Halbglatze und dunkle Haut: Studie zeigt, wie Ötzi wirklich aussah

Er ist die wohl bekannteste Eismumie der Welt – und birgt noch immer unzählige Geheimnisse. Doch das allseits bekannte Bild Ötzis muss überarbeitet werden.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 17. Aug. 2023, 08:34 MESZ
Die Eismumie liegt auf einem weißen Tisch, ein Arm ist über die Brust gestreckt.

Die Geschichte des Ötzi ist bis heute nicht ganz aufgeschlüsselt. Der klaren Rekonstruktion seines Aussehens ist man nun aber einen Schritt näher.

Foto von Südtiroler Archäologiemuseum/EURAC/Marco Samadelli-Gregor Staschitz

Langes, zotteliges Haar, relativ helle, vom Wetter gezeichnete Haut: Das Bild, das wir bisher von Ötzi haben, wurde sogar von mehreren Museen, darunter auch dem Südtiroler Archäologiemuseum, verbreitet. Nach neuesten Erkenntnissen entspricht es allerdings nicht der Wahrheit. Die aktuelle Studie eines Forschungsteams des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie zeigt: Der Ötzi hatte dunklere Haut als bisher angenommen – und bei seinem Tod vermutlich bereits eine Glatze. 

Im Rahmen der Studie arbeitete das Team mit Forschenden von Eurac Research zusammen, einem privaten Forschungszentrum mit Sitz in Südtirol. Gemeinsam konnten sie mithilfe modernster Sequenziertechnologie Ötzis Genom aufschlüsseln – und seine Herkunftsgeschichte sowie sein Aussehen so gut nachvollziehen wie nie zuvor. Die Studie veröffentlichte das Team im Fachmagazin Cell Genomics.

Vorfahren des Ötzi stammen aus Anatolien

Gelebt hat Ötzi vor etwa 5.300 Jahren im heutigen Tirol, wo er auch starb. Doch wer genau seine Vorfahren waren und wie diese in die Region kamen, war bislang nicht eindeutig geklärt. Laut den Forschenden besteht der Genmix heutiger Europäer hauptsächlich aus der Vermischung dreier Ahnengruppen: den ursprünglichen Jägern und Sammlern Westeuropas, frühen, vor 8.000 Jahren aus dem Nahen Osten eingewanderten Bauern, und den Stepppenhirten, die etwa 3.000 Jahre später aus Osteuropa hinzukamen.

Hinten die Rekonstruktion des Ötzi, die bisher bekannt war, vorne eine Illustration Ötzis, wie er wohl wirklich ausgesehen hat.

Foto von Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology

Bei Untersuchungen des Erbguts Ötzis im Jahr 2012 fand man vor allem Hinweise auf letztere – die Steppenhirten aus Osteuropa. Doch die damals untersuchte Probe war mit moderner DNA kontaminiert. Im Rahmen der neuen Studie konnten die Forschenden verfälschende Anteile in den Proben ausschließen und Ötzis Herkunft konkret bestimmen. Das Ergebnis: Seine Ahnen waren hauptsächlich Bauern aus Anatolien. Anteile von Steppenhirten-DNA fand man gar keine und nur einen geringen Anteil von Jäger und Sammler-Genen. 

Auch Ötzis Hauttyp, der zuvor als mediterran-europäisch bestimmt wurde, wurde jetzt genauer analysiert. „Es ist der dunkelste Hautton, den man in europäischen Funden aus derselben Zeit nachgewiesen hat“, sagt Albert Zink, Mitautor der Studie und Leiter des Instituts für Mumienforschung bei Eurac Research. „Man dachte bisher, die Haut der Mumie sei während der Lagerung im Eis nachgedunkelt, aber vermutlich ist, was wir jetzt sehen, tatsächlich weitgehend Ötzis originale Hautfarbe.“ 

BELIEBT

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    Fortgeschrittene Glatze und Hang zur Diabetes

    Auch in anderer Hinsicht war die neue Gensequenzierung ein voller Erfolg. So konnte das Team endlich erklären, warum bei der Mumie nur wenige Haare gefunden wurden: Die Gene des Ötzi zeigen eine klare Veranlagung zur Glatzenbildung.

    Außerdem ließ die Gensequenzierung Schlüsse auf Ötzis Gesundheitszustand zu. Laut den Forschenden zeigt sein Erbgut eine Veranlagung zum Übergewicht und Diabetes Typ 2. Diese kamen allerdings aufgrund seines Lebensstils vermutlich nie zum Tragen. Zumindest der Körpertyp der bisherigen Rekonstruktionen des Ötzi scheint somit der Realität zu entsprechen.

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