20 Meter langes Wikingerschiff unter der Erde entdeckt
Forschende in Norwegen haben tief in einem Erdhügel ein Schiff entdeckt, das vor etwa 1.200 Jahren dort begraben wurde. Vermutlich diente es als Grab für einen Wikingerkönig – und ist bereits das dritte dieser Art in der Region.
Bei der Vorbereitung einer Bestattung im Schiffsgrab wurde das Schiff zunächst für die letzte Reise des Königs vorbereitet. Dazu zählten vor allem Grabbeigaben wie Schmuck und Gold.
Vor über 1.200 Jahren etablierte sich in der Wikingerzeit eine ganz besondere Tradition: die Bestattung von Herrschern in sogenannten Schiffsgräbern. Dabei wurden verstorbene Könige in großen Schiffen beigesetzt und dann mitsamt ihren nautischen Särgen unter großen Hügeln begraben.
Obwohl solche Schiffsgräber auch bereits in Deutschland, England oder Schweden gefunden wurden, findet man die größte Anzahl davon wohl in Norwegen. Zwei solcher Gräber wurden nun im Rahmen des Forschungsprojektes Avaldsnes – Port of Power in der Nähe der Kommune Karmøy im Südwesten Norwegens mithilfe von Georadarmessungen untersucht.
Dabei stießen die Forschenden zusätzlich auf ein bislang unbekanntes Wikingerschiff unter der Erde. Laut Håkon Reiersen vom Archäologischen Museum der Universität Stavanger, der an den Ausgrabungen beteiligt war, ist das neue Schiffsgrab ein wichtiges Puzzleteil für die Rekonstruktion der Geschichte der Wikinger. Denn die Funde bestätigen die Annahme, dass die Region zur Wikingerzeit von zentraler Bedeutung war. „In vielerlei Hinsicht könnte man sagen, dass die Wikingerzeit in Norwegen hier begann“, so der Archäologe.
Drei Schiffsgräber für drei Könige
Die drei Schiffsgräber Storhaug, Salhushaugen und Grønhaug. Sowohl in der Größe des Schiffes als auch des Grabhügels ist Storhaug wohl das eindrucksvollste der drei Gräber. Doch kurz nach seiner Erbauung war auch Salhushaugen mit seinen 50 Metern Durchmesser und einer Höhe von fast 6 Metern kein kleiner Hügel.
Laut Reiersen sollten im Rahmen des Projekts zunächst die bereits bekannten Schiffsgräber Storhaug und Grønhaug weiter untersucht werden. Vor allem das Storhaug-Schiffsgrab, das bereits im Jahr 1886 entdeckt wurde, stand dabei im Mittelpunkt. „Das Schiffsgrab dort stammt aus dem Jahr 779 n. Chr. und ist das älteste dieser Art von Königsgräbern in Skandinavien“, sagt Reiersen. Mithilfe eines Georadars, der Gegenstände unter der Erde durch elektromagnetische Wellen sichtbar machen kann, habe man das Grab noch genauer unter die Lupe nehmen wollen.
In diesem Zuge habe man dann auch den nahe gelegenen Grabhügel Salhushaugen einer genaueren Untersuchung unterzogen. Dabei wurde klar: auch in diesem Hügel befindet sich ein Schiff – so tief unter der Erde, dass Archäologen, die in dem Hügel Anfang des 20. Jahrhunderts Grabungen vornahmen, das Schiffsgrab nicht fanden.
Die Radarmessungen zeigten, dass sich unter dem Hügel ein Schiff befinden muss, das mindestens 17 Meter, vermutlich aber sogar 20 Meter lang war. Die Form des Schiffs im Salhushaugen-Hügel erinnert laut Reiersen an das Schiff aus dem Storhaug-Hügel – was sowohl eine grobe Datierung als auch die Charakterisierung als Schiffsgrab erlaube.
Mithilfe von Georadarmessungen konnte das Team die Umrisse des etwa 20 Meter großen Schiffs unter den Erdschichten ausfindig machen. Zuvor glaubte man, unter dem Hügel sei seinerzeit nichts vergraben worden.
Die Tradition der Schiffsgräber bei den Wikingern
Ähnlich wie die anderen beiden Schiffsgräber wurde Salhushaugen demnach wohl im späten 8. oder frühen 9. Jahrhundert als Grab eines Wikingerkönigs errichtet. „Die Bestattungen fallen auf die Zeit der ersten Wikingerangriffe, von denen auf den britischen Inseln in den späten 780er- und 790er-Jahren berichtet wird“, sagt Reiersen. Das macht die Region Avaldsnes rund um die Grabhügel zu einem wichtigen Ort der Geschichte der Wikinger. „Die Traditionen und Bräuche dieser Wikingerkönige wurden später von Königshäusern, unter anderem in Ost-Norwegen und Dänemark, übernommen“, so Reiersen.
Bislang gilt vor allem das Storhaug-Schiffsgrab als eindrucksvolles Beispiel für die Schiffsgrabtradition, die sich in Skandinavien ab dem 8. Jahrhundert etablierte. Dort fand man ein Goldarmband und Spielsteine aus Bernstein und Glas unter den Grabbeigaben. „Der König wurde mit seinen Habseligkeiten in einem Schiff begraben, mit dem er vermutlich seine letzte Reise ins Jenseits antreten sollte“, so Reiersen.
Ob auch in Salhushaugen Überreste des vermutlich dort begrabenen Königs oder seiner Habseligkeiten erhalten geblieben sind, kann allein durch die Georadarmessungen noch nicht konkret bestätigt werden. Dazu müssen weitere Untersuchungen, darunter auch Ausgrabungen, folgen.