3 coole Dinge, die wir aus der Gravitationskarte der NASA gelernt haben

Die farbenfrohe neue Karte zeigt die versteckte Geologie des Mars und könnte helfen, die jahreszeitlich bedingten Veränderungen auf dem Roten Planeten zu verfolgen.

Von Michael Greshko
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Die farbenfrohe neue Karte zeigt die unterschiedlich starke Gravitation unterschiedlicher Bereiche der Marsoberfläche. Weiße Bereiche sind Zonen mit höherer Gravitation, insbesondere an den Tharsis-Vulkanen. Blaue Bereiche sind Zonen mit geringerer Gravitation, zum Beispiel Canyons.
Foto von Mit, Umbc-cresst, Gsfc

Die NASA hat eine eindrucksvolle neue Karte des Mars herausgegeben, auf der die Marsoberfläche in einer Weise dargestellt ist, die dem menschlichen Auge normalerweise nicht zugänglich ist – Gravitationsdaten bieten Einblicke in viele Details vom Planetenkern bis zur Atmosphäre.

„Die Karte gibt uns eine Vorstellung von den Unebenheiten der Oberfläche“, erklärt Richard Zurek vom NASA Jet Propulsion Laboratory, der an der Erstellung der Karte nicht beteiligt war. „Es ist äußerst erstaunlich, dass sich diese Daten von einem Raumschiff 300 km über der Marsoberfläche und durch die teilweise trübe Atmosphäre des Planeten hindurch erfassen lassen.“

Um die Gravitationsfalten des Mars aufzuklären, haben Antonio Genova und seine Kollegen vom MIT insgesamt 16 Jahre Trackingdaten von drei Marssatelliten ausgewertet und nach aussagekräftigen Schwankungen ihrer Positionen und Geschwindigkeiten gesucht, die durch Schwankungen der Anziehungskraft des Planeten verursacht wurden. Ihr Gesamtergebnis, das am 5. März im Wissenschaftsmagazin „Icarus“ veröffentlicht wurde, zeigt diese extrem kleinen Differenzen von den Gipfeln des Vulkans Olympus Mons, des größten im Sonnensystem, bis zu den Schluchten des Canyonsystems Valles Marineris.

„Sie haben eine großartige Arbeit vorgelegt“, sagt Zurek, der davon überzeugt ist, dass die Ergebnisse wichtige Beiträge zur Debatte über die rätselhafte geologische Geschichte des Mars liefern werden. Die folgenden drei Dinge sollte man über die neue Gravitationskarte wissen, und über die Rätsel, zu deren Lösung diese beitragen könnte:

DAS KOHLENDIOXID AUF DEM MARS ZIRKULIERT

Die vielleicht wichtigste Erkenntnis aus der Studie ist, dass die Gravitation ein exzellentes Hilfsmittel zur Wetterverfolgung darstellt.

Durch die Beobachtung der Gravitationsschwankungen der eisigen Polkappen des Mars konnten Genova und seine Kollegen bestätigen, dass während des nördlichen Winters bis zu 4 Billionen Tonnen Kohlendioxid aus der Atmosphäre gefrieren und am Pol abgelagert werden. Ein ähnlicher Vorgang findet am Südpol statt – während des dortigen Winters. Diese jahreszeitbedingten Wanderungsbewegungen des Gases machen ungefähr ein Sechstel der Masse der Marsatmosphäre aus.

Dem Team ist es sogar gelungen, anhand der Gravitationsdaten den CO2-Zyklus des Planeten über 16 Jahre zu verfolgen. So konnten die Forscher sehen, wie der Sonnenzyklus – die Steigerung und Verringerung der Sonnenaktivität innerhalb eines 11-Jahres-Zeitraums – Einfluss auf die Gasbewegungen ausübte. Ihre Berechnungen stimmen größtenteils mit den realen Messwerten überein, die von den Rovern auf der Marsoberfläche übermittelt wurden.

„Aus unseren Daten – Raumfahrzeug auf einer Marsumlaufbahn – können wir die Schwankung der Masse an den Polkappen messen, und [dieser Ansatz] kann uns grundsätzlich einen anderen Blick [darauf] vermitteln, wie sich das Klima auf dem Mars in der letzten Milliarde Jahre entwickelt hat“, sagt Genova.

DIE „BURIED CHANNEL“-THEORIE WIRD BEGRABEN

Die neue Karte trägt auch zur Erklärung der „Gravitationsfurche“ bei, die im nördlichen Flachland des Mars zwischen dem Tempe Terra-Hochland und den Acidalia Planitia-Ebenen liegt, dem Schauplatz des Romans und des Films „Der Marsianer“.

Frühere Studien hatten die Furche – einen nord-südlich verlaufenden Streifen mit ungewöhnlich niedriger Gravitation – als großen Wasserlauf identifiziert, der zur früheren Zeiten Wasser und Sedimente transportierte, bis er vor Milliarden von Jahren unter dem ausgestoßenen Gestein der massiven Eruptionen der Tharsis-Vulkane begraben wurde. Die neue Analyse zeigt, dass die „Furche“ dem Verlauf der geologischen Grenze zwischen der nördlichen und südlichen Hemisphäre des Mars folgt. Es handelt sich also um eine Falte in der Marskruste, die entstand, als die Tharsis-Vulkane riesige Mengen Lava ausspuckten.

Mit ihren Aussagen zur wichtigen Rolle der Tharsis-Vulkane steht die Studie nicht allein: Neuere Arbeiten kommen zu dem Ergebnis, dass die Eruptionen der Vulkane sogar die Achse des Mars um 20 Grad gedreht haben, weil der Planet durch die zusätzliche Masse auf seiner Oberfläche aus seinem Gleichgewicht geriet.

DER MARS HAT AUF JEDEN FALL EINEN WEICHEN KERN

Die neue Analyse beschränkte sich nicht auf die Untersuchung der Oberfläche. Anhand der verfügbaren Daten konnten die Forscher auch erkennen, wie stark die Sonne und der Marsmond Phobos den Roten Planeten durch Gravitationskräfte verformen. Sie konnten eine bahnbrechende Studie aus dem Jahr 2003 bestätigen, nach der sich die beobachtete Elastizität des Mars am besten erklären lässt, wenn der Planet einen flüssigen äußeren Kern mit einer Dicke zwischen 3.400 und 3.600 Kilometern hat.

Im Inneren der Erde unterstützt ein flüssiger äußerer Kern den Dynamo, der unserem Planeten sein schützendes Magnetfeld verleiht. Die Ergebnisse von Genova könnten zur Aufklärung der tragischen Geschichte des Magnetfelds des Mars beitragen, das einstmals ebenso ausgeprägt war wie das Schutzschild der Erde, von dem aber heute nur noch ein hauchdünner Rest auf der südlichen Hemisphäre übrig ist. Ohne ein starkes magnetisches Feld um den gesamten Planeten konnten Partikelströme, die von der Sonne ausgestoßen wurden, viel leichter aus der frühen Marsatmosphäre weggeweht werden. Dies könnte die alten Ozeane des Planeten zerstört und das Schicksal jeglicher Anfänge von Leben auf dem Mars besiegelt haben.

Insgesamt sind dies äußerst eindrucksvolle Ergebnisse für ein Modell, das auf der Messung winziger Bahnschwankungen von drei Satelliten beruht.

Michael Greshko auf Twitter folgen.

Artikel in englischer Sprache veröffentlicht am 24. März 2016

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