Weihnachten historisch: Wie das Fest zu dem wurde, was es heute ist

Überall auf der Welt feiern Menschen am 25. Dezember – oder dessen Vorabend – die Geburt Jesu Christi. Doch das einst religiöse Weihnachtsfest ist in modernen Zeiten zunehmend kommerziell geworden. Wie kam es dazu?

Vorlage für den Weihnachtsmann, der wie keine andere Figur das moderne Weihnachtsfest symbolisiert, war der heilige Nikolaus – ein griechischer Bischof, der im 3. Jahrhundert gelebt hat. Diese russische Ikone zeigt ihn umringt von Szenen aus seinem Leben.

Foto von Hip, art Resource
Von Erin Blakemore
Veröffentlicht am 15. Dez. 2021, 12:47 MEZ, Aktualisiert am 17. Dez. 2021, 14:16 MEZ

Für viele Menschen ist Weihnachten mit all seinen Traditionen und Bräuchen das beliebteste Fest des Jahres. Seine christlichen Wurzeln spielen heutzutage oft eine untergeordnete Rolle – im Laufe der Jahrhunderte hat Weihnachten sich mehr und mehr als Familienfest etabliert, bei dem man in fröhlicher Runde eine schöne Zeit miteinander verbringt. Diese Entfernung von den religiösen Ursprüngen machte den Feiertag offen für das Einbinden neuer Bräuche aus verschiedenen Kulturen.

Doch wie wurde der Feiertag zu Ehren der Geburt von Jesus Christus an einem 25. Dezember in Bethlehem weltweit so populär? Welchen Ursprung hat Weihnachten und wie haben sich die lieb gewonnenen Bräuche rund um dieses Fest entwickelt?

Wann wurde Jesus Christus geboren?

Das Gemälde „Die Anbetung der Könige“ des spanischen Malers Juan Correa de Vivar zeigt drei weise Männer, die den neugeborenen Jesus Christus besuchen und ihm Geschenke bringen. Weihnachten wird traditionell am 25. Dezember gefeiert, obwohl das genaue Datum von Christi Geburt in den Evangelien nicht erwähnt wird.

Foto von Juan Correa De Vivar, Oronoz, art Resource
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Am Weihnachtstag des Jahres 800 n. Chr. erhält Karl der Große im Petersdom in Rom die Kaiserwürde. Schon zu dieser Zeit feierte die christliche Kirche am 25. Dezember das Weihnachtsfest, allerdings sind sich Historiker uneins darüber, wieso man sich auf dieses Datum festlegte.

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Auf dieser Steinsäule aus dem 12. Jahrhundert in Souvigny, Frankreich, findet sich eine Darstellung des Monats Dezember und des Weihnachtsfests.

bilder von A Dagli Orti / NPL - DeA Picture Library, Bridgeman Images

In der Bibel wird das Geburtsdatum von Christi Geburt nicht erwähnt. Dort wird lediglich von Marias unbefleckter Empfängnis und den bescheidenen Umständen der Geburt berichtet.

Gott selbst soll die Jungfrau Maria dazu auserwählt haben, seinen einzigen Sohn zu gebären. Nachdem er von der Schwangerschaft erfahren hatte, wollte Marias Verlobter, der Zimmermann Josef, sie zunächst nicht mehr heiraten. Dann aber erschien ihm im Traum ein Engel, der ihm sagte, er solle sich nicht fürchten. Um an einer Volkszählung teilzunehmen, begaben sich die Frischvermählten auf eine lange, anstrengende Reise nach Bethlehem.

Der Besucheransturm in der Stadt hatte zur Folge, dass Josef und seine hochschwangere Frau keine Unterkunft finden konnten. Der Wirt eines Gasthauses hatte schließlich Mitleid mit den beiden und erlaubte ihnen, in seinem Stall zu übernachten. Dort brachte Maria den Sohn Gottes zur Welt. Sie legte ihn in eine Krippe, während die Engel sangen und ein hell strahlender Stern am Himmel aufstieg.

