Griechisch-römischer Tempel in Ägypten entdeckt

Unter den bei der Ausgrabung gefundenen Artefakten befanden sich auch die Skulptur eines Männerkopfes und zwei Löwenstatuen aus Kalkstein.

Von Elaina Zachos
Veröffentlicht am 6. Apr. 2018, 16:42 MESZ
Ausgrabungsstätte
Die Ausgrabungsstätte eines neu entdeckten griechisch-römischen Tempels im ägyptischen Teil der Libyschen Wüste.
Foto von the Egyptian Antiquities Ministry

Das ägyptische Antikenministerium gab am Mittwoch bekannt, dass Archäologen die Überreste eines griechisch-römischen Tempels im ägyptischen Teil der Libyschen Wüste entdeckt haben. Die Ruinen befinden sich etwa 320 Kilometer südlich des Mittelmeers. Sie bestehen aus dem vorderen Teil des Tempels, Teilen seines Fundaments und dem Haupteingang. Die Archäologen legten außerdem eine fast ein Meter dicke Außenmauer frei, die zu einem Innenhof im vorderen Bereich des Tempels führt. Von diesem Hof gehen zu beiden Seiten Eingänge in weitere Räume ab.

Ayman Ashmawi, Leiter des Altertümer-Sektors des ägyptischen Antikenministeriums, gibt an, dass die Archäologen wohl noch weitere Überreste finden werden, wenn die Ausgrabung im Laufe des Jahres weiter voranschreitet.

Die Ausgrabungsstätte liegt knapp 50 Kilometer östlich der Oase Siwa. Abdel Aziz El-Demery, der Leiter des archäologischen Einsatzes, berichtet, dass Steine zutage traten, nachdem der lose Schutt entfernt worden war. Außerdem entdeckte man architektonische Elemente, die die Wände des Tempels gebildet hatten und auf denen noch griechisch-römische Motive zu erkennen sind. Die Türsturze und Eckpfeiler des Tempels sind mit bekannten Mustern wie dem Eierstab verziert. Dies ist eine speziell geformte Dekoration, ein Flachrelief aus Ovalen und spitz zulaufenden, schmalen Stegen.

Die Archäologen fanden zudem Keramikfragmente, Münzen und die griechisch inspirierte Skulptur eines Männerkopfes. Sie legten außerdem zwei Löwenstatuen aus Kalkstein frei, von denen eine keinen Kopf mehr besitzt.

AUFREGENDER FUND

„Man hört nicht jeden Tag von der Entdeckung neuer Tempel in Ägypten“, sagt Sarah Parcak, eine Luftbild-Archäologin und National Geographic-Abenteurerin. „Das wird ein ganz neues Licht auf die Geschichte der Oase Siwa werfen.“

Die Oase Siwa liegt abgelegen in der Libyschen Wüste. Sie ist so bekannt, weil Alexander der Große dort angeblich ein Orakel besucht hat, das ihm seine göttliche Herrschaft über Ägypten voraussagte.

BELIEBT

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    Das ägyptische Antikenministerium gibt an, dass im Verlauf des Jahres noch mehr Ausgrabungen stattfinden werden. Diese könnten Hinweise auf das antike Leben in dieser Gegend erbringen.
    Foto von the Egyptian Antiquities Ministry

    Die Fotos, die bislang veröffentlich wurden, lassen nur wenig Rückschlüsse auf die Gesamtgröße des Tempels zu und wann er errichtet wurde, sagt Parcak. Diese Entdeckung könnte Hinweise auf die griechisch-römische Besetzung Ägyptens zu dieser Zeit und ihre Auswirkungen liefern. Tempel wurden nicht nur als religiöse Wirkungsstätten genutzt, sie waren auch Wirtschaftszentren, in denen Priester und die Bevölkerung zusammenkamen.

    „Ich hoffe, dass dieses Ausgrabungsteam auch die Unterkünfte oder Häuser der Priester finden wird“, sagt Parcak. Solche Entdeckungen ermöglichen einen Einblick in das Alltagsleben der Antike und Hinweise auf die Größe der Bevölkerung.

    ZEITKONTEXT

    Der griechische König Alexander der Große eroberte im Jahr 332 v. Chr. Ägypten und beendete damit die Herrschaft der Perser. Nach seinem Tod fiel die Kontrolle über Ägypten Ptolemaios I. Soter zu, einem General Alexanders. Ptolemaios begründete eine Dynastie von Monarchen, die für die nächsten 275 Jahre herrschten, bis die Römer zwischen 30 v. Chr. und 395 n. Chr. das Gebiet übernahmen.

    Während der Griechisch-römischen Zeit dominierte weiterhin die altägyptische Religion und Architektur. Die Menschen bauten weiterhin traditionell ägyptische Tempel und auch die römischen Nachfolger erlegten ihnen in dieser Hinsicht keine Beschränkungen auf.

    Aus der Griechisch-römischen Zeit sind nur wenige Ruinen erhalten geblieben, doch ihr architektonisches Erbe hatte großen Einfluss. Makedonische Herrscher errichteten monumentale Bauwerke, wie den Tempel von Edfu am Westufer des Nils. Diese vereinen ägyptischen Baustil mit ptolemäischen Einflüssen. Beispielsweise sind die Tempelsäulen geformt wie riesige Sistren – eine Form altägyptischer Musikinstrumente – mit kunstvoll gestalteten Kapitellen, riesigen Blendmauern und unterirdischen Krypten.

    In Stein gehauene Reliefe zeigen mehr griechischen Einfluss auf. Sie stellen Menschen – insbesondere weibliche Formen – deutlich detaillierter dar. Der Fokus wird zudem mehr auf das Porträtieren gelegt, was auf den Einfluss der antiken Welt oder früherer ägyptischer Bildhauerstile zurückgeführt werden kann. Votivskulpturen waren während der Regentschaft der Ptolemäer unter vermögenden Privatleuten beliebt, doch die Nachfrage sank und veränderte sich nach der Eroberung durch die Römer.

    Parcak betont außerdem die Bedeutung der Tatsache, dass diese Entdeckungen von ägyptischen Archäologen gemacht wurden. Das spricht für die Fortschritte innerhalb des archäologischen Arbeitsfelds, die das Land zeigt.

    „Es ist ein Teil des großen Ganzen“, sagt sie. „Wir denken, dass wir so viel über das Alte Ägypten wissen, doch es gibt noch so viel zu lernen.“

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