Historischer Fund: Jüdisches Tauchbad in Chemnitz ausgegraben
Die archäologischen Überreste einer alten jüdischen Mikwe in Sachsen werden aktuell auf Alter und Geschichte untersucht. Wie sie erhalten werden können – und was sie für die Region bedeuten.
Historische Überreste: Das rechteckige Tauchbecken der Mikwe mit dem runden Wassersammler im Hintergrund.
Eine rundgemauerte, brunnenähnliche Struktur, ein rechteckiges Becken, zwei Treppenstufen: Die Überreste des rituellen jüdischen Tauchbads am Rande der Chemnitzer Innenstadt offenbarten sich den Archäologinnen und Archäologen nur Schritt für Schritt. Jetzt liegt die Mikwe frei. Das traditionelle jüdische Tauchbad wurde im Herbst 2021 bei Bauarbeiten entdeckt.
Nach Angaben von Christoph Heiermann vom Landesamt für Archäologie Sachsen handelt es sich bei der Chemnitz Mikwe um einen Fund „von großer überregionaler Bedeutung“. Die ausgegrabene Struktur ist eine der wenigen und ältesten Bauzeugnisse jüdischer Kultur in Sachsen. Mikwen dienen bis heute zur rituellen Reinigung des Körpers und Geistes und sind ein fester Bestandteil jüdischer Gemeinden.
Auch Barbara Klepsch, sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus, betont den Stellenwert des Fundes: „Die in der Chemnitzer Innenstadt entdeckte Mikwe ist ein wertvolles Zeitzeugnis unserer Kulturgeschichte. Sie zeigt, dass jüdisches Leben bereits vor Jahrhunderten Teil der sächsischen Gesellschaft war.“
Genaue Datierung und alte Münzen
Die Überreste der Mikwe entdeckten die Archäologinnen und Archäologen nun im Rahmen von Bauarbeiten zwischen Kellerresten der Vorkriegsbebauung. Über das Areal war nach dem zweiten Weltkrieg ein Parkplatz gebaut worden, der jetzt einem Neubau weichen sollte.
Die genauere Bestimmung des Alters des rituellen Tauchbads steht nach Angaben von Heiermann gerade erst am Anfang. Die Struktur selber liefere bisher nämlich wenig Anhaltspunkte für eine Datierung. „Sicher ist lediglich, dass die Mikwe gegen Ende des 18. Jahrhunderts bereits verfüllt war und nicht mehr genutzt wurde“, so Heiermann. Aktuell wird allerdings noch an der Restauration einiger in den Verfüllschichten gefundener Münzen gearbeitet – mit Glück kann eine Bestimmung dieser doch noch eine genauere Datierung des Tauchbades zulassen.
Befundsituation der Mikwe während der Ausgrabung.
Klar ist auch: Bei dem Tauchbad handelt es sich um eine Kellermikwe. Sie befand sich also vermutlich in Privatbesitz und wurde so nur von einer oder wenigen Familien genutzt.
Ein wichtiges Denkmal
Laut Landesamt Sachsen hat der Erhalt des rituellen Tauchbads Priorität. „Es besteht Einigkeit darüber, dass die Mikwe als ortsgebundenes Denkmal an Ort und Stelle erhalten bleibt und vor schädlichen Einflüssen geschützt werden soll“, so Heiermann. Die Abstimmungen mit dem Investor und dem federführenden Architekturbüro stünden allerdings ebenso wie die Untersuchung des Fundes erst am Anfang.
Fest steht bisher, dass die Mikwe zunächst durch eine Einhausung von ihrem ursprünglichen Milieu getrennt wird. Um den Prozess möglichst denkmalschonend zu gestalten, soll auch ein Blick auf ähnliche Fälle geworfen werden, in denen Mikwen ausgegraben und schließlich geschützt wurden, so Heiermann.