Historiker sind sich uneinig darüber, warum ausgerechnet der 25. Dezember mit der Geburt Christi verknüpft wird. Bekannt ist aber, dass die christliche Kirche Roms bereits im Jahr 336 n. Chr. Weihnachten an diesem Tag feierte, der mit dem römischen Bauernfest Saturnalia, das zu Ehren von Saturn zur Wintersonnenwende begangen wurde, zusammenfiel.

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    Der Weihnachtsmann hört auf dieser Karte aus dem Jahr 1924 Radio. Immigranten brachten mit der großen Einwanderungswelle ihre Weihnachtstraditionen mit in die USA – darunter auch die Figur des gutmütigen Nikolaus.

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    Ein Weihnachtsmann – viele Gesichter: Auf dieser ungarischen Weihnachtskarte aus dem 20. Jahrhundert trägt er einen blauen Mantel und eine blaue Mütze mit Fellbesatz sowie einen Sack voller Spielzeug und einen Korb mit Früchten.

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    Dieser englische Druck aus dem 19. Jahrhundert zeigt den Weihnachtsmann beladen mit Geschenken und einem kleinen Tannenbaum. Der Weihnachtsbaum hat seinen Ursprung in Deutschland, weltweit populär machte ihn im 19. Jahrhundert jedoch die britische Königsfamilie.

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    Auf dieser französischen Weihnachtskarte aus dem Jahr 1900 bringt der Weihnachtsmann braven Kindern Geschenke. 

    bilder von art Resource

    Schon seit Urzeiten feiern Menschen auf der ganzen Welt Winterfeste, deren Bräuche im Laufe der Zeit Teil weihnachtlicher Traditionen wurden. So waren große Festessen zum Beispiel immer schon fester Bestandteil des nordeuropäischen Julfests und keltische Druiden begingen während der Wintersonnenwende zweitägige Feierlichkeiten, zu denen sie Kerzen anzündeten und die Häuser mit Stechpalme und Mistel schmückten.

    Weihnachten im Mittelalter

    Im Mittelalter war das Weihnachtsfest nicht nur äußerst beliebt, sondern auch reich an unterschiedlichen Bräuchen. In England feierten die Menschen die Geburt Jesu Christi zwölf Tage lang: mit Schauspiel, wilden Gelagen und Festzügen. Musik, Geschenke und festliche Dekoration wurden die Norm.

    Die extravagantesten Feste fanden natürlich bei Hofe statt: Den Gästen des englischen Königs Heinrich III. wurden bei einem Weihnachtsfest im 13. Jahrhundert insgesamt 600 Ochsen serviert. Die Universitäten krönten jedes Jahr einen „Weihnachtskönig”, der während der Festtage über seine Mitstudenten herrschte. Hymnen und Lieder waren Teil jeder noch so bescheidenen Festivität.

    Weihnachtsessen – wie dieses aufwendige Mahl im 15. Jahrhundert in Deutschland – haben in Europa eine lange Tradition. Im mittelalterlichen England wurde Weihnachten mit einem zwölftägigen Fest gefeiert.

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    Eine deutsche Weihnachtskarte aus dem Jahr 1984. Der Weihnachtsbaum ist nicht die einzige Feiertagstradition, die aus Deutschland stammt. Auch Nussknacker und Adventskränze wurden hierzulande erfunden.

    Foto von Ute Franz-Scarciglia, art Resource
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    Diese Zeichnung einer jungen Frau mit einem Weihnachtsbaum des Künstlers Friedrich Stahl erschien auf dem Titel des Magazins Moderne Kunst.

    Foto von Friedrich Stahl, De Agostini Picture Library, Bridgeman Images

    Doch nicht jeder fand an den Ausschweifungen Gefallen. Die radikal-calvinistischen Puritaner Englands verbaten das Fest im Jahr 1644 und lösten unter anderem dadurch religiöse Unruhen in der Bevölkerung aus, die schließlich im Ausbruch der entscheidenden Kriegsphase des zweiten Englischen Bürgerkriegs gipfelten.

    Der deutsche Einfluss

    Doch das Weihnachtsfest war nicht allein eine englische Angelegenheit. Ein Land, in dem man besonders emsig die Bräuche ursprünglicher Winterfeste mit dem christlichen Feiertag verband, war Deutschland.

