eine neue Studie beschreibt nun einen überraschenden Faktor, der helfen könnte, ihn mancherorts zu beflügeln: verkehrsberuhigte Bereiche. Sie können nach Angaben einer Analyse des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) dabei helfen, den Einzelhandel wieder konkurrenzfähig zu machen.

„Dort, wo sich Menschen gern aufhalten, wo sie sich wohlfühlen, wo sie länger vor einem Geschäft verweilen, nutzt dies am Ende auch dem Einzelhandel“, heißt es in der Studie. Diese zeigt zwar auch, dass Radfahrende und Fußgänger*innen pro Besuch weniger Geld ausgeben als Autofahrer*innen – dafür besuchen sie den Einzelhandel nach Angaben des Studienteams allerdings häufiger und bringen somit insgesamt mehr Umsatz ein. 

Mehr Lebensqualität und Zeit zum Bummeln

Für die Studie analysierte das Team um Mobilitätsforscherin Michaela Christ empirische Studien aus dem In- und Ausland. Darin wurde der Zusammenhang zwischen Mobilität und Einkaufsverhalten in Großstädten und mittelgroßen Orten untersucht. Das Ergebnis: Zwischen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen und einer wirtschaftlichen Schlechterstellung des Einzelhandels kann kein ursächlicher Zusammenhang erkannt werden. „Die Studien und Praxisberichte zeigen vielmehr: Ein attraktiver öffentlicher Raum zieht Menschen an, lädt zum Bummeln und Verweilen ein“, sagt Christ. 

Zwei Reihen Autos stehen auf einer Straße an einer roten Ampel.

Nachgewiesen hat diesen Effekt auch eine Studie aus dem Jahr 2023 am Beispiel der Stadt Aachen. In ihrer Untersuchung verglichen die Forschenden die Mietpreise von Einzelhandelsimmobilien in der Innenstadt mit ihrer Nähe zu Parkplätzen. Dabei zeigte sich, dass Parkplätze direkt vor einem Geschäft dieses unattraktiver machen, weil potenzielle Kund*innen nicht gerne inmitten von parkenden Autos shoppen. Die Nähe zu einem Parkplatz oder Parkhaus in einigen hundert Metern Entfernung hingegen ließ Mietpreise steigen. Das zeigt: Die Menschen wollen den Einzelhandel gut erreichen können, aber in der Einkaufszone lieber ohne Autos bummeln.

Verengte Fahrbahnen und mehr Platz für Menschen

Die Studie führt konkrete Maßnahmen an, die zur Verkehrsberuhigung beitragen. Dazu gehört mehr Platz für Rad- und Fußverkehr, die Einrichtung von Einbahnstraßen oder die Installation von Pollern oder Blumenkübeln zur Einschränkung des Verkehrsflusses.

Außerdem empfiehlt sie, Parkflächen neu zu strukturieren – mit ausgewiesenen Plätzen für Menschen, die wirklich auf ihren PKW angewiesen sind und weniger Platz für Dauerparkende. Der Platz, der durch die wegfallenden Parkplätze frei werde, könne dann von der Gastronomie genutzt oder mit ausgeweiteten Sitzgelegenheiten ausgestattet werden, was die Bereiche ebenfalls attraktiver für Besuchende macht. Außerdem bedeuten die Maßnahmen insgesamt die Verminderung von Lärm und Abgasen, was sowohl der Umwelt als auch der Lebensqualität der Menschen zugutekommt.

Die Ergebnisse dürften einige Kritiker überraschen. Sie sehen in verkehrsberuhigten Zonen seit Jahren eine Gefahr für den Einzelhandel. Die Befürchtung: Weniger Parkplätze und der fehlende Vorrang auf der Straße führt zu geringerem Autoverkehr und somit zu weniger Kunden und weniger Umsatz.

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