Edelstein-Fund: Römer verloren beim Baden ihren Schmuck

Archäologen haben im Abfluss einer alten römischen Therme in England Edelsteine und Haarnadeln entdeckt. Die Schmuckstücke kamen den gutbetuchten Badegästen wohl vor 1.800 Jahren abhanden – und erst jetzt wieder ans Tageslicht.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 1. Feb. 2023, 09:23 MEZ
Mauern und Boden der ausgegrabenen Thermenanlage.

Die Funde verbargen sich unter dem Boden der ehemaligen Therme. Hierhin floss vor 1.800 Jahren das Abwasser der Pools und Toiletten – und mit ihm wertvoller Schmuck.

Foto von Frank Giecco

Dichter Dampf, heißes Wasser und eine ausgetüftelte Abwasseranlage: Diese Vorzüge wurden den Gästen einer römischen Therme im 3. Jahrhundert wohl regelmäßig zum Verhängnis. Bei Ausgrabungen im englischen Carlisle fanden Archäologen mehr als 30 Edelsteine, Haarnadeln und Perlen im Abfluss der großen Badeanlage – rund 1.800 Jahre nachdem ihre Besitzer sie dort verloren hatten.

„Die Funde lassen auf einen hohen Status der Besitzer schließen”, sagt Grabungsleiter Frank Giecco, Archäologe und technischer Leiter bei dem Grabungsunternehmen Wardell Armstrong LLP. Ihm zufolge erlauben die Funde einen seltenen Blick in das Leben der wohlhabenden Bürger des frühen 3. Jahrhunderts n. Chr.

Gigantisches Badehaus mit versteckten Schätzen

Gefunden wurden die Halbedelsteine bei Ausgrabungen an der ehemaligen römischen Siedlung Luguvalium hinter dem Hadrianswall, einem römischen Grenzbefestigungssystem. Bereits im Jahr 2017 entdeckte das Team um Giecco hier eine große und zwei kleine römische Thermen. Unter größeren, der sogenannten Severer Therme, verbarg sich der verlorene Schmuck.

Links: Oben:

Die Perlen und Edelsteine, die die Archäologen unter der Therme fanden, sprechen für eine Klientel mit hohem Status.

Rechts: Unten:

Mit solchen Haarnadeln befestigten die Frauen des 3. Jahrhunderts ihre aufwendigen Frisuren, die damals im Trend waren und auch in der Therme getragen wurden.

bilder von Anna Giecco

Namensgeber der im Jahr 208 n. Chr. erbauten Anlage war der damals regierende römische Kaiser Septimus Severus, der die Region um Carlisle vermutlich auf einer Reise besuchte. Bislang geht man davon aus, dass das Gebäude mindestens eine Größe von 50 mal 60 Metern hatte. Neben den wertvollen Halbedelsteinen und dem Haarschmuck ist es auch dieser Umfang, der laut Giecco dafür spricht, dass das Bad von reicher römischer Klientel besucht wurde. 

„Der Grundriss entspricht nicht dem normalen Plan eines militärischen Badehauses, das man aufgrund der Nähe zum Hadrianswall eher erwarten würde”, so Giecco. „Wir haben hier einen Komplex mit beheizten Räumen und Badesuiten. Es muss ein ganz besonderes Gebäude gewesen sein.” Der Fund der Haarnadeln zeige darüber hinaus, dass sowohl Männer als auch Frauen die Therme nutzten. Auch das sei eher in Badeanlagen für reiche Zivilisten, nicht aber in militärischen üblich gewesen.

Angst vor Dieben

Doch warum war der Verlust wertvoller Schmucksteine scheinbar ein regelmäßiges Ereignis? Es wird vermutet, dass die feuchte Hitze der Bäder und Saunen den pflanzlichen Kleber, mit dem Schmucksteine damals in ihrer Fassung befestigt wurden, aufgeweicht hat. Die Steine fielen zu Boden und wurden in den Abfluss gespült. „Dieses Problem war zwar bekannt, die Gäste nahmen ihren wertvollen Schmuck aber dennoch weiter mit ins Bad”, sagt Giecco. In der Antike sei der Diebstahl von wertvollen Gegenständen aus den Umkleideräumen der Thermen nämlich nicht unüblich gewesen. Die Gefahr des Verlusts im Wasser erschien den reichen Besuchern damals wohl als das kleinere Übel.

BELIEBT

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    Dass der Schmuck trotz seines Werts damals nicht gerettet wurde, liegt laut Giecco wohl am Aufbau der Abwasseranlage. „Man hätte unterirdisch in den Abfluss kriechen müssen, um die Gegenstände herauszuholen”, sagt er. Dieser sei aber mehrere Meter tief gewesen, zudem mischte sich in ihm das Abwasser der Bäder mit dem der Toiletten. So blieb der Schmuck bis heute verborgen – und kann nun von den Besuchen der antiken Badegäste erzählen.

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