    Diese Illustration eines geschäftigen Abends in London zeigt Menschen beim Weihnachtsbummel. Obwohl das Weihnachtsfest christliche Wurzeln hat, ist es mit der Zeit zu einem immer weltlicheren, kommerzielleren Fest geworden.

    Foto von art Resource

    So hat auch eines der wichtigsten Symbole des Weihnachtsfests einen deutschen Ursprung: der Weihnachtsbaum. Er entwickelte sich aus dem heidnischen Brauch, Tannenzweige zu schmücken. In Deutschland etablierte sich der mit Kerzen und kleinen Geschenken geschmückte Tannenbaum im 19. Jahrhundert. Als die englische Königsfamilie, die deutsche Wurzeln hatte, ihren eigenen Weihnachtsbaum aufstellte, war dies der Startschuss zu einem weltweiten Trend, der sich bis heute gehalten hat. Auch Adventskränze, Nussknacker und Weihnachtsmärkte wurden in Deutschland erfunden.

    Wie Weihnachten in die USA kam

    Wie zuvor schon in England setzten die Puritaner auch auf der anderen Seite des Atlantiks in Massachusetts ein Weihnachtsverbot durch. Es trat im Jahr 1659 in Kraft und wurde erst im Jahr 1681 wieder abgeschafft. Eine große Rolle spielte das Weihnachtsfest in den Vereinigten Staaten ohnehin erst mit dem Beginn des Bürgerkriegs, als vielerorts eine Rückbesinnung auf die Bedeutung von Heimat und Familie stattfand. Im Jahr 1870, nach Ende des Kriegs, erklärte der Kongress Weihnachten zum ersten nationalen Feiertag der USA.

    In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts brachten die Immigranten der großen Einwanderungswelle ihre eigenen Weihnachtstraditionen mit in die Vereinigten Staaten. Der „Weihnachtsenzyklopädie” des Historikers William D. Crump zufolge entstand dadurch „eine Art Schmelztiegel der Weihnachtsbräuche, in dem die Einflüsse unterschiedlicher Kulturen sich zu einheitlichen Feierlichkeiten verbanden, die zu Hause mit der Familie begangen wurden.“

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    Eine Weihnachtskarte zeigt die Blätter und roten Winterbeeren einer Stechpalme, die neben Tannen- und Mistelzweigen ebenfalls eine typische pflanzliche Winterdekoration sind.

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    Auf dieser Weihnachtskarte ist eine klassische Weihnachtsszene dargestellt: Der Weihnachtsmann klettert durch den Kamin ins Haus, um die Geschenke unter den Weihnachtsbaum zu legen, während die Rentiere und sein Schlitten auf dem Dach auf die Weiterfahrt warten.

    bilder von Bridgeman Images

    So entstand eine der prominentesten Figuren des Weihnachtsfests: Santa Claus, die amerikanische Version des Weihnachtsmanns.

    Ursprung des Weihnachtsmanns

    Der beleibte Mann mit dem weißen Bart, der Kindern auf der ganzen Welt zu Weihnachten mit seinem rentiergezogenen Schlitten Geschenke bringt, basiert auf dem Heiligen Nikolaus von Myra, einem griechischen Bischof, der im 3. Jahrhundert lebte.

    Deutsche und niederländische Einwanderer brachten den Glauben an ihn im 18. und 19. Jahrhundert in die USA, wo die Idee von amerikanischen Dichtern wie Washington Irving und Clement Clarke Moore aufgegriffen wurden.

    Sein unverwechselbares Aussehen prägte der Zeichner Thomas Nast, dessen Illustrationen europäischer Volksweisen den Weihnachtsmann bald überall auf der Welt bekannt machten. Im Jahr 1890 war der Kaufmann James Edgar der erste, der sich mit rotem Mantel und weißem Bart als Weihnachtsmann verkleidete, um die Kinder in seinem Kaufhaus in Brockton, Massachusetts, zu begrüßen. Diese Aktion stieß auf so viel Begeisterung, dass viele die Idee kopierten. Auch heute noch ist in Kaufhäusern und Einkaufszentren zur Weihnachtszeit standardmäßig ein Weihnachtsmann vor Ort.

