Urzeit-Gigant: Riesiger Ichthyosaurier lebte in den heutigen Hochalpen

In den Alpen gefundene Dinosaurier-Fossile gehören zu einem der bisher größten bekannten Fischsaurier der Welt. Die Überreste aus 2.800 Metern Höhe stammen von Ichthyosauriern, die vor etwa 205 Millionen Jahren den Ur-Ozean über den Alpen bewohnten.

Riese aus der Urzeit: Lebendrekonstruktion eines Ichthyosauriers aus der späten Trias, der sich von einem Tintenfischschwarm ernährt.

Foto von Marcello Perillo / Universität Bonn
Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 4. Mai 2022, 09:48 MESZ

Wo die Alpen heute Tausende Meter in den Himmel ragen, war vor etwa 205 Millionen Jahren noch nichts als Wasser. Zu dieser Zeit schwammen in den Ur-Ozeanen der späten Trias – der Periode vor 250 Millionen bis vor etwa 200 Millionen Jahren – die wohl größten Fischsaurier der Erde: die Ichthyosaurier. Sie konnten bis zu 21 Meter lang und bis zu 80 Tonnen schwer werden.

Drei solcher Fischsaurier aus den Alpen konnten nun von einem Team aus Forschenden unter der Leitung der Universität Bonn beschrieben werden. Ihre Ergebnisse, die auf zuvor im Kanton Graubünden gefundenen Überresten der Fischsaurier beruhen, veröffentlichten die Forschenden in einer aktuellen Studie. Laut Martin Sander, Hauptautor der Studie und Professor am Institut für Geowissenschaften der Universität Bonn, sind die Fossil-Funde auch deshalb besonders, weil von Ichthyosauriern bisher eher wenig versteinerte Überreste bekannt seien. „Trotz ihrer weltweiten Verbreitung in den marinen Lebensräumen der Zeit wissen wir so gut wie nichts über ihre Morphologie, Größe, Lebensweise und Nahrungsanpassungen“, schreiben die Forschenden. 

Im Rätsel um das Leben der Ozean-Riesen bringt die Studie mehr Licht ins Dunkel. Denn klar ist nun: In den Hochalpen lebte einer der bisher größten bekannten Ichthyosaurier der Welt – und ein Exemplar mit ungeahnt dicken Zähnen.

Mit einer Wurzel von 60 mm Durchmesser ist der Zahn der dickste bisher gefundene Fischsaurier-Zahn.

Foto von Rosi Roth / Universität Zürich

Fossilfund im Hochgebirge

Die der Studie zugrunde liegenden Fossilien wurden bereits vor 30 Jahren entdeckt. Unter der Leitung von Heinz Furrer kartierten Studierende der Universität Zürich zwischen 1976 und 1990 Teile der Kössen-Formation – und bargen dabei die Überreste. Untersucht wurden sie jetzt, 30 Jahre später, weil weitere Funde großer Ichthyosaurier auftauchten. „Daher erschien es uns lohnend, auch die Schweizer Funde noch einmal genauer zu analysieren“, so Sander.

Bestimmt wurden die versteinerten Überreste dreier Tiere. Darunter sind ein Wirbel zusammen mit zehn Rippen-Fragmenten sowie weitere, eher schlecht erhaltene Wirbelfragmente und Knochen – und ein Zahn. Durch die gut erhaltenen Rippen- und Wirbelüberreste eines der drei Tiere konnten die Forschenden jenes als größtes der drei Exemplare bestimmen: 20 Meter lang soll das Individuum gewesen sein. Damit reiht es sich in die Liste der weltweit größten bekannten Ichthyosaurier ein. Bisher gilt ein Shastasaurus-Exemplar aus Kanada mit 21 Metern Körperlänge als der weltweit längste Ichthyosaurier.

Vom zweiten Exemplar, dem die weniger gut erhaltenen Überreste zugeordnet wurden, glaubt man – durch Vergleiche mit ähnlichen, besser erhaltenen Fossilien –, dass er ungefähr eine Länge von 15 Meter gehabt haben muss.

Seltener Fischsaurier-Zahn

Der wohl spektakulärste Fund gehört aber zum dritten Ichthyosaurier: ein riesiger Zahn. Obwohl dieser nicht vollständig erhalten ist, ist die Wurzel noch intakt – und weist erstaunliche Dimensionen auf. „Der Zahn ist für Fischsaurier-Verhältnisse riesig“, so Sander. „Seine Wurzel hat einen Durchmesser von 60 Millimetern – das bislang größte, noch in einem vollständigen Schädel steckende Exemplar lag bei 20 Millimetern und stammt von einem Ichthyosaurier, der fast 18 Meter lang war.“

BELIEBT

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    Nicht nur das: Bisher ging man davon aus, dass gerade die riesigen Ichthyosaurier der späten Trias – im Gegensatz zu ihren kleineren Artgenossen der Kreidezeit und des Jura – größtenteils gar keine Zähne hatten. „Die scheinbar zahnlosen Kiefer mehrerer anderer Funde deuten auf eine unterschiedliche Anpassung bei der Nahrungsaufnahme hin“, so die Forschenden. „Der unvollständige Zahn des Exemplars aus den Alpen bestätigt, dass zumindest einige riesige Ichthyosaurier Zähne hatten.“

    Laut Sander hat der Fund aber vermutlich keine Implikationen für die Größe der Ichthyosaurier im Allgemeinen – das Exemplar, zu dem der Zahn gehört, war vermutlich um die 18 Meter lang. „Aus dem Zahndurchmesser lässt sich nicht direkt auf die Länge seines Besitzers schließen“, sagt er. Viel spannender sei wohl, wie unterschiedlich groß die Zähne der Fischsaurier gewesen seien – und dass ein Exemplar aus der späten Trias überhaupt Zähne hatte.

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