Titanic-Entdecker Bob Ballard: „Das Meer wurde mein Laufstall“
Mit 157 Tiefsee-Expeditionen ist Robert “Bob“ Ballard einer der renommiertesten Unterwasser-Archäologen. Weltbekannt wurde der amerikanische Geophysiker und National Geographic-Explorer durch die Entdeckung der “Titanic“ im Jahr 1985. Neben zahlreichen weiteren Wracks spürte er auch das deutsche Schlachtschiff “Bismarck“ auf sowie das britische Luxuspassierschiff „Lusitania“, das im Ersten Weltkrieg von einem deutschen U-Boot versenkt worden war.
Auch die Ortung eines der ältesten bekannten Wracks, eines phönizischen Schiffs aus dem 7. Jahrhundert vor Christus, ist seiner Arbeit zu verdanken. Mit seiner scharfen Kritik am Wracktourismus, den er als Grabschändung geißelt, sorgte der 1942 geborene Wissenschaftler immer wieder für Aufsehen.
Für die TV-Dokumentation BOB BALLARD: DAS LEBEN EINES ENTDECKERS auf National Geographic lässt Ballard die wichtigsten Stationen seiner wissenschaftlichen Karriere Revue passieren, berichtet von seinen größten Erfolgen, aber auch von Rückschlägen und persönlichen Tragödien. Wir haben vorab mit ihm gesprochen.
Galerie: Das Wrack der Titanic
Bob, was hat dich als Kind aus Kansas – einem US-Staat im Landesinneren – dazu inspiriert, dein Leben dem Ozean zu widmen?
Ich würde sagen, das hängt mit unserem Wegzug aus Kansas zusammen, als ich drei Jahre alt war. [Anm. der Redaktion: Die Familie Ballard zog nach Kalifornien an den Pazifik.] Ich starrte auf den Ozean und war überwältigt von dieser Grenzenlosigkeit. Das Meer wurde sozusagen mein Laufstall. Später habe ich den Film „20.000 Meilen unter dem Meer“ gesehen. Ich wollte Kapitän Nemo sein. Meine Eltern haben mich immer unterstützt und nie ausgelacht. Und hier bin ich.
Heute zählst du zu den bekanntesten Tiefseeforschern überhaupt. Welche deiner vielen Entdeckungen hat dich am meisten überrascht?
Das waren sicher die nahezu perfekt erhaltenen antiken Wracks, die wir im Schwarzen Meer entdeckt haben. Sie sahen fast aus, als seien sie erst am Tag zuvor gesunken. Das liegt am Sauerstoffmangel und an dem giftigen Schwefelwasserstoff im Tiefenwasser des Schwarzen Meeres. In dieser lebensfeindlichen Umgebung fehlen die Organismen, die solche Wracks sonst zersetzen würden. So wurden sie bis in unsere heutigen Tage konserviert.
Und welche Funde haben dich persönlich am meisten bewegt?
Alle haben mich bewegt. Denn alle gingen mit dem Verlust von Leben einher. Erschütternd sind die Bilder der Schuhe, die wir an Wracks wie der Titanic, Bismarck oder Lusitania entdeckt haben. Der menschliche Körper wird in der Tiefsee innerhalb von sieben Jahren komplett zersetzt. Die Schuhe bleiben übrig. Das mit Gerbsäure behandelte Leder löst sich nicht so leicht auf. Um das Wrack der Bismarck herum lagen überall die Stiefel deutscher Soldaten auf dem Meeresgrund. Was ich niemals vergessen werde: Ein Paar Damenschuhe direkt neben Kinderschuhen am Wrack der Lusitania.
157 Tiefsee-Expeditionen: Bob Ballard zählt zu den renommiertesten Unterwasser-Archäologen.
Auch deine Dokumentation BOB BALLARD: DAS LEBEN EINES ENTDECKERS greift viele persönliche Momente auf.
Ja. Ich spreche über den Verlust eines Sohnes und das Ende einer Ehe. [Anm. der Redaktion: Ballards erster Sohn starb 1989, seine erste Ehe wurde kurz darauf geschieden]. Ich spreche über die Inspiration, die ich durch meine schwerbehinderte Schwester erfahren habe und ich spreche über meine eigene Legasthenie. Es ist eine sehr persönliche Geschichte geworden.
Was bringt dich persönlich weiter voran?
Meine Neugierde. Ich bin immer noch ein Kind. Die Schule habe ich niemals verlasen. Jede Generation steht auf den Schultern der vorherigen und entdeckt eine neue Tür. Ich möchte immer wissen, was auf der anderen Seite der Tür ist.
Titanic
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