    Ein Fest, viele Bräuche

    Lichter, die die naturgemäß langen, dunklen Nächte erhellen, waren schon immer ein wichtiger Teil der Winterfeste. Die moderne elektrische Weihnachtsbeleuchtung ist die heutige Version der Kerzen, die in Deutschland auf die Tannenbäume gesteckt wurden. Der Erfinder der Glühbirne, Thomas Edison, entwickelte auch die erste Lichterkette. Im Jahr 1882 schmückte sein Geschäftspartner Edward H. Johnson erstmals einen Weihnachtsbaum mit bunten Lichtern.

    Was ist ein Julbock und warum brennt dieser immer wieder ab?
    Seit 51 Jahren feiert die Stadt Gävle in Nordschweden Weihnachten mit einer riesigen Ziege aus Stroh, genannt Gävlebokken (dt. Gävlebocken). In den meisten Jahren wurde sie durch Vandalismus, oft Feuer, zerstört. Diese zweite, illegale Tradition begann mit der allerersten Ziege im Jahr 1966. Der Julbock, in Schweden Julbocken genannt, ist in Skandinavien ein typisches Weihnachtssymbol. Seine Wurzeln sind jedoch vorchristlich. Im Volksglauben bringen gnom-artige Tomtens Geschenke und erhalten dabei Hilfe von Julböcken. Heutzutage wird der Julbock oft als Dekorationsobjekt aus gebündeltem Stroh dargestellt. Diese Strohfigur baut Gävle in riesigem Maßstab nach. Trotz seiner feurigen Vergangenheit soll die arbeitsintensive Ziege von Gävle eigentlich unversehrt bleiben. Bürger der Stadt halten vor ihr Wache, in der Hoffnung, dass der Gävlebokken in diesem Jahr die Weihnachtsfeiertage überlebt.

    Auch die Tradition der Weihnachtsgeschenke hat sich durch moderne Innovationen weiterentwickelt. Bis ins 20. Jahrhundert wurden Geschenke in braunes Packpapier gewickelt. Dann aber ging dem Kaufmann Rollie B. Hall in seinem Geschäft zur Weihnachtszeit das Papier aus und er musste stattdessen das bedruckte Innenfutter von Briefumschlägen verwenden – das Geschenkpapier war geboren. Kleine bedruckte Pappkarten aus dem 19. Jahrhundert waren die Vorlage für Weihnachtskarten, die nun in einem buchgroßen Format hergestellt wurden, um genug Platz für handgeschriebene Festtagsgrüße zu bieten.

    Geschenke, Karten und Dekoration sind ein wichtiger Teil Weihnachtens, doch auch bestimmte Speisen und Getränke dürfen zum Fest nicht fehlen. Nachdem die Gebrüder Grimm im frühen 19. Jahrhundert die Geschichte von Hänsel und Gretel veröffentlicht hatten, wurden in Deutschland Lebkuchenhäuser beliebt. Auch Glühwein und Stollen verbindet der Gaumen traditionell mit der Weihnachtszeit.

    Vom christlichen Feiertag zum Kommerz

    Vom Feiertag christlichen Ursprungs hat sich Weihnachten inzwischen zu einem sehr weltlichen und stark kommerzialisierten Fest entwickelt. Der Historikerin Lisa Jacobsen von der University of California in Santa Barbara zufolge wird dies schon seit Jahrhunderten mit Sorge betrachtet. „Seit seiner Neuerfindung in der Mitte des 19. Jahrhunderts beschweren sich viele Menschen über die ausschweifende Kommerzialisierung des Weihnachtsfests. Ich denke, dieses zwiespältige Gefühl wird weiter bestehen.”

    Tatsächlich haben die, die befürchten, dass Weihnachten sich von seinen religiösen Wurzeln entfernt, durchaus recht. Eine Umfrage von Gallup im Jahr 2019 ergab, dass neun von zehn Amerikanern Weihnachten feiern würden – aber nur 35 Prozent von ihnen gaben an, dass das Fest für sie eine „stark religiöse“ Bedeutung hätte. Dies kann man aber auch positiv betrachten: Mit seiner Mischung aus heidnischen, religiösen und modernen Traditionen ist Weihnachten inzwischen ein Fest für alle geworden.

    